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ATOM/981: Neuer Atomkonsens - das Spiel mit dem Feuer (IPPNW)


IPPNW - Berlin, den 15. Januar 2010

Neuer Atomkonsens - das Spiel mit dem Feuer

Sicherheitsmängel deutscher Atomkraftwerke erlauben keine Laufzeitverlängerungen


Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW kritisiert den Vorschlag des bayerischen Umweltministers Markus Söder, den Atomkonzernen Laufzeitverlängerungen von weiteren rund 10 Jahren anzubieten. "Wenn der von der Regierungskoalition postulierte Maßstab der Sicherheit Ernst genommen wird, dann dürfen die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke nicht verlängert werden", so IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz. "Es geht bei dieser Entscheidung um eine Abwägung zwischen der Sicherheit für die Bevölkerung und den Extra-Profiten für nur vier Atomkonzerne."

Der Totalschaden des deutschen Atomkraftwerks Gundremmingen A 1977, die Teil-Kernschmelze in Harrisburg 1979 und die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 belegen laut IPPNW, dass diese Technik nicht beherrschbar ist. Hinzu kämen zahllose gefährliche Störfälle und Beinahe-Unfälle wie etwa in Biblis A 1987, in Biblis B 1995, im taiwanesischen Maanshan 2001, im schwedischen Forsmark 2006 sowie in Krümmel 2007.

Auch hätten alle Risikostudien sowohl für die älteren als auch für die zuletzt in Deutschland errichteten Konvoi-Atomkraftwerke (Isar-2, Emsland, Neckarwestheim-2) ergeben, dass es beispielsweise schon aufgrund des relativ häufigen Notstromfalls zu einem katastrophalen Unfall kommen kann.

Ein internationaler OECD-Vergleich hat aufgrund von Risikostudien ergeben, dass die Kernschmelzfestigkeit deutscher Atomkraftwerke katastrophal schlecht ist. Das wurde nicht nur für den Druckwasserreaktor Biblis B gezeigt. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) vom November Jahr 2006 kam beispielsweise auch für die Siedewasserreaktoren der Baulinie 69 (Isar- 1, Brunsbüttel und Krümmel) zu dem Ergebnis, dass bei einer Kernschmelze mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer massiven und frühzeitigen Freisetzung von Radioaktivität zu rechnen ist.

Eine eindeutige Sprache spricht laut Paulitz insbesondere auch die große Zahl an gefährlichen Sicherheitsmängeln. Für Biblis B dokumentierte die IPPNW mehr als 200 schwerwiegende Mängel. Aktuelle Untersuchungen der GRS, die im Rahmen der Strommengen- Übertragungsverfahren durchgeführt wurden, ergaben aber auch für die "neueren" Konvoianlagen im Vergleich zu Altanlagen zahlreiche brisante Schwachstellen. Beispielsweise verfügen diese Atomkraftwerke über nur relativ wenige Frischdampf-Sicherheitsventile, es fehlt eine zusätzliche Ultraschallsonde zur Füllstandsüberwachung und ausgerechnet bei der Beherrschung der relativ häufigen Ereignisse "Notstromfall" und "kleines Leck" gibt es jeweils mehrere gefährliche Schwachstellen.

"Inzwischen kann auch nicht mehr bestritten werden, dass die deutschen Atomkraftwerke gefährlichen Alterungsprozessen unterliegen. Rohrleitungen, Kabel und sonstige Komponenten werden im Laufe der Jahre nicht besser, sondern schlechter", so Paulitz. "Laufzeitverlängerungen sind ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Der Standpunkt der Bevölkerung ist klar: Sie verlangt Sicherheit durch die Stilllegung der Atomkraftwerke und außerdem Schluss mit den völlig überhöhten Strompreisen zugunsten der Profite weniger Konzerne."

Weitere Informationen: www.ippnw.de/atomenergie

Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


*


Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 15.01.2010
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de

veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2010

Abzug der Atomwaffen aus Europa wäre ein Beitrag zum Weltfrieden (IPPNW)

IPPNW - Berlin, den 15. Januar 2010

Abzug der Atomwaffen aus Europa wäre ein Beitrag zum Weltfrieden

Die Gefahren eines atomaren Weltuntergangs sind nach wie vor groß. Diese Einschätzung teilt die Ärzteorganisation IPPNW mit den Wissenschaftlern des Bulletin of the Atomic Scientists (BAS). Ankündigungen zur Abrüstung würden Taten nicht ersetzen. Die sogenannte Doomsday Clock (zu Deutsch: Atomzeituhr oder Weltuntergangsuhr) war gestern um eine Minute auf sechs Minuten vor Zwölf zurückgestellt worden. Seit 2007 standen die Zeiger auf fünf Minuten vor Weltuntergang.

Die Wissenschaftler begründen die minimale Bewegung der Uhr einerseits mit der anhaltenden nuklearen Drohung und der Gefahr für das Klima. Auf der anderen Seite bestehe ein neuer politischer Wille diese Gefahren abzuwenden. Auf Nachfrage der IPPNW-Abrüstungsexpertin Xanthe Hall bei der Pressekonferenz in Washington werteten die Wissenschaftler einen möglichen Abzug der US-Atomwaffen aus Europa als positives Signal für die globale Abrüstung. "Ein Abzug der Atomwaffen aus Europa wäre ein Beitrag zum Weltfrieden sowie zu einer nuklearwaffenfreien Welt", erklärte Jayantha Dhanapala, Präsident der Pugwash-Wissenschaftlerbewegung und BAS-Vorstandsmitglied. Professor Pervez Hoodbhuoy, pakistanischer Physiker und ebenfalls Vorstandsmitglied des Bulletin of Atomic Scientists, betonte zudem die "demonstrative Wirkung" eines Abzugs der US-Atomwaffen aus Europa auf andere bisher atomwaffenfreie Staaten. "Je weniger Atomwaffen, desto weniger Anreiz für Staaten, sie zu erwerben", so Hoodbhouy.

In seiner Rede begründete Jayantha Dhanapala, ehem. stellvertretender UN-Generalsekretär für Abrüstung, die Umstellung der Uhr um nur eine Minute: "Eine hauchdünne Hoffnung ersetzt nicht den realen Erfolg". Von den mehr als 23.000 Atomwaffen weltweit stünden über 8.000 Atomwaffen in höchster Alarmbereitschaft. Wenn nur ein Drittel der heutigen Arsenale zum Einsatz käme, würde ein katastrophaler Klimawandel globalen Ausmaßes ausgelöst werden. Geschätzte 90 Milliarden US-Dollar würden für Atomwaffenprogramme ausgegeben. Mit nur 40 bis 60 Billiarden US-Dollar könnte man die Milleniums-Entwicklungsziele bis 2015 umsetzen.

Jayantha Dhanapala unterstützt die von der IPPNW mit initiierte Nuklearwaffenkonvention, einen Vertrag über das Verbot und die Abschaffung dieser Massenvernichtungswaffen. Sie sei Bestandteil des 5-Punkte-Plans des UN-Generalsekretärs.

Mehr Information über die Weltuntergangsuhr:
http://www.atomwaffena-z.info/atomwaffen-glossar/w/w-texte/artikel/787/9ea2b5d433/index.html

Mehr Information über die Nuklearwaffenkonvention:
http://www.atomwaffena-z.info/atomwaffen-initiativen/nuklearwaffenkonvention/index.html

Ein Video der Pressekonferenz finden Sie unter
http://www.turnbacktheclock.org/mediacenter/video/large/1/


Über die IPPNW:

Diese Abkürzung steht für International Physicians for the Prevention of Nuclear War. Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges engagieren sich seit 1982 für eine Welt ohne atomare Bedrohung und Krieg. 1985 wurden sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Seit 1990 stehen zusätzlich gesundheitspolitische Themen (z.B. Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Papiere, Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten) auf dem Programm des Vereins. In der IPPNW sind rund 7.000 ÄrztInnen und Medizinstudierende organisiert.


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Quelle:
Presseinformation der IPPNW - Deutsche Sektion der
Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, 15.01.2010
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Sven Hessmann, Pressereferent
Tel.: 030-69 80 74-0, Fax: 030-69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum xx. Januar 2010