Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

AFRIKA/007: Tödlicher Schimmel vernichtet die Maisernte - Forscherin der Lösung auf der Spur (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. August 2010

Afrika: Tödlicher Schimmel vernichtet die Maisernte - Forscherin der Lösung auf der Spur

Von Isaiah Esipisu


Nairobi, 20. August (IPS) - Trotz einer Rekord-Maisernte hungern die Menschen im Osten Kenias. Das Getreide ist in den Speichern verschimmelt, der Verzehr eine tödliche Gefahr. Immer wieder sterben in Afrika Menschen an Aflatoxin-Vergiftungen durch unsachgemäße Lagerung der Ernte. Eine Wissenschaftlerin ist jetzt einer Lösung auf der Spur.

Judith Mwende laufen die Tränen die Wangen herunter. Vor sechs Jahren hat die Bäuerin bereits ihre Mutter und ihre Tochter begraben müssen, nachdem sie Aflatoxin-verseuchten Mais gegessen hatten. Damals starben in ihrem Heimatdorf Mutomo 123 Menschen.

Aflatoxin ist das Gift der Pilzgattung Aspergillus. Die Pilze sind weit verbreitet im Boden und im Heu. Sie dringen vor allem bei Feuchtigkeit und Wärme in das Getreide ein, ihr Schimmel ist für Menschen und Tiere giftig.

"Jetzt geht alles von vorne los. Wir haben Mais gepflanzt, um essen zu können, doch jetzt haben wir Gift im Speicher", sagt die Mutter von drei Kindern. Sie ist vom Wetter abhängig, pflanzen kann sie nur, wenn der Regen kommt. Und der bleibt oft aus. Nach drei Jahren Dürre hat es 2009 zum ersten Mal wieder geregnet in ihrer Region.


Mit Pilzen gegen Pilze

Das Leid der Bauern in ihrem Land hat die kenianische Forscherin Sheila Okoth motiviert, eine Lösung zu finden. "Wir gehen allen Methoden nach, die von den Menschen vor Ort angenommen werden und effizient gegen den Befall schützen", sagt sie über ihre Arbeit im Rahmen des 'Conservation and Sustainable Management of Below-Ground Biodiversity'-Projekts (CSM-BGBD).

Viele Menschen in Afrika sind sich der Gefahren des Schimmels überhaupt nicht bewusst, eine bezahlbare Option im Kampf gegen Aflatoxine gibt es dort ebenfalls noch nicht. Bisher lassen sich einmal gebildete Aflatoxine nicht unschädlich machen. Bewässerung bei der Bestäubung der Pflanzen reduziert das Risiko, dann sollte die Ernte möglichst schnell eingebracht werden, um den Pilzen keine Chance zu geben, den Schimmel zu bilden. In den USA gibt es daher beispielsweise große Trockner für das Getreide, in Afrika fehlt dafür meist das Geld.

Das CSM-BGBD-Projekt hat bereits einen biologischen Ansatz entwickelt, bei dem "Killerpilze" eingesetzt werden, die den giftigen Fusarium sp-Pilz bekämpfen. "Ich muss speziell für Kenia eine biologische Methode finden, die möglichst kostengünstig und nachhaltig ist", sagt Okoth.

Aflatoxine sind nicht allein ein afrikanisches Problem, sie entstehen überall auf der Welt. Aber der schwarze Kontinent bietet durch den Klimawandel dem Schimmel zunehmend bessere Entstehungsmöglichkeiten. Der starke Befall der diesjährigen Ente kann durch die schweren Überflutungen 2009/10 nach einer langen Dürreperiode erklärt werden.


Anders ernten, anders lagern

"Wir können vor der Herausforderung nicht davonlaufen, wir müssen uns ihr stellen", sagt die Wissenschaftlerin, die zufrieden ist mit ihren Fortschritten. "Wir kommen gut voran. In fünf Wochen hoffen wir, mit der Erprobung der biologischen Methode in Kenia beginnen zu können."

Außerdem will sie neue Erntemethoden entwickeln, die speziell auf die Anforderungen der Bauern in ihrem Land abgestimmt sind. "Das Wichtigste ist, den Pilz zu identifizieren und die Faktoren zu finden, die zu einer Dominanz der toxigenen Stämme führen. Danach können wir Methoden entwickeln, um das Problem zu managen."

Neben Kenia ist Mali auf dem afrikanischen Kontinent besonders betroffen. Die kenianische Regierung kauft infiziertes Getreide in großem Umfang zum halben Marktpreis auf und vernichtet es. Doch nicht alle Bauern spielen da mit. Eunice Mutinda etwa lebt im Dorf Kwamonga und wollte die Umsatzeinbuße nicht akzeptieren. Sie mobilisierte 38 Farmerinnen aus der Region, und sie schafften all ihren Mais in einen gemeinsamen Speicher.

"Wir haben schon davon gehört, dass in Getreide aus der Region Aflatoxin gefunden wurde. Aber wir können es uns nicht leisten, unser Getreide zu verlieren, bevor es genau analysiert wurde", sagt sie. "Nicht nach dieser langen Hungerszeit." (Ende/IPS/sv/2010)


Links:
http://www.bgbd.net/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52530

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. August 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2010