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ARTENRAUB/137: Wilderei bedroht internationale Sicherheit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2014

Umwelt: Wilderei bedroht internationale Sicherheit

von Ramy Srour


Bild: © Jennifer McKellar/IPS

Weißes Nashorn in einem Schutzgebiet in der südafrikanischen Provinz Limpopo
Bild: © Jennifer McKellar/IPS

Washington, 14. Januar (IPS) - Zwei hochrangige US-Diplomaten und pensionierte US-Militäroffiziere haben im Vorfeld einer für Februar in Großbritannien geplanten Konferenz über den illegalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen die Regierungen westlicher und afrikanischer Staaten aufgefordert, im internationalen Kampf gegen die Wilderei aufzurüsten.

Nach Ansicht des ehemaligen Generals Carter Ham, bis April 2013 Leiter des US-Afrika-Kommandos (Africom), sollte bei der Suche nach einer Lösung des Problems eine starke militärische Komponente in Erwägung gezogen werden. "Der Einsatz von Drohnen wäre sicherlich hilfreich", meinte er.

Auch Peter Westmacott, der britische Botschafter in den USA, schloss sich dem Ruf an, den illegalen Handel mit wildlebenden Tieren und Pflanzen stärker als bisher als internationales Sicherheitsproblem zu betrachten und zu bekämpfen. Die von der britischen Regierung in London im nächsten Monat ausgerichtete Konferenz sei vor diesem Hintergrund ein wichtiger Schritt, betonte er.


Handel mit 'Bluthörnern' und 'Konfliktstoßzähnen'

Verschiedene Untersuchungen sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sich kriminelle und terroristische Vereinigungen in mehreren Teilen Afrikas über den illegalen Handel mit gefährdeten Arten finanzieren. So sollen die 'Al-Shabaab'-Miliz in Somalia und die 'Lord's Resistance Army' (LRA) in Uganda und im Südsudan Nashörner, Elefanten und andere geschützte Tierarten töten, um aus deren Hörnern und Stoßzähnen Kapital zu schlagen.

In einem kürzlich veröffentlichten, ausführlichen Bericht untersuchte die Washingtoner Denkfabrik 'Stimson Centre' die Verbindungen zwischen Wilderei und Terrorismus. Auch wenn das ganze Ausmaß der Verstrickung nicht bekannt sei, könne davon ausgegangen werden, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Handel mit bedrohten Arten und transnationalen kriminellen und terroristischen Organisationen gebe, so das Fazit der in Kenia vorgenommenen Recherchen.

Laut Jonah Bergenas, dem Autor des Berichts und stellvertretenden Direktor der Initiative 'Managing Across Boundaries' am Stimson Centre, wäre es wichtig, das Problem auf ganzheitliche Weise - etwa durch Partnerschaften - anzugehen. Dem Report zufolge bedient die Wilderei eine 19 Milliarden US-Dollar schwere Industrie, die sich von Afrika, über Ostasien bis in die westliche Welt hinein erstreckt. Das Gros der internationalen Nachfrage wird von China befeuert.

Die Auswirkungen sind verheerend. Allein 2012 und 2013 wurden fast 60.000 Elefanten und mehr als 1.600 Nashörner wegen ihrer Stoßzähne und Hörner getötet. Experten schätzen, dass das Horn eines Nashorns auf dem Schwarzmarkt für etwa 50.000 Dollar das Pfund gehandelt wird und damit höhere Preise als Gold oder Platin erzielt. Das macht die Wilderei so attraktiv, wie Andrea Crosta, Exekutivdirektor der 'Elephant Action League' (EAL) in den USA, berichtete. Er warnte jedoch davor, alle beteiligten Personen in einen Topf zu werfen. Auf der einen Seite gebe es die Armen, die sich nicht anders zu helfen wüssten, auf der anderen Seite die organisierten Banden mit Waffen und genügend Geld, um Wildhüter zu bestechen.

"Ein Paar Stoßzähne bringt in manchen Ländern Afrikas so viel ein, wie mehrere Jahreseinkommen afrikanischer Arbeiter", sagte Crosta. "Für jemanden ohne Job und mit einer großen Familie ist das eine nur schwer zu widerstehende Versuchung."

Der Aktivist hatte mit einem Team aus EAL-Mitgliedern 2010 und 2012 Fälle von Wilderei in Ostafrika untersucht und dabei herausgefunden, dass hinter dem Transport von Elfenbein nach Somalia die Al-Shabaab stand. "Wir gaben uns als Forscher aus und konnten mit kleinen und großen Händlern, Wilderern und Mittelsmännern sprechen", erläuterte Crosta, der sich zurzeit in den Niederlanden aufhält. Mit seinen Mitstreitern deckte er einen Schmugglerring auf, der jeden Monat mit Hilfe der Terrororganisation bis zu drei Tonnen Elfenbein heimlich nach Somalia beförderte.


Sensibilisierungskampagne gefordert

"Die Menschen müssen begreifen, dass der illegale Handel mit wildlebenden Tieren nichts anderes ist als der Handel mit den allseits bekannten 'Blutdiamanten'", meinte Peter Knights, Geschäftsführer der Umweltorganisation 'WildAid'. Seiner Ansicht nach könnte die Wilderei gestoppt werden, indem eine ähnliche Aufklärungskampagne wie im Fall der Blutdiamanten durchgeführt würde. "Die Verbraucher in Asien und anderen Abnehmerstaaten müssen davon abgebracht werden, diese Produkte zu kaufen."

Knight wies ferner darauf hin, dass Wilderei ein lebensgefährliches Geschäft ist. Tausende Menschen würden jährlich bei der Jagd nach Elefanten und Nashörnern getötet und ließen ihre Familien ohne Einkommen zurück, erläuterte er. Dass die chinesische Regierung kürzlich erstmals öffentlich mehrere Tonnen Elfenbein zerstören ließ, nachdem die USA im November Ähnliches getan hatten, bezeichnete er als eine wichtige Geste, "die aber definitiv nicht ausreicht." (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.zsl.org/science/events/wildlife-trafficking-symposium,793,EV.html
http://www.stimson.org/programs/managing-across-boundaries/
http://elephantleague.org/
http://www.wildaid.org/
http://www.ipsnews.net/2014/01/wildlife-poaching-thought-bankroll-international-terrorism/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Januar 2014