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ENERGIE/066: Die EU spielt mit falschen Zahlen (Strahlentelex)


Strahlentelex mit ElektrosmogReport
Unabhängiger Informationsdienst zu Radioaktivität, Strahlung und Gesundheit
Nr. 644-645 / 2013 / 27. Jahrgang, 7. November 2013

Energiepolitik
Die EU spielt mit falschen Zahlen

von Thomas Dersee



Mit mehr als 130 Milliarden Euro wird der europäische Energiemarkt subventioniert. Besondere öffentliche Aufmerksamkeit weckte die EU-Kommission mit ihrer - inzwischen zurückgenommenen - Absicht, Atomkraft mit Beihilfen aus Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Sie mache damit deutlich, daß sie in der atomaren Sackgasse feststecke und die Atomindustrie ohne staatliche Unterstützung am Ende sei, wird der EU-Kommission vorgehalten. In einem zunächst nicht öffentlichen Papier mit dem Titel "Aus staatlichen Eingriffen das Beste machen" ("making the most of public intervention") möchte die EU-Kommission erreichen, daß die Mitgliedstaaten ihre Energiesubventionen auf den Prüfstand stellen, um den Strombinnenmarkt zu verwirklichen. Das wäre im Grunde richtig, wenn die EU-Kommission nicht erneut mit falschen Zahlen argumentieren und Äpfel mit Birnen vergleichen würde, merkt dazu Hans-Josef Fell, bislang Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen an. Zwar seien laut EU-Kommission die Subventionen für die Atomenergie mit 35 Milliarden Euro deutlich höher als die für die Erneuerbaren Energien, die nur 30 Milliarden Euro betragen - eine Zahl, die in der Schlußfassung des Papiers der EU-Kommission wieder gestrichen wurde. Aber das Mißverhältnis dürfte noch viel größer sein, weil die großen Bevorzugungen der Atomenergie, wie zum Beispiel die nicht ausreichende Haftungsvorsorge, gar nicht berücksichtigt werden. Auch sei es falsch, die Einspeisevergütung für Erneuerbare Energien, die nicht aus Steuergeldern finanziert wird und damit keine Beihilfe nach EURecht darstellt, mit direkten steuerlichen Subventionen für die Atomkraft gleichzustellen.

Zudem gebe es keine Vergleiche, wie stark die gestiegenen Kosten für Energierohstoffimporte die Preise für die Energiekunden und die öffentlichen Haushalte belastet haben oder wie stark in Deutschland die Erneuerbaren Energien die Industriestrompreise gesenkt haben, erklärt Fell weiter. Und auch bei weiteren Vorschlägen türke die EU-Kommission ihre Argumente, indem sie die längst widerlegte Behauptung aufstellt, daß die Solarenergie in südlichen Regionen und Windenergie in stürmischen Regionen günstiger erzeugt werde. Dies mißachte, daß die hohen Kosten für die Infrastruktur, zum Beispiel mit langen Leitungen zu den Verbrauchszentren, die Kosten dieser Erneuerbaren Energien gegenüber der dezentralen Erzeugung massiv verteuern würden. Das Papier sei auch ein erneuter Versuch der EU-Kommission, das erfolgreiche deutsche Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zu Fall zu bringen. So werde ganz offen die Abschaffung des EEG zugunsten von Quotenregelungen gefordert, die die EU-Kommission selbst in früheren Studien als eindeutig teurer und ineffizienter einstufte.

Die Quelle für die Förderung der Erneuerbaren Energien gab die EU-Kommission übrigens mit der Internationalen Energieagentur an. Eine Quelle für die viel zu niedrig angesetzten Atomenergiesubventionen wird allerdings nicht genannt oder konnte vielleicht einfach noch nicht gefunden werden, merkt Fell an.

"Weltweit beträgt die Stromproduktion aus Atomkraftwerken nur mehr 10%. Damit ist die Atomstromproduktion auf das Niveau der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückgegangen. Atomare Ausbaupläne in Großbritannien, Frankreich und Tschechien stehen aus wirtschaftlichen Gründen auf der Kippe und gerade deswegen machen sich nun diese Mitgliedstaaten für nationale Subventionen für Atomkraft stark. Der Niedergang der Atomlobbyisten soll mit Hilfe der EU-Kommission aufgehalten werden", kritisieren Roland Egger und Gabriele Schweiger, Sprecher der Organisation atomstopp_oberoesterreich (www.atomstopp.at).


Links zu dem nicht-öffentlichen Papier der EU-Kommission (es liegt in eingescannter Form vor mit jeweils nur Vorder- u. Rückseite):
http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=833&Itemid=77
und http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=834&Itemid=77


Der Artikel ist auf der Website des Strahlentelex zu finden unter
http://www.strahlentelex.de/Stx_13_644-645_S11-12.pdf

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Quelle:
Strahlentelex mit ElektrosmogReport, November 2013, Seite 11-12
Herausgeber und Verlag:
Thomas Dersee, Strahlentelex
Waldstr. 49, 15566 Schöneiche bei Berlin
Tel.: 030/435 28 40, Fax: 030/64 32 91 67
E-Mail: Strahlentelex@t-online.de
Internet: www.strahlentelex.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2014