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ASIEN/045: Gunns hisst die weiße Flagge - Etappensieg für Tasmaniens Wälder (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 107/4.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

Gunns hisst die weiße Flagge
Etappensieg für Tasmaniens Wälder

Von Rudolf Fenner, Hamburg


Die Zukunft des Unternehmens Gunns liege ab sofort nicht mehr in der Ausbeutung der Urwälder Tasmaniens. Es müsse ein Ende haben mit diesem Konflikt, zu viele Menschen hätten finanzielle und emotionale Blessuren davongetragen. Mit diesen Aussagen gestand Mitte September der neue Chef des bis vor wenigen Monaten noch größten australischen Urwaldzerstörers ein, dass das Unternehmen den Kampf gegen die Umweltorganisationen und gegen die Mehrheit der Australier verloren hat. Die Produktion von Gunns Ltd. wird künftig ausschließlich auf Plantagenholz basieren.

Mehr als zwei Jahrzehnte dauerten die Auseinandersetzungen zwischen tasmanischen UmweltschützerInnen und dem von einem Familienbetrieb zu einem der größten australischen Forstgiganten mutierten Unternehmen. Der Firmenname Gunns stand schon sehr bald für rücksichtslose Urwaldausbeutung.

Vor zehn Jahren nahmen die Konflikte an Schärfe zu. Es kam zu Blockaden von Forststraßen und Forstmaschinen, Bäume wurden besetzt, und Demonstrationen mit tausenden von empörten Australiern fanden in Tasmaniens Provinzhauptstadt Hobart, aber auch in Melbourne im australischen Mutterland statt. Als Gunns 2005 auch noch den Bau eines riesigen Zellstoffwerkes mitten im renommierten Weinbaugebiet am Tamar Valley Fjord ankündigte, da brachte er nicht nur weitere Kreise Tasmaniens wie Fischer und Weinbauern gegen sich auf. Nun wurde der Protest auch international.

Auch ROBIN WOOD hat sich seitdem mehrfach eingemischt. Zuletzt genau vor einem Jahr mit einer großen Protestbrief-Aktion, mit der der damalige australische Premier Kevin Rudd aufgefordert wurde, die einzigartigen Wälder Tasmaniens nicht länger der dortigen Holzindustrie zu überlassen.(*)

Der jetzt von Gunns verkündete komplette Ausstieg aus der Urwaldnutzung ist sicherlich auch der intelligenten Kampagne der tasmanischen Wilderness Society zu verdanken. Die NaturschützerInnen machten weltweit potentielle Finanziers der geplanten Zellstoffmühle auf die fatale Rolle von Gunns in dem Konflikt um die tasmanischen Urwälder aufmerksam.

Mindestens genau so wirkungsvoll und letztlich wohl ausschlaggebend für den jetzigen Schritt von Gunns war die Tatsache, dass große Unternehmen aus der Papierbranche schon seit längerem begriffen hatten, dass sie ihrem zunehmend umweltbewussten Klientel bald nur noch Papier anbieten können, dessen Herkunft aus einer sozial und ökologisch vertretbaren Forstwirtschaft nachgewiesen werden kann. Aus diesem Grunde wollten seit dem letzen Jahr einige der großen japanischen Papierproduzenten, bislang Hauptabnehmer der Gunns´schen Holzschnitzel, nur noch FSC-zertifizierte Ware einkaufen. Gunns blieb plötzlich auf seinen Bergen aus kleingeschnitzeltem Urwaldholz sitzen, musste in mehreren Betrieben die Arbeit über einige Monate ruhen lassen und auf die Schnelle versuchen, andere Abnehmer zu finden.

Und auch der schwedische Forst- und Zellstoffkonzern Södra, der als weltweit einziges Unternehmen Interesse an der geplanten Zellstofffabrik auf Tasmanien bekundet hat, stellte eindeutige Vorbedingungen für eine Beteiligung: Kein Urwaldholz, sondern ausschließlich Plantagenholz dürfe in die Produktion gelangen, aber auch nur dann, wenn es FSC zertifiziert sei.


Gunns steigt aus dem Geschäft mit tasmanischem Raubbauholz aus

Um nun nicht rasant in den absehbaren Konkurs zu rauschen, raffte sich Gunns zu gravierenden Veränderungen auf. Ein neuer Chef wurde eingekauft, die alte Führungsriege nach und nach aus der Firma herauskomplimentiert und das Unternehmen zu einem reinen Plantagenkonzern mit Besitzungen in Tasmanien und in mehreren Provinzen auf dem australischen Festland umstrukturiert. Eine Baumarktkette, zahlreiche Weingüter und alles, was nicht mehr zum Kernbereich des neu ausgerichteten Konzerns gehört, wurde abgestoßen. Der gesamte Besitz an Urwäldern - rund 28.000 Hektar - wurde versteigert. Der allergrößte Teil davon, etwa 25.000 ha, gingen an Jan Cameron, eine der reichsten und gleichzeitig wohltätigsten Frauen Australiens. Diese Wälder dürften daher vor Ausbeutung erstmal sicher sein. Auch aus dem Vertrag mit dem staatlichen Forstunternehmen Forestry Tasmania, durch den sich Gunns auf Jahre hinaus die sichere Versorgung seiner holzverarbeitenden Betriebe mit Holz aus Tasmaniens Wäldern erkauft hat, will das Unternehmen jetzt aussteigen.

Zur Zeit läßt Gunns prüfen, ob oder unter welchen veränderten Bedingungen seine Eukalyptus- und Kiefernplantagen das Zertifikat des FSC bekommen könnten. Einen dicken Ausschlussgrund hat Gunns schon mal im Juni aus der Welt geschafft: Das Unternehmen wird das berüchtigte Gift 1080 (Ten Eighty) nicht mehr einsetzen, mit dem auf Tasmanien alljährlich tausende von Wallabie-Kängurus, Opossums und anderes Getier getötet werden, weil es diese in die frisch aufgeforsteten Monokulturen zieht, um sich an den jungen Bäumen satt zu fressen.

Keine Frage, Tasmanien ist endlich einen ordentlichen Schritt voran gekommen. Es wird nicht mehr gekämpft, es wird miteinander geredet - und zwar zunehmend mit Erfolg, so scheint es: Denn nach fünfmonatigen Verhandlungen mit den Umweltorganisationen haben nun im Oktober sieben Interessenverbände sowohl aus der Holzindustrie als auch aus den gewerkschaftlichen Bereichen dieser Branche ein gemeinsames Grundsatzpapier veröffentlich. Darin wird die Regierung aufgefordert, für ein Einschlagmoratorium in den Primärwäldern zu sorgen. Und das Tarkine Gebiete, das Upper Florentine-Valley und all die anderen heiß umkämpften Waldgebiete sollen unter offiziellen Schutz gestellt werden.

Aber es darf dabei nicht übersehen werden, dass Gunns weiterhin fest entschlossen ist, die milliardenteure Zellstoffmühle zu bauen, und zwar unverändert mitten hinein in das Weinbaugebiet im Tamar Valley. Leider dürften die Chancen nach dieser Gunns'schen Neuausrichtung gestiegen sein, nun doch noch weitere Investoren zu finden.

Und es gibt ein zweites "Aber": Plantagen sind keineswegs eine gute oder gar ökologische Alternative zur Urwaldausbeutung. Plantagen sind höchst einseitige Land"aus"nutzungsformen, mit denen nie eine wirkliche Nachhaltigkeit erreicht werden kann. Außerdem liefern sie lediglich billigste Industrieware: Holzschnitzel für die Papier- und Energieproduktion. Stattdessen könnten auf Tasmanien wunderbare und artenreiche Wirtschaftswälder heranwachsen, die wertvolle Hölzer für ein breites Spektrum von holzverarbeitenden Betrieben liefern könnten. Gleichzeitig würden solche Wälder sehr viel mehr sowohl zum Arten- als auch zum Klimaschutz beitragen.

Rudolf Fenner, Hamburg, wald@robinwood.de

(*) Einen ausführlichen Beitrag dazu finden Sie im ROBIN WOOD-Magazin 4/09 oder unter www.robinwood.de/magazin


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Vor zehn Jahren verschärften sich die Konflikte um die Raubbauwirtschaft von Gunns in den tasmanischen Urwäldern: Tausende Menschen in Tasmanien und Australien organisierten Demos, AktivistInnen blockierten Forststraßen und besetzten Bäume

• Auch ROBIN WOOD hat sich mit Aktionen eingemischt: Im Februar 2010 überreichten die AktivistInnen dem australischen Botschafter in Berlin Protestbriefe mit ingesamt 6.745 Unterschriften. Jetzt ist der Konzern Gunns komplett aus der Nutzung von tasmanischen Urwäldern ausgestiegen. Ein Riesenerfolg!


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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 107/4.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2010