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ATOM/1237: AKW Beznau sofort schließen (Trinationaler Atomschutzverband)


Medienmitteilung des Trinationalen Atomschutzverbandes zum Beznau-Hearing vom Dienstag, 24. Juni 2014, in Brugg

Beznau - immer grösser werdendes Risiko

ENSI wird als Wegbereiter neuer Atomkatastrophen bezeichnet Ergebnisse des Beznau-Hearings



Kein AKW der Welt ist älter als in Beznau. Wie sicher ist es noch, fragte der Trinationale Atomschutzverband TRAS und organisierte ein mehrstündiges Hearing mit kompetenten Sachverständigen. Mehrfach eingeladen wurden auch das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) und die AXPO, Betreiberin des AKW Beznau. Beide zogen es vor, der Veranstaltung fernzubleiben.

Unter der Veranstaltungsleitung von TRAS-Vizepräsident und BUND-Geschäftsleiter Axel Mayer aus Freiburg i. Br. wies Christian Küppers vom Ökoinstitut in Darmstadt in seinem Referat auf wesentliche sicherheitstechnische Schwachstellen in Beznau hin. In Bezug auf Erbeben und Flugzeugabstürze, aber auch bei den Schutzvorrichtungen des Brennelementlagerbeckens erfülle das Atomkraftwerk die an heutige Anlagen gestellten Anforderungen in keiner Weise.

Dieter Meyer war Leiter des Bereichs "Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen" im deutschen Bundesumweltministerium. Sein Vortrag widmete sich der Frage, wie das AKW Beznau mit Nachrüstungen seine konzeptionellen Mängel beseitigen könnte. Eindrücklich wies er nach, dass es in weiten Teilen völlig unmöglich sei, in Beznau die erforderlichen Nachrüstungen umzusetzen.

Markus Kühni, technischer Experte und Mitkläger gegen die Aufsichtspraxis des ENSI in Mühleberg thematisierte die Sicherheitsdefizite Er zeigte auf, wo überall sie Mindestvorschriften verletzen. Dass Sicherheitskonzepte aus dem Mittelalter den heutigen Anforderungen nicht genügen, konnte er mit vielen einzelnen Beispielen belegen.

In einer juristischen und trotzdem bestens verständlichen Übersicht erläuterte Rechtsanwalt Martin Pestalozzi die Rechtslage im Zusammenhang mit atomaren Sicherheitsfragen. Interessant war diesbezüglich der Bundesgerichtsentscheid vom 11. April 2014, der die Klageberechtigung von Anwohnerinnen und Anwohnern klar bejahte.

Für einen fulminanten Abschluss des ersten Teils sorgte TRAS-Vizepräsident und Alt-Nationalrat Dr. Rudolf Rechsteiner. Er bezeichnete das Ensi als "Wegbereiter neuer Atomkatastrophen". Angesichts der Untätigkeit dieser für die Sicherheit von Mensch und Umwelt wichtigen Behörde musste er feststellen: "Das Ensi versagt auf der ganzen Linie".

Im zweiten Teil führte die Journalistin Catherine Boss von der Sonntagszeitung durch die Diskussion mit den Referenten. In dieser lebhaften Runde wurde klar, dass die Sicherheitslücken erheblich sind und dass das Vertrauen in das ENSI auf den Nullpunkt gesunken ist. Das zahlreich erschienene Publikum beteiligte sich mit vielen Fragen an der Diskussion.

Mit einem klaren Verdikt, dass das älteste AKW der Welt aus Sicherheitsgründen sofort geschlossen werden müsse, endete die erfolgreiche Tagung.

Die Referate finden sich auf www.atomschutzverband.ch

Raute


Resolution
der Mitgliederversammlung des Trinationalen Atomschutzverbandes TRAS Brugg (CH), 24. Juni 2014

Das ENSI schützt die AKW-Betreiber:
Bundesrat soll ENSI und ENSI-Rat personell erneuern

Wir, die versammelten Vertreterinnen und Vertreter des Trinationalen Atomschutzverbandes (TRAS), der über 100 Städte und Gemeinden im mutmasslichen Katastrophengebiet schweizerischer und elsässischer Atomkraftwerke vereinigt, sind tief beunruhigt über die schwachen Leistungen des Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI).

1. Dem ENSI-Motto "Safety first" wird nicht nachgelebt.
Sicherheitsstandards - zum Beispiel zur Erdbebensicherheit - werden vom ENSI verwässert. Das ENSI wählt die Parameter stets so, dass ein Weiterbetrieb alter Atomanlagen möglich bleibt. Das ENSI lässt zu, dass die eigenen Auflagen ignoriert werden. Am 17. Juni 2013 erklärte Bundesrätin Doris Leuthard im Parlament: "Was das Kernkraftwerk Mühleberg betrifft, hat das ENSI das Langzeitbetriebskonzept für dieses Kernkraftwerk geprüft und im Hinblick auf einen Weiterbetrieb bis 2022 umfassende Nachrüstungen gefordert, die bis zum Jahr 2017 umzusetzen sind." Am 30. Oktober 2013 erklärte die Betreiberin BKW, sie werde diese Auflagen nicht umsetzen und Mühleberg trotzdem bis 2019 weiterbetreiben. Das ENSI hat bis dato nicht widersprochen.

2. Der Schutz des Trinkwassers ist nicht gewährleistet.
Die Auswirkungen eines Atomunfalls vom Typ Fukushima werden auch drei Jahre nach dem Unfall in Japan noch immer "weiter untersucht". Massnahmen an der Quelle, z. B. Restwasserbecken und Filtrieranlagen auf den AKW-Geländen, werden vom ENSI nicht in Betracht gezogen. Ein Unfall mit Austritt von Radioaktivität wie in Fukushima würde für Bevölkerung und Wirtschaft jahrelang zu unzumutbaren Einschränkungen führen.

3. Das ENSI wiegt die Öffentlichkeit in falscher Sicherheit.
Wenn ENSI-Direktor Hans Wanner sagt: "die Schweizer Kernanlagen sind sicher" (z. B. Interview vom 31.Oktober 2011 auf www.ensi.ch), verschweigt er das Restrisiko. In den letzten 40 Jahren sind bei 435 in Betrieb stehenden Reaktoren 5 Kernschmelzen aufgetreten, was eine Katastrophenwahrscheinlichkeit von 1,15 Prozent pro Reaktor ergibt oder bei 7 Reaktoren (CH inkl. Fessenheim) zu einer Unfallwahrscheinlichkeit von 8 Prozent. Das ENSI ignoriert diese Fakten und stützt sich weiterhin auf realtitätsfremde probabilistische Sicherheitsanalysen ab.

Wir bitten den Bundesrat als Wahl- und Aufsichtsbehörde (Artikel 18 Abs. 2 ENSIG), zur Wiederherstellung des Vertrauens und angesichts der immensen Folgen eines jederzeit möglichen Atomunfalls

  • seine gesetzgeberischen, aufsichtsrechtlichen und personellen Kompetenzen wahrzunehmen. Das deklarierte ENSI-Aufsichtsziel (Hans Wanner: "Safety first") darf nicht länger ignoriert werden. Die Führung des ENSI und der ENSI-Rat müssen personell erneuert werden, damit der gesetzliche Auftrag, der "Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergie" (Artikel 1 KEG) gewährleistet ist.
  • Angesichts der Alterung der Atomkraftwerke und der dadurch steigenden Risiken sind die Restlaufzeiten so festzulegen, dass 40 Betriebsjahre nicht überschritten werden.
  • Die Verwässerung der Sicherheits-Bestimmungen bei Erdbeben, Überflutung oder Flugzeugabstürzen ist nicht länger zuzulassen.

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Quelle:
Medienmitteilung, 24.06.2014
TRAS/ATPN - Trinationaler Atomschutzverband /
Association Trinationale de Protection Nucléaire
Murbacherstrasse 34, 4056 Basel
Tel.: 0041 (0)61 322 06 24, Fax: 0041 (0)61 322 06 29
Internet: www.atomschutzverband.ch


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2014