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RECHT/138: Degression der Solarstromvergütung - EEG-Novelle 2010 beschlossen (Solarbrief)


Solarbrief 2/2010
Zeitschrift des Solarenergie-Fördervereins Deutschland e.V.

EEG-Novelle 2010 beschlossen

Von Susanne Jung - 13.07.2010


Nach wochenlangem Ringen und langanhaltendem Protest der Solarbranche beschlossen Bundestag und Bundesrat in ihren Sitzungen am 8./9.7.2010 eine umfassende Degression der Solarstromvergütung. Diese soll rückwirkend zum 1.7. eingeführt werden und nur unbedeutende Änderungen im Vergleich zum Beschluss des Bundestages vom 5.5.2010 enthalten.

Die einschneidende Kürzung der Solarstromvergütung wird nun in zwei Schritten erfolgen. Für Neuanlagen an und auf Gebäuden sowie Lärmschutzwänden gilt, dass zum 1.7. die bisherige Vergütung um 13% und ab 1.10. um weitere 3% Prozentpunkte abgesenkt wird. In der Summe ändert sich jedoch die Absenkung nur unwesentlich. Die Degression wird anstatt der bisher diskutierten 16 Prozent "nur noch" 15,61 Prozent betragen. In unserer Vergütungstabelle finden Sie einen Überblick über die neuen Vergütungssätze für Anlagen, die sich an oder auf Gebäuden und Lärmschutzwänden befinden.


Tabelle 1: Solarstrom-Vergütungen in Cent/kWh (netto) vor und nach der EEG-Novelle laut Beschluß des Bundestages vom 8.7.2010

Inbetriebnahmejahr


1. Januar bis
30. Juni 2010

1. Juli bis
30. September
(13%-Degression)
1. Oktober bis
31. Dezember
(3%-Degression)
ab 1. Januar 2011 z.B.
Zubau: <3500 MW = 9%-Degr.
Zubau: <6500 MW = 13%-Degr.) 
Vergütung für Solarstrom-Netzeinspeisung an und auf Gebäuden und Lärmschutzwänden
bis einschl. 30 kWp
39,14   
34.05   
33,03   
30.06 (28,74)       
größer 30 kWp bis
einschl. 100 kWp
37,23   
32,39   
31,42   
28,59 (27,33)       
größer 100 kWp bis
einschl. 1000 kWp
35,23   
30,65    
29,73    
27,05 (25,86)       
größer 1000 kWp
29,37   
25,55    
24,79    
22,55 (21,56)       
Vergütung für Solar-
strom-Eigenverbrauch


Anteil  Anteil  
bis 30% über 30%
Anteil  Anteil  
bis 30% über 30%
    Anteil        Anteil     
    bis 30%       über 30%   
bis einschl. 30 kWp
22,76   
17,67   22,05  
16,65   21.03  
 13,68 (12,36)   18,06 (16,74)
größer 30 kWp bis
einschl 100 kWp
0      
16,01   20,39  
15,04   19,42  

 12,21 (10,95)   16,59 (15,33)
größer 100 kWp bis
einschl. 1000 kWp
0      
14,27   18,65  
13,35   17,73  

 10,67 (9,48)    15,05 (13,86)

Weitere Änderungen:

1) Die Vergütungs-Degression zum Jahreswechsel wird in Abhängigkeit von der im Jahr 2010 installierten Leistung bestimmt. Da aber bereits zum 31. Oktober die neuen Vergütungssätze des Folgejahres bekannt gegeben werden müssen (siehe § 20 Absatz 2 EEG 2009), führt man eine Hochrechnung durch: Dabei wird die Leistung der bei der Bundesnetzagentur vom 1.6. bis 30.9. gemeldeten Anlagen mit dem Faktor 3 multipliziert und damit auf den Ganzjahreszubau geschlossen. Mit großer Sorgfalt hat Schwarz-Gelb dafür gesorgt, dass nicht etwa die geringen Zubauzahlen vom 1.1. bis 31.3.2010 die Degression abmildern könnten.

Bei Überschreitung der festgelegten acht Ausbau-Grenzen wird die Degression um jeweils einem Prozentpunkt erhöht. Bei einem Zubau von über 6500 MW beträgt die Degression zum Jahreswechsel sogar 13%.


Tabelle 2:
Degression der Vergütung für 2011
Beschluss des Bundestages vom 5.5.2010 (BT-Dr.17/1604)
Basiswert: Leistung der bei der Bundesnetzagentur
nach dem 31. Mai und vor dem 1. Oktober 2010
registrierten Anlagen, mit dem Faktor 3 multipliziert

   unter 1500 MW   
         6%        
   unter 2000 MW   
         7%        
   unter 2500 MW   
         8%        
   unter 3500 MW   
         9%        
    über 3500 MW   
        10%        
    über 4500 MW   
        11%        
    über 5500 MW   
        12%        
    über 6500 MW   
        13%        

Nach inoffiziellen Prognosen der Bundesnetzagentur betrug der Zubau in den Monaten Mai und Juni bereits über 3000 MW. Es ist also möglicherweise damit zu rechnen, dass zum Jahreswechsel die maximale Degression von zusätzlichen 13% angesetzt wird. Die PV-Vergütungsdegression wird also mit großen Schritten fortgesetzt.

Die Bundesregierung sieht im Festhalten an diesem sogenannten "atmenden Deckel" einen großen Erfolg. Nun sei der Zubau planbar und die EEG-Umlage auf den Strompreis verkraftbar. Dass die geplanten PV-Ausbauraten jedoch weit hinter den Möglichkeiten eines ungebremst wachsenden Marktes liegen und das PV-Anlagen über den Merit-Order-Effekt den Strompreis sogar senken würden (siehe dazu Artikel S. 14) wird verschwiegen. Es geht Schwarz-Gelb offensichtlich nicht um den Klimaschutz, noch nicht einmal um den Schutz der Stromkunden, sondern es geht ausschließlich darum, eine unerwünschte Konkurrenz zur Atomenergie kleinzuhalten.

Der "atmende Deckel" ist dafür ein perfide ausgeklügeltes Instrument. 314 Abgeordnete (332 Abgeordnete von CDU/CSU und FDP haben am 5.5.2010 wie folgt abgestimmt: 314 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 1 Enthaltung und 16 haben nicht abgestimmt) von Schwarz-Geld haben - nicht etwa anonym, sondern in namentlicher Abstimmung - für die Verlangsamung des solaren Ausbaus gestimmt (möglicherweise, ohne die Konsequenzen voll zu erkennen). Wir werden ihre Namen regelmäßig in den nächsten Solarbriefen und im Internet veröffentlichen, damit unsere Leser wissen, an wen sie sich mit ihren Protesten wenden können. Dabei geben wir die Hoffnung nicht auf, dass schließlich auch diese Abgeordneten erkennen, dass der Klimaschutz allen anderen Erwägungen voran gegen muss. Sie finden die Namen dieser Abgeordneten derzeit auch schon unter http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/index.html.

Im aktuellen Entwurf der Bundesregierung zum nationalen Aktionsplan für Erneuerbare Energien (siehe http://www.bmu.de/erneuerbare_energien/downloads/doc/46202.php, Seite 114) wird sogar deutlich aufgezeigt, dass die im Jahr 2020 installierte PV-Leistung nur ca. 52.000 MW betragen soll - im Vergleich zum Stand 1.1.2010 ist dies eine magere Verfünffachung der Gesamtleistung. In den nächsten Jahren sollen also höchstens 4200 MW/a zugebaut werden. Der "atmende Deckel" ist also tatsächlich das richtige Instrument, das entfachte Ausbaufeuer langsam und gezielt zu ersticken.

2) Die Eigenverbrauchsvergütung soll laut Beschluss der Bundesregierung künftig nicht nur anteilig nach der Leistung sondern auch anteilig nach der Höhe des Eigenverbrauchs bestimmt werden. Anders als im Entwurf der Regierung beschlossen, sollen nur noch Betreiber von Anlagen mit einer Gesamtgröße bis zu 500 kW, also nicht bis 800 kW, Anspruch auf die Eigenverbrauchsvergütung haben. (siehe http://www.sfv.de/lokal/mails/sj/verguetu.htm)

3) Die Einspeisevergütung für Freiflächen-Solaranlagen auf Konversionsflächen soll - ebenfalls gestaffelt bis 1.10. - um insgesamt 11%, für alle sonstigen Freiflächenanlagen um 15% abgesenkt werden.

4) Die Förderung von Freiflächenanlagen auf Ackerflächen entfällt vollständig. Allerdings gibt es Übergangsfristen. Bei Vorliegen eines Bebauungsplans bis zum 25. März 2010 soll die Freiflächenvergütung für Ackerflächen ungekürzt Bestand haben, wenn diese noch bis Ende des Jahres 2010 gebaut werden.

5) Neu hinzugekommen ist die Förderung von Freiflächenanlagen, die längs von Autobahnen oder Schienenwegen liegen und in einer Entfernung von bis zu 110 Metern, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet wurden.

Die Gesetzesnovelle wird rechtskräftig, wenn sie im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Dies wird in Kürze geschehen.


Viele Artikel aus dem Solarbrief befinden sich, neben der Möglichkeit, die Zeitschrift im PDF-Format vollständig herunterzuladen, auch als eigener Beitrag auf www.sfv.de. Da diese zum Teil ständig aktualisiert werden, empfiehlt sich bei Interesse ein zusätzlicher Blick auf die SFV-Website.


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Quelle:
Solarbrief 2/2010, Juli 2010, S. 22-24
Herausgeber:
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Bundesgeschäftsstelle
Frére-Roger-Straße 8-10, 52062 Aachen
Tel.: 0241/51 16 16, Fax: 0241/53 57 86
E-Mail: zentrale@sfv.de
Internet: www.sfv.de

Einzelpreis: 6 Euro
Erscheinungsweise: vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. August 2010