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AFRIKA/011: Äthiopien - Beachtliche Fortschritte bei der Aufforstung aber Abholzen geht schneller (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. September 2010

Äthiopien: Beachtliche Fortschritte bei der Aufforstung - Aber Abholzen geht schneller

Von Omer Redi


Addis Abeba, 20. September (IPS) - Vor einem Jahrhundert war Äthiopien noch ein baumreiches Land - Wälder bedeckten ein Drittel des ostafrikanischen Landes. Im Jahr 2000 waren sie dann jedoch mit einem Restbestand von drei Prozent nur noch Schatten ihrer selbst. Auch heute noch werden Wälder gerodet, um Platz für Siedlungen und Felder zu machen, allerdings sind gleichzeitig erfolgreiche Wiederaufforstungsprojekte im Gang.

Mesfin Mengistu pflanzt seit Jahren auf seinen zwei Hektar in Menagesha Woreda Bäume an, allerdings keineswegs aus reinem Idealismus. "Ich verstehe, dass Bäume wichtig für das Gleichgewicht der Natur sind", sagt er, "aber vor allem mache ich es für ein Zusatzeinkommen, um die steigenden Preise für Dünger auszugleichen". Vorrangig baut er auf seiner Farm in der Nähe der Hauptstadt Addis Abeba Weizen und Mais an.

Wiederaufforstungsprojekt in Äthiopien - Bild: © Omer Redi/IPS

Wiederaufforstungsprojekt in Äthiopien
Bild: © Omer Redi/IPS

Im vergangenen Jahr brachten ihm die Bäume 10.000 Birr (umgerechnet 370 Dollar) ein, davon kann eine äthiopische Familie bereits halbwegs gut leben. Gefällt werden die Bäume erst, wenn die Behörden ihr OK gegeben haben. Es wird streng darauf geachtet, dass für jeden gefällten Baum ein neuer Setzling in die Erde kommt. Dieses Jahr hat Mesfin schon 600 Bäume gepflanzt.


Großangelegte Kampagne

Mengistu ist längst kein Einzelfall, und so konnte das Landwirtschaftsministerium im Juli stolz verkünden, dass inzwischen wieder neun Prozent der Fläche des Landes bewaldet seien. [Jedes?] Jahr würden ein bis zwei Milliarden neue Bäume gepflanzt. Umweltschützer räumen zwar ein, dass die 80 Millionen Äthiopier die Aufforstungskampagne erstaunlich schnell und gut angenommen haben. Die Verdreifachung der Waldfläche in nur zehn Jahren bezweifeln sie aber.

Verlässliche Daten fehlen, die Behörde der Vereinigten Staaten für internationale Entwicklung (USAID) ging 2008 davon aus, dass jedes Jahr 146.000 Hektar Wald in Äthiopien verloren gehen. Diese Schätzung steht der Aussage der Regierung von Addis Abeba über 86.000 Hektar Neuanpflanzungen entgegen. Aus den Setzlingen müssen zudem noch reife Bäume werden - die Bilanz ist also vorerst noch negativ.

Neben Mesfins Dorf liegt der Menagesha Suba, ein seit 500 Jahren geschützter Wald. Hier werden Setzlinge gezüchtet, die zu erschwinglichen Preisen an die Bauern abgegeben werden. 18,5 Millionen sind im Distrikt bisher in den Boden gekommen.

Doch noch nicht überall im Land hat sich diese Haltung durchgesetzt. Trotz großangelegter Kampagnen werden immer noch große alte Bäume für Feuerholz, zur Herstellung von Holzkohle und anderen Zwecken gefällt, wie Experten monieren.

Allerdings haben sich viele verödete und erodierte Landstriche in den letzten Jahren erholt. Das beste Beispiel sind die Regionen Tigray und Amhara im Norden. Beide hatten einmal weite Wälder, bis sie durch Jahrhunderte extensiver Landwirtschaft und durch den Bürgerkrieg fast vollständig vernichtet wurden.


Bedrohung hält an

Million Belay leitet eine Umweltschutzorganisation, die sich zusammen mit der lokalen Bevölkerung um Wiederaufforstung und Biodiversität kümmert. Er freut sich über das massive Umdenken und neue Bewusstsein, das die Trendwende ermöglichte, bleibt aber pessimistisch. "Der Trend geht in Äthiopien immer noch in Richtung Abholzen."

Den Grund für seine Einschätzung sieht man in Zentraläthiopien und im Süden und Westen des Landes, wo die größten noch verbliebenen Wälder stehen. In der Region Oromia zum Beispiel schrumpfen die alten gewachsenen Wälder weiter durch ineffiziente Landwirtschaft, Landnahme und stetes Bevölkerungswachstum. USAID kommt daher zu dem Schluss "Der Status der Wälder muss als bedroht eingestuft werden."

Die Regierung kümmert sich um diese Warnungen kaum. Weiterhin wird mehr Wald abgeholzt als aufgeforstet. Gesetze, die dem Einhalt gebieten, gibt es zwar, aber sie werden nur unzureichend durchgesetzt. Die waldreichsten Regionen Äthiopiens sind gleichzeitig die für die Viehhaltung attraktivsten, Nationalparks und Umweltschutzgebiete werden dort nicht ausreichend geschützt. (Ende/IPS/sv/2010)


Links:
http://pdf.usaid.gov/pdf_docs/PNADM939.pdf
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52856

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010