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VERPACKUNG/244: Plastiktüten - EU stiehlt sich aus der Verantwortung (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Dienstag, 05. November 2013 / Abfall

Plastiktüten: EU stiehlt sich aus der Verantwortung



Gestern hat EU-Umweltkommissar Janez Potocnik einen Vorschlag zur Verringerung des Plastiktütenverbrauchs in Europa vorgestellt. Die Wahl konkreter Maßnahmen und Zielvorgaben bleibt aber den Mitgliedstaaten selber überlassen.

"Lange haben wir auf diesen Vorschlag gewartet und nun müssen wir feststellen, dass kaum etwas drin steht", brachte die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im EU-Parlament Rebecca Harms die Enttäuschung von UmweltpolitikerInnen und Verbänden auf den Punkt. Auch der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, kritisierte, dass der Vorschlag keine Vermeidungsziele vorgebe und unverbindlich bleibe.

Plastiktüten sind für erhebliche Umweltprobleme verantwortlich und gelten insbesondere auch als Hauptquelle für die Vermüllung der Ozeane und die Gefährdung der maritimen Artenvielfalt. Im Jahresdurchschnitt liegt der EU-weite Plastiktütenverbrauch bei 200 Tüten pro Kopf, 90 Prozent davon sind Einwegtüten. Der Vorstoß der EU-Kommission, den europaweiten Verbrauch von Einwegplastiktüten einzudämmen fand daher grundsätzliche Zustimmung bei den europäischen Umweltverbänden. Insgesamt greife das Vorhaben aber zu kurz.

Potocnik kündigte an, die EU-Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle dahingehend zu ändern, dass die Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, den Verbrauch Kunststofftragetaschen mit einer Dicke von 50 Mikrometern zu verringern. Der Vorschlag stellt es den EU-Ländern aber frei, diese Verpflichtung über Abgaben, feste Verringerungsziele oder nationale Verbote zu erreichen.

"Bereits 2011 hatten sich 70 Prozent der Befragten einer öffentlichen EU-Konsultation für ein Plastiktütenverbot ausgesprochen. Trotzdem zögert die Kommission noch immer, diese kostengünstige und effiziente Maßnahme zu ergreifen. Stattdessen stiehlt sie sich aus der Verantwortung und überlässt den EU-Staaten die Entscheidung", kritisierte der EEB-Abfallexperte Piotr Barczak. Außerdem sei die Richtlinie für dünne Plastiktüten gültig, dadurch könne der Verbrauch aber nicht wirksam eingeschränkt werden, ergänzte Jürgen Resch die Kritik: "Clevere Tütenhersteller müssen ihre Plastiktüten nur ein wenig dickwändiger machen, um einem drohenden Verbot zu entgehen. An ihrem Einwegcharakter ändert sich dadurch aber nichts."

Einige EU-Länder sind der Kommission allerdings schon ein paar Schritte voraus: Italien hat die Nutzung von Plastiktüten bereits erfolgreich verboten, in Dänemark und Finnland liegt der durchschnittliche Jahresverbrauch bei vier Tüten pro Kopf. Auch Irland konnte erfolgreich beweisen, dass eine Abgabe auf Kunststofftüten den Verbrauch wirksam einschränkt. Seit für Einwegtüten hier 22 Cent fällig werden, ging der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von 328 auf nun 16 Stück zurück. [dh]


EEB-Stellungnahme
http://www.eeb.org/EEB/index.cfm/news-events/news/single-use-carrier-bags-eu-passes-buck-to-member-states/

DUH-Pressemitteilung
http://www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3206

Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle
http://ec.europa.eu/environment/waste/packaging/pdf/proposal_plastic_bag.pdf

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Quelle:
EU-News, 06.11.2013
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2013