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ENERGIE/1478: Umweltgefahr Fracking (Securvital)


Securvital 3/2013 - Juli/September 2013 Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Umstrittene Erdgasförderung
Umweltgefahr

von Norbert Schnorbach



Die Fracking-Methode zur Förderung von Erdgas ist eine Gefahr für das Trinkwasser, die Landwirtschaft und das Klima. Umweltschützer warnen vor einem fossilen Irrweg.

Noch wird es in Deutschland nicht industriell praktiziert. Aber "Fracking" ist ein Zukunftsszenario, das Besorgnis weckt. Seitdem die Überlegungen bekannt wurden, mit dieser Methode unterirdische Erdgaslagerstätten in mehreren Bundesländern auszubeuten, regt sich Widerstand von allen Seiten. Bauernverbände, Umweltorganisationen, Mineralwasserhersteller und auch das Umweltbundesamt warnen vor den unübersehbaren Folgen dieser Technik. Anfang Juni verzichtete die Bundesregierung vorerst darauf, eine gesetzliche Regelung für das Fracking durchzusetzen Sie vertagte das Thema auf die Zeit nach der Bundestagswahl.

Beim Fracking (ursprünglich: Hydraulic Fracturing) wird ein senkrechtes Loch kilometertief in die Erde gebohrt. Von dort aus gräbt man horizontale Gänge in größerem Umkreis. Mit hohem Druck wird dann eine Mischung aus Wasser und Chemikalien durch die Kanäle gepresst, bis Risse im Gestein entstehen. Durch diese Öffnungen soll Erdgas aus bislang unzugänglichen Lagerstätten entweichen und gefördert werden.

Bauern sind alarmiert

In den USA wenden Bohrunternehmen schon seit einiger Zeit diese Technik an. Sie soll neue Erdgasvorräte erschließen helfen. Aber sie hat auch bereits heftige Auseinandersetzungen hervorgerufen - weil die Verschmutzung von Grundwasser, Böden und Luft die Gesundheit der Anwohner in den Fördergebieten gefährdet.

In Deutschland finden sich Gasvorkommen, die für die Fracking-Methode in Frage kommen, überwiegend in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und in Süddeutschland, unter anderem im Bodenseegebiet. Die Auswirkungen der Fracking-Technologie auf die Umwelt sind wenig erforscht. Das Umweltbundesamt sieht insbesondere Risiken für das Grundwasser und damit auch für die Trinkwassergewinnung. Das hat Landwirte, Getränkeindustrie und Bierbrauereien alarmiert. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) kritisiert Fracking als "fossilen Irrweg". Erdgas sei zwar klimafreundlicher als Kohle, aber das Fracking sei "alles andere als klimafreundlich", weil dabei auch große Mengen Methan frei werden. Methan gilt als Klimakiller, 20fach stärker als Kohlendioxid.

Greenpeace nennt noch konkretere Gefahren: Die Chemikalien, die mit dem Wasser zusammen in die Erde gepresst werden, werden zum Teil wieder an die Oberfläche gespült und gelangen als giftige Rückstände ins Trinkwasser und in die Luft. Zugleich geraten größere Mengen radioaktiver Stoffe an die Oberfläche, die zuvor im Erdreich gebunden waren. Nicht zu vernachlässigen sei auch die Erdbebengefahr. Das unterirdische Aufbrechen von Gesteinsschichten sei an der Oberfläche als Beben bis zur Stärke 3 auf der Richterskala messbar.

Ätzend und giftig

Hinzu kommen unerfreuliche Erfahrungen aus den USA, wo das Fracking in dünn besiedelten Gebieten praktiziert wird. Bohrtürme, Zufahrtsstraßen und Abwasserbecken erfordern einen hohen Flächenverbrauch. Für jede Bohrstelle werden 10.000 Quadratmeter verbaut. Die Wasserknappheit steigt, weil bis zu 50 Millionen Liter Wasser pro Fracking-Vorgang benötigt werden. Unter den dort verwendeten Chemikalien finden sich auch solche, "die als gesundheitsgefährdend, ätzend und giftig klassifiziert sind", berichtet das Umweltinstitut in München.

Das Wirtschaftsministerium in Berlin stieß mit dem Vorhaben, das Fracking in Deutschland gesetzlich zu regeln, zuletzt auch auf Widerspruch der eigenen Berater. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen als hochkarätiges Beratergremium der Bundesregierung warnte nachdrücklich vor der riskanten neuen Form der Energiegewinnung. Eine groß angelegte Gasförderung mit der Fracking-Methode sei weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, meinte der Sachverständigenrat. Es gebe viele offene Fragen zu den Risiken. Solange die "gravierenden Wissenslücken" nicht geklärt sind, sollten allenfalls streng überwachte Pilotprojekte erlaubt werden.

Die Erdgas-Industrie ist enttäuscht. Fracking sei eine "hochentwickelte und bewährte Technologie", die Risiken des Frackings würden in der öffentlichen Wahrnehmung "massiv überschätzt", klagt der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung. Der Energiekonzern ExxonMobile startete einen eigenen "Kommunikations- und Dialogprozess", um in der Öffentlichkeit für die "Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Fracking-Technologie" zu werben. Bislang offensichtlich mit wenig Erfolg.

Unter dem Eindruck der heftigen Kritik an den Risiken des Verfahrens wurde entschieden, die Gesetzespläne auf später zu vertagen. Die vorliegenden Entwürfe hatten immerhin schon gewisse Einschränkungen vorgesehen, wie zum Beispiel Umweltschutzverträglichkeitsprüfungen als Voraussetzung für Fracking-Bohrungen. Die Umweltverbände fordern mehr: Der nächste Bundestag müsse das Fracking klar und eindeutig verbieten.

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Quelle:
Securvital 3/2013 - Juli/September 2013, Seite 22-23
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA Gesellschaft zur Entwicklung alternativer
Versicherungskonzepte mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2013