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ARTENSCHUTZ/147: Wilde Tiere auf Wanderschaft (WWF magazin)


WWF magazin, Ausgabe 2/2014
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Wilde Tiere auf Wanderschaft

von Brit Reichelt-Zolho, WWF



Gute Neuigkeiten aus KAZA: Im größten grenzüberschreitenden Schutzgebiet Afrikas haben Elefanten und Büffel ihren Lebensraum nachweislich verdoppelt. Das ist auch der wachsenden Zahl der Gemeindeschutzgebiete zu verdanken, die den Tieren Raum für ausgedehnte Wanderungen bieten.

Ein Elefant in der Steppe vor strahlendem Himmel mit vielen Wolken, von vorn fotografiert - Foto: © Martin Harvey, WWF-Canon

Afrikanischer Elefant (Loxodonta africana)
Foto: © Martin Harvey, WWF-Canon

Große Tiere halten sich nicht an Grenzen. Damit Elefanten, Büffel und Zebras ungestört zwischen Schutzgebieten innerhalb der Kavango-Sambesi-Region (KAZA) wandern können, brauchen sie Korridore. Um dort für diese Tiere gezielt Lebensraum zu erhalten, müssen wir wissen, wo genau die Wanderwege verlaufen. Deswegen versieht der WWF seit 2010 die Leittiere von Elefanten-, Büffel- und Zebraherden mit Sendern, die jeden Monat deren geografische Position via Satellit übermitteln. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Tiere über Namibias Sambesi-Region (auch "Kaprivi-Streifen" genannt) nach Angola und Sambia wandern. Sie erschließen sich immer mehr neuen Lebensraum: 2012 waren die mit Sendern ausgestatteten Tiere bereits über eine weitaus größere Fläche verteilt als noch zwei Jahre zuvor. Damals bewegten sich die Elefanten auf einem Gebiet von rund 6500 Quadratkilometern. 2012 war das Areal bereits doppelt so groß.


Gemeinden schützen Korridore

Gefördert wurde diese erfreuliche Entwicklung durch den Abbau von 80 Kilometer Nutztierzäunen längs des Kuando-Flusses. Eine der vielen Maßnahmen, die im Großschutzgebiet KAZA auch mit Unterstützung des WWF umgesetzt wurden. Und weitere Kilometer Zaun werden demnächst noch abgebaut. Auch die längste Wanderung einer Zebraherde wurde dokumentiert: Mehrere Tausend Tiere legten eine Strecke von 200 Kilometern von Namibia nach Botswana zurück. Ein einzelner Elefantenbulle ist sogar fast 200 Kilometer von Botswana durch die Sambesi-Region bis nach Angola marschiert. Um den Lebensraum in den Korridoren durch die Sambesi-Region nach Angola und Sambia zu schützen, haben sich mehrere Gemeindeschutzgebiete (siehe Kasten 5. 26) im östlichen Teil der Sambesi-Region zu zwei neuen Schutzgebietskomplexen zusammengeschlossen: Chobe Ost und Chobe West. Zusammen mit dem WWF haben die Gemeinden die Lebensräume identifiziert, welche die Elefanten durchwandern, und planen nun den bestmöglichen Schutz für die Dickhäuter. Managementpläne werden ausgearbeitet und gemeinsame Anti-Wilderei-Aktionen durchgeführt. So konnten von 2011 bis 2013 insgesamt 62 gewilderte Tiere beschlagnahmt und 34 Wilderer festgenommen werden - auch durch die Aktivierung von Informanten-Netzwerken, die vom WWF unterstützt wurden. Für die Einrichtung und Unterstützung von nunmehr 79 Gemeindeschutzgebieten erhielt Namibia die höchste Auszeichnung des WWF, das "Gift to the Earth" - Geschenk an die Erde. Diese Gebiete nehmen bereits 19,5 Prozent der Landesfläche ein, sodass nun insgesamt 42 Prozent Namibias unter Naturschutz stehen. Das ist ein weltweiter Rekord. Den Grundstein dafür legte Namibia bereits 1996 mit der Einführung einer bahnbrechenden Gesetzgebung. Sie ermöglichte es den Gemeinden, aus nachhaltiger Ressourcennutzung ein eigenes Einkommen zu erzielen und gleichzeitig die Natur und Wildtiere zu schützen. So haben die Gemeinden bis heute mehr als 24 Millionen Euro durch Ökotourismus erwirtschaftet. Zudem ist die Wilderei zurückgegangen. Heute erreichen die Wildtierbestände in Namibia einen neuen Höchststand.

Im Oktober 2011 wurde auch in Sambia das erste Gemeindeschutzgebiet eingeweiht: Simalaha ist 380000 Hektar groß und soll den Elefanten aus dem überfüllten Chobe-Nationalpark in Botswana Zugang zum Kafue-Nationalpark in Sambia ermöglichen. Um den Tourismus und den Artenbestand auszubauen, wurden im Oktober 2013 weitere Arten nach Simalaha gebracht. Die ersten Wildtiere aus namibischen Nationalparks wurden erfolgreich in eine eingezäunte Fläche innerhalb des Simalaha-Schutzgebietes umgesiedelt, um sie einzugewöhnen. Insgesamt sollen in den kommenden Jahren 300 Impala-Antilopen (siehe Bild links)(*), 20 Kudu-Antilopen, 100 Puku-Antilopen, 20 Eland-Antilopen, 200 Litschi-Wasserböcke, und zehn Giraffen umgesiedelt werden. Während der feierlichen Zeremonie dankte die sambische Tourismusministerin Sylvia Masebo dem WWF Deutschland für die langfristige Unterstützung von Simalaha. Der Wiederaufbau der Wildtierbestände, sagte sie, sei wichtig für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus in Simalaha und ganz Südwestsambia. Er lege den Grundstein für Arbeitsplätze und Einkommen der lokalen Bevölkerung.

Zwei Nashörner in Nahaufnahme von der Seite - Foto: © Martin Harvey, WWF-Canon

Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum)
Foto: © Martin Harvey, WWF-Canon


AFRIKAS GROSSTER SCHUTZGEBIETSVERBUND
Fünf Staaten im südlichen Afrika beschlossen 2011, über ihre Ländergrenzen hinweg mit Unterstützung der Bundesregierung, der KfW Entwicklungsbank und des WWF gemeinsam 22 Schutzgebiete nachhaltig zu entwickeln und über Korridore zu verbinden. So entstand um die Flüsse Kavango und Sambesi auf insgesamt 440000 Quadratkilometern das zweitgrößte Land-Schutzgebiet der Erde - KAZA.
Seit 1996 sieht die namibische Gesetzgebung vor, dass Gemeinden sich zu Gemeindeschutzgebieten zusammenschließen können, um diese gemeinsam zu bewirtschaften. Dafür bekommen sie vom Staat die Rechte und Pflichten für ihr Land mitsamt Wäldern und Wildtieren übertragen. Seitdem können die Kommunen zum ersten Mal von der intakten Natur profitieren: Sie dürfen bestimmte Arten für den Eigenbedarf legal jagen, mit Unternehmen zusammenarbeiten und zum Beispiel Touristenlodges aufbauen. Außerdem sind sie am Umsatz durch die Touristen in ihrem Land beteiligt.

Gemeinsam gegen Wilderei

Es wird immer wichtiger, die Wilderei langfristig einzudämmen. In den vergangenen Jahren hat die vor allem in Ostafrika grassierende illegale Jagd auf Elefanten auch auf das südliche Afrika übergegriffen. Die Regierung Namibias bat daher den WWF um eine Analyse der Situation und um Hilfe. Dazu wurde im Juni 2012 die Sambesi-Region überflogen, um in den dortigen Schutzgebieten die Elefanten zu zählen - auch die Skelette toter Exemplare. Ergebnis: Die Zahl der toten Tiere übersteigt derzeit den jährlichen Zuwachs in der Sambesi-Region. Das bedeutet, dass die Wilderer den Elefantenbestand auf Dauer dezimieren. Der WWF empfiehlt deshalb, mehr Wildhüter-Truppen auszubilden, auszurüsten und koordiniert in den Schutzgebieten einzusetzen. Zum anderen unterstützt der WWF den Aufbau von Informanten-Netzwerken in den Gemeindeschutzgebieten der Sambesi-Region und angrenzender Länder. Bei der Verfolgung von Wilderem haben sich vor allem die Fährtenleser der Khwe-Buschmänner hervorgetan. Am Ort des Verbrechens konnten sie schon mehrfach die Spuren der Täter identifizieren und verfolgen. Vier namibische und sambische Regierungsmitarbeiter wurden bereits verhaftet, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie in die Elefantenwilderei verwickelt waren. Insgesamt wurden 34 Täter verhaftet und 59 Elfenbeinstücke beschlagnahmt. Dieser Erfolg bestätigt, wie wichtig es ist, die Menschen vor Ort am Schutz der Natur zu beteiligen.


(*) Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
  • Auslauf: Dank des geschützten Lebensraums in den Korridoren können Elefanten und Giraffen wieder Strecke machen.
  • Zimmer mit Aussicht: In KAZA können Touristen die Wildtiere aus nächster Nähe beobachten

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Quelle:
WWF Magazin 2/2014, Seite 24-27
Herausgeber:
WWF Deutschland
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2014