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UMWELTSIEGEL/104: Pflicht und Kür - Was bedeuten die Biolebensmittel-Kennzeichen? (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Heft 4/13
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

Pflicht und Kür

Was bedeuten die Biolebensmittel-Kennzeichen?



Lebensmittel aus biologischem Anbau sind im Trend. Dabei sind die Begriffe "bio" und "öko" sowie "biologisch" und "ökologisch" durch eine Verordnung der Europäischen Union gesetzlich geschützt. Diese schreibt Mindestkriterien für den ökologischen Landbau vor. Die EU-Verordnung und ihre vielen Ergänzungen regeln in Positivlisten die zugelassenen Betriebsmittel wie Pflanzenschutz- und Düngemittel. Außerdem wird die höchstzulässige Anzahl von Tieren pro Hektar und Haltungsformen für die Tierhaltung vorgeschrieben sowie die Verwendung genetisch veränderter Organismen verboten.

Nur Erzeuger, Verarbeitungs- und Importunternehmen, die den EU-Anforderungen gerecht werden und sich Kontrollen unterziehen, sind berechtigt, ihre Produkte unter den Bezeichnungen "bio" oder "öko" zu verkaufen. Entsprechen 95 Prozent der landwirtschaftlichen Zutaten eines Lebensmittels diesen Kriterien, darf es sich "bio" oder "öko" nennen.


EU-Logo als Basis
Im Sommer 2010 hat die EU ein Bio-Logo eingeführt, das auf grünem Grund ein von Sternen geformtes Blatt zeigt. Seitdem müssen alle vorverpackten Bio-Lebensmittel mit diesem Logo gekennzeichnet sein, unverpackte Bioprodukte können auf freiwilliger Basis gekennzeichnet werden. Das bereits zu rot-grünen Zeiten unter Landwirtschaftsministerin Renate Künast eingeführte und daher sehr bekannte deutsche Bio-Siegel mit den sechs Ecken kann gleichzeitig weitergenutzt werden.

Da viele Hersteller davon ausgehen, dass das deutsche Siegel bekannter als das EU-Bio-Logo ist, drucken sie oft nur das deutsche Bio-Siegel auf die Vorderseite ihrer Produkte. Das obligatorische EU-Bio-Logo findet sich dann beispielsweise nur klein auf der Rückseite. Entscheidend ist: Die ökologischen Ansprüche an die Herstellung eines Produkts sind die gleichen, egal ob es auch das deutsche Bio-Siegel trägt oder nur das EU-Logo.


Eigenverpflichtung der Verbände
Die EU regelt, welchen Mindestansprüchen Produkte entsprechen müssen. Darüber hinaus gibt es jedoch viele unterschiedliche Ansprüche und Philosophien bezüglich einer "ökologischen" und naturverträglichen Anbauweise. In Deutschland ist die Mehrheit der ökologisch wirtschaftenden Betriebe Mitglied in einem Bio-Anbauverband. Deren Richtlinien gehen in einigen Punkten über die EU-Vorschriften hinaus, so dass in Deutschland fast 70 Prozent der ökologisch bewirtschafteten Fläche nicht "nur" nach EU-Bio-Richtlinien bewirtschaftet werden, sondern mit anspruchsvolleren Öko-Kriterien.

Die höheren Ansprüche und weitere Detailunterschiede der einzelnen Verbände machen die Erzeugung von Bio-Lebensmittel der Verbände aufwändiger und teurer als nur "EU-Bio". Um den Kunden die anspruchsvollere Bio-Qualität anzuzeigen, sind die Produkte meistens zusätzlich zum EU-Logo mit Zeichen der Anbauverbände gekennzeichnet. Nicht unüblich ist es, dass auf einer Verpackung drei Bio-Label zu finden sind: das EU-Logo ist gesetzlich vorgeschrieben, das deutsche Siegel ist dem Kunden vertraut und das Zeichen des Anbauverbandes zeigt den anspruchsvolleren Standard an.

Ohne EU-Bio-Label auf der Verpackung ist die Aussagekraft der anderen Siegel gleich null.

Viele Handelsunternehmen haben Bio-Eigenmarken mit optisch auffälligen Logos oder Designs wie etwa Naturkind von Tengelmann, Rewe-Bio, real Bio oder Bio-Wertkost von Edeka.

Doch Vorsicht: Nur der Begriff "bio" ist gesetzlich geschützt. Darüber hinaus darf jedes Unternehmen und jede Organisation Labels entwickeln und damit ihre Produkte kennzeichnen. Daher existiert inzwischen eine wahre Flut an Siegeln und Labels, die in ihren Ansprüchen und Kontrollmechanismen nicht alle seriös sind. Deshalb gilt: Vorsicht vor Phantasie-Bezeichnungen. Ohne EU-Bio-Label auf der Verpackung ist die Aussagekraft der anderen Siegel gleich null.



Strengere Regeln

Einige Beispiele für strengere Ansprüche der Anbauverbände gegenüber den EU-Vorschriften:

  • Der gesamte Betrieb muss nach ökologischen Richtlinien arbeiten. Betriebe, die "nur" nach EU-Ansprüchen wirtschaften, können dagegen auch nur einzelne Betriebszweige umstellen.
  • Zertifizierte Produkte müssen 100 Prozent bio sein, statt nur zu 95 Prozent.
  • Es gibt strengere Anforderungen an die Tierhaltung, darunter größere Mindestflächen pro Tier bei Hühnern und Schweinen.
  • Es gibt stärkere Beschränkungen beim Zukauf von Düngemitteln. Nach EU-Bio-Standard darf bei Bedarfsnachweis auch Gülle und Jauche aus konventionellen Betrieben genutzt werden.
  • Keine oder wesentlich weniger Zufütterung der Tiere mit konventionellem Futtermittel.
  • Weniger Hilfs- und Zusatzstoffe sind erlaubt und für jede Produktgruppe einzeln geregelt, Verzicht auf Enzyme.


Bio-Anbauverbände in Deutschland sind Bioland, Naturland, Demeter, Biokreis, Biopark, Gäa, Verbund Ökohöfe und Ecoland. Extra für Wein gibt es noch den Verband Ecovin.


Auf seiner Homepage stellt der NABU in der Rurik "Essen und trinken" die genannten Label ausführlicher vor und informiert zudem über Regional-Kennzeichen, Tierschutz-Siegel, Fairen Handel und saisonale Produkte.


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Auf dem Bio-Ei steht auf dem Herkunftsstempel an erster Stelle eine Null. Denn die erste Zahl zeigt die Haltungsform an: Die "0" bedeutet Biohaltung, eine "1" Freilandhaltung, die "2" Bodenhaltung und die "3" Käfighaltung. Die anschließende Buchstabenkombination zeigt Herkunftsland und Betrieb an.

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Quelle:
Naturschutz heute - Heft 4/13, Seite 34 - 35
Verlag: Naturschutz heute, 10108 Berlin
Tel.: 030/284984-1530, Fax: 030/284984-2500
Hausanschrift: Charitéstraße 3, 10117 Berlin
E-Mail: naturschutz.heute@nabu.de
Internet: www.naturschutz-heute.de
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E-Mail: nabu@nabu.de
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"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
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ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2013