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FRAGEN/002: Haiti - Wiederaufforstung geplant, Umweltminister Jean François Thomas im Gespräch (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. März 2013

Haiti: Wiederaufforstung geplant - Umweltminister Jean François Thomas im IPS-Gespräch

von Patricia Grogg


Bild: © Jean Reniteau/IPS

Haitis Umweltminister Jean François Thomas
Bild: © Jean Reniteau/IPS

Puerto Príncipe, 22. März (IPS) - Dürren und Überschwemmungen, Wirbelstürme und eine für die Ernährungssicherheit bedrohliche Bodenerosion machen Haiti zu einer leichten Beute für den Klimawandel. Mit einem im Januar aufgelegten Makroplan soll nun die Reißleine gezogen werden, wie der Umweltminister des karibischen Inselstaates, Jean François Thomas, berichtet.

"Unser Land ist allein schon aufgrund seiner Beschaffenheit abrupten Veränderungen ausgesetzt, die uns in besonders prekäre Situationen bringen", erläutert der seit Januar amtierende Umweltminister im IPS-Interview. "Schon der Inselcharakter bringt Haiti in eine schwierige Lage."

Das größte Problem sei jedoch der Mangel an Wald. Dadurch werde jedes noch so kleine Unwetter zur großen Überschwemmung, so Thomas. Die Wiederaufforstung des Landes stehe deshalb auch im Mittelpunkt eines neuen ökologischen Makroplanes, der zu Beginn des Haitianischen Umweltjahres 2013 gestartet wurde. Es folgen Auszüge aus dem Gespräch.

IPS: Worin besteht die neue Strategie Haitis im Kampf gegen die Klimakrise?

Jean François Thomas: Eine erste Achse ist die Umweltbildung. Wir wollen das Thema in alle Schulen des Landes bringen, damit sich die jungen Menschen in den Prozess integriert fühlen. Wir sind überzeugt, dass gute Sensibilisierungs- und Bildungsprogramme einem weniger aggressiven Umgang mit der Natur förderlich sind.

Achse Nummer zwei ist die Wiederaufforstung. Leider, und das zuzugeben schmerzt, ist Haiti nur zu zwei Prozent seines Territoriums mit Wald bedeckt. Wenn wir weitermachen wie bisher, dann reicht eine Stunde Regen aus, um eine Katastrophe auszulösen. Diese unhaltbare Situation muss dringend korrigiert werden. Wir hoffen, dass wir mit unserem Plan innerhalb der nächsten drei Jahre die Waldfläche Haitis auf 4,5 bis fünf Prozent vergrößern können.

Mit Hilfe der Dominikanischen Republik, Kubas, Mexikos und vieler anderer Staaten, die sich uns verbunden fühlen, werden wir den Prozess der Wiederaufforstung entschieden vorantreiben. Es gibt bereits bilaterale Abkommen, von deren Umsetzung wir uns einen Wandel versprechen.

IPS: Sieht der Plan auch alternative Methoden der Energieversorgung für die von Holz und Holzkohle abhängige Bevölkerung vor?

Thomas: Ja, ich würde die alternative Energieversorgung als dritte Achse bezeichnen. Wir müssen den Menschen andere Möglichkeiten der Energiegewinnung anbieten anstatt sie zu bestrafen.

Es gibt eine Vielzahl von Untersuchungen, die sich mit neuen Techniken der Energiegewinnung und alternativen Energiequellen befassen. Energiesparsame Kochherde und andere Geräte können den Druck auf die Wälder maßgeblich verringern.

Die vierte Achse, auf der wir aufbauen, ist die Umweltkontrolle, die mir seit fast acht Jahren obliegt. Es wird Zeit, dass wir die bestehenden Gesetze und Normen einhalten, damit die Natur gesunden kann.

Es gibt Umweltsünder, die aus der Not heraus handeln. Doch dann gibt es diejenigen, denen es nur um Profite geht, denen die Umwelt völlig egal ist. Aus diesem Grund müssen wir für die notwendigen Gesetze sorgen, damit wir mit ganzer Kraft Umweltkontrollsysteme schaffen können.

IPS: Was erneuerbare Energien betrifft - an welche denken Sie da?

Thomas: Ich denke an den Aufbau von Zentren, die Sonnenkraft generieren und auf die wir große Hoffnungen setzen. Wir haben bereits damit begonnen, Solarkocher zu produzieren. Damit wollen wir den Gemeinden helfen, den Druck auf die natürlichen Ressourcen wegzunehmen.

Bild: © Jean Reniteau/IPS

Werben für Solarkocher
Bild: © Jean Reniteau/IPS

IPS: Sieht sich Haiti in der Lage, die Anpassung an den Klimawandel in nationalen Wirtschaftsentwicklungsplänen zu berücksichtigen?

Thomas: Haiti befindet sich in einer Notfallsituation und hat somit gar keine andere Wahl, als Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Darin sind wir uns alle einig. Es laufen bereits Programme, durch die die Menschen lernen, sich an die Veränderungen anzupassen.

IPS: Die Weltkulturorganisation UNESCO hat das haitianische Gebiet La Selle im Februar zum Weltbiosphärenreservat erklärt. In wieweit wird diese Aufwertung dem Land helfen?

Thomas: Das Biosphärenreservat, das erste Haitis, wird für eine bessere Integration des Menschen in die Umwelt sorgen. Dabei geht es nicht allein darum, die natürlichen Ressourcen zu schützen, sondern den Menschen zu zeigen, wie sie im Einklang mit der Natur leben und ihre Lebensbedingungen verbessern können, ohne der Umwelt zu schaden. Darüber hinaus entstehen Arbeitsplätze.

Auch der wissenschaftliche Prozess, der damit eingeleitet wird, ist interessant. Doch am wichtigsten ist, dass die Menschen lernen, das zu schützen, auf das sie angewiesen sind. (Ende/IPS/kb/2013)

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Flussbett des Rio Grise in Haiti
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http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102535

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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2013