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ASIEN/077: Myanmar - Unübersehbare Folgen von Naturkatastrophen, Frühwarnsysteme unzureichend (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Januar 2014

Myanmar: Unübersehbare Folgen von Naturkatastrophen - Frühwarnsysteme unzureichend

von Fawzia Sheikh


Bild: © Fawzia Sheikh/IPS

Baufällige Brücke in Mandalay
Bild: © Fawzia Sheikh/IPS

Rangun, 15. Januar (IPS) - Die Demokratie, die sich in Myanmar seit dem Ende der langen Militärdiktatur entwickelt, ist noch längst nicht gefestigt, da lauert bereits eine weitere Gefahr, die das Land zu destabilisieren droht. Experten gehen davon aus, dass der Klimawandel zahlreiche Menschen zur Migration zwingen wird.

Die Lage der Bewohner des Ayeyarwady-Deltas ist mehr als fünf Jahre nach dem Wirbelsturm 'Nargis' weiterhin prekär. Die Naturkatastrophe hatte 146.000 Menschenleben gefordert, weitere 2,4 Millionen Burmesen wurden geschädigt. Viele stehen vor den Trümmern ihrer Existenz, und eine Besserung der Lage ist derzeit nicht in Sicht, wie Lynn Thiesmeyer, Vizepräsidentin des Instituts für Umwelt- und Wirtschaftsforschung in Myanmar, berichtet.

Die Böden im Delta sind versalzen und die Bauern können sich nach einer Missernte kein neues Saatgut mehr leisten. "Sie halten sich entweder mit Krediten über Wasser oder verdingen sich als Tagelöhner", erklärt Thiesmeyer, die über die Hilfsmaßnahmen in der Region im Bilde ist. Andere Familien zögen auf der Suche nach Arbeit in die neuen Freihandelszonen.

Nach Nargis hatte die Regierung in vielen Distrikten Wiederaufbauprojekte gestartet, die in den Kommunen angesiedelt sind. Doch durch den Mangel an Mitteln und Fachkräften konnte nur ein kleiner Teil der Vorhaben umgesetzt werden.

"Die Regierung hat dafür gesorgt, dass jeder ein Radio besitzt und weiß, auf welcher Frequenz die Katastrophenwarnungen ausgestrahlt werden", sagt Thiesmeyer. "Dennoch wäre es für sie schwierig, einem neuen Sturm zu entkommen, da sie sich nur im Boot fortbewegen können. Am dringendsten brauchen sie jedoch Notunterkünfte."


2011 am stärksten gefährdetes Land der Region

Das Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung der humanitären Hilfe stufte Myanmar mit seinen rund 53 Millionen Einwohnern im vergangenen Juni als das 2011 am stärksten gefährdete Land der Asien-Pazifik-Region ein. Die Risiken, dass sich "alle paar Jahre" mittelschwere bis schwere Naturkatastrophen ereignen, sind demnach sehr hoch.

Seit Nargis, für Myanmar die verheerendste Naturkatastrophe der letzten Jahre, haben lokale und international tätige Hilfsorganisationen ihre Bemühungen verstärkt, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.

Das nächste große Naturdesaster könnte den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt des Landes gefährden, der seit dem Amtsantritt einer Zivilregierung 2011 zu beobachten ist.

Myanmar sei von "vielen vorhergesagten Folgen des Klimawandels" betroffen, meint Linda Yarr von der US-amerikanischen George-Washington-Universität. Dazu zählen Küstenerosion und eine erhöhte Anfälligkeit für häufige und gravierende Wetterphänomene wie Wirbelstürme, anhaltende Dürren in Trockenregionen und heftige Niederschläge, die zu Überschwemmungen und Erdrutschen in Gebirgszonen führen.

"Wir können nicht einfach zuschauen, sondern müssen uns vorbereiten", betont Win Zin Oo von 'World Vision Myanmar'. Schon beim Anzug des Sturms 'Mahasen' sei deutlich geworden, wie unvorhersehbar und komplex Naturkatastrophen sein könnten. Myanmar blieb allerdings das Schlimmste erspart, andere Staaten in Süd- und Südostasien waren viel härter betroffen.

Laut Oo gefährden inzwischen vor allem Überschwemmungen die Existenz der Menschen und die soziale Stabilität in Myanmar. World Vision bietet Dorfgemeinschaften Unterstützung bei der Katastrophenprävention an. Menschen, die etwa von Nargis, dem Erdbeben im Shan-Staat, der Flut im Ayeyarwady-Delta und den Überschwemmungen im Bundesstaat Kayin betroffen waren, erhalten Hilfe von der Organisation.

Nargis habe den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) klar gemacht, dass die Koordination der Hilfen noch immer ein Problem sei, sagte er. Gemeinschaftsbasierte Projekte könnten Abhilfe schaffen.


Kampagnen für organischen Dünger zum Schutz der Umwelt

Lokale NGOs wie 'Dear Myanmar' sehen die größten Hindernisse in der mangelnden Verbreitung von Wetternachrichten und der Tatsache, dass offenbar viele Burmesen die Wetterwarnungen nicht ernst nehmen. Die Gruppe setzt sich für die Verbreitung nachhaltiger Agrarmethoden ein. Chemischer Dünger wird bei Überschwemmungen weggespült und gefährdet die Nahrungssicherheit, wie der Gründer von Dear Myanmar, Nyan Lin, erläutert.

Yarr führt die Klimaanpassungsschwierigkeiten Myanmars auch auf veraltete Bevölkerungsstatistiken und schwache Infrastrukturen wie Straßen und Stromnetze zurück. Auch die landwirtschaftlichen Anbaumethoden seien überholt, Holzwirtschaft und Bergbau nicht ausreichend reglementiert.

Yarrs Organisation und die in Rangun angesiedelte Organisation ALARM schulten im Februar 45 Regierungsbeamte aus zwölf Ministerien und Behörden im Rahmen ihres 'Myanmar Leadership Institute on Climate Change' in Fragen der Klimaresilienz.

Die Regierung von Myanmar wählte im Dezember die Küstenprovinzen Tanintharyi und Ayeyarwady für ein Pilotprojekt aus, das darauf abzielt, das Katastrophen- und Klimarisiko-Management in die regionalen Entwicklungspläne der Jahre 2014 und 2015 zu integrieren. (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.wvi.org/myanmar
http://www.unocha.org/
http://www.gwu.edu/~pisa/
http://www.ipsnews.net/2014/01/natural-disasters-add-myanmars-troubles/

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IPS-Tagesdienst vom 15. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2014