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KLIMA/315: Barbuda - Ringen mit der rauen See, Klimawandel zwingt Inselbewohner zum Handeln (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Juli 2014

Barbuda: Ringen mit der rauen See - Klimawandel zwingt Inselbewohner zum Handeln

von Desmond Brown


Bild: © Desmond Brown/IPS

Der Meeresbiologe John Mussington und die Archäologin Sophia Perdikaris
Bild: © Desmond Brown/IPS

Codrington, Barbuda, 1. Juli (IPS) - Das 1.800 Einwohner zählende Eiland Barbuda, Teil des karibischen Inselstaates Antigua und Barbuda, sucht derzeit nach adäquaten und nachhaltigen Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel. Denn die Folgen der globalen Erderwärmung werden in diesem Teil der Welt besonders deutlich spürbar sein.

Nicht nur, dass Überschwemmungen und Wirbelstürme das Leben der lokalen Bevölkerung bedrohen. Auch die traditionelle Nahrungsmittelproduktion steht auf dem Spiel. Aus diesem Grund arbeiten Wissenschaftler derzeit an Alternativen, um ein Überleben auf der flachen Insel zu ermöglichen.

Zunächst hatte es Sophia Perdikaris als Archäologin nach Babuda verschlagen. Nach Hurrikan 'Georges' 1998 war man auf ein menschliches Skelett aus der Zeit von etwa 450 vor Christus gestoßen, wie die Professorin für Anthropologie und Archäologin am Brooklyn College an der Universität von New York berichtet. Diese und andere durch den Wirbelsturm freigelegten Funde sind inzwischen in einem neuen Museum untergebracht.

Perdikaris zufolge ließen einige Funde Rückschlüsse auf Klimaveränderungen zu, wie sie sich zur gleichen Zeit während der kleinen Eiszeit im Norden Europas abgespielt hätten. "Sie gleichen denen, die wir in Grönland, Island aber auch an der Nordküste Afrikas entdeckt haben", berichtet sie. Folglich sei Barbuda nicht nur eine kleine Insel in der Karibik, sondern Teil einer Region, die sich mit größeren, den atlantischen Raum betreffenden Klimaumwälzungen konfrontiert sehe. "Doch was bedeutet das für das künftige Leben der Menschen, und was können sie tun?"


Anpassungsfähig und innovativ

Der Wissenschaftlerin zufolge ist die Bevölkerung grundsätzlich sehr anpassungsfähig. "Dank ihrer erstaunlichen Kompetenz werden sich Lösungen finden lassen. Sie sind sich selbst die besten Experten", ist sie überzeugt. "Unsere Aufgabe besteht darin, genügend Informationen zusammenzutragen, um die Herausforderungen zu evaluieren und die Finanzierungsquellen und Technologien zu beschaffen, um Anpassungsmaßnahmen durchzuführen."

Wie Perdikaris weiter erläutert, finden an verschiedenen Punkten der Insel regelmäßige Erosionskontrollen statt. Auch wird überprüft, ob bereits Meerwasser in die Brunnen eintritt und somit die drei unterhalb von Barbuda befindlichen Süßwasser-Aquifere versalzt. Darüber hinaus werden Aquaponikprojekte durchgeführt. Aquaponik steht für ein Verfahren, das Fischzucht in Aquakultur und die Herstellung von Nahrungspflanzen in Hydrokultur kombiniert.

"Die Meeresressourcen schwinden. Und in Dürrezeiten erweist sich die Landwirtschaft als schwierig. Deshalb haben wir eine Aquaponikanlage entwickelt", berichtet Perdikaris. Die Erderwärmung zwinge die Menschen des kleinen Eilands dazu, ihre Lebensweisen zu verändern und Maßnahmen zu ergreifen, die ihnen eine Zukunft geben. In den Tanks werden derzeit 4.500 Barsche gezüchtet.

"Aufgrund der Gletscherschmelze infolge des Klimawandels rückten die Fragen, wie viel von der Insel und in welcher Zeit im Meer versinken wird, in den Vordergrund", meint die Expertin und fügt hinzu: "Ein tief liegendes Eiland wie Barbuda büßt nicht nur Land, sondern auch seine Korallenriffe ein."

Dem Meeresbiologen und Umweltschützer John Mussington zufolge darf die Warnung von Wissenschaftlern, dass das rund 160 Quadratkilometer große Inselterritorium zu den klimaanfälligsten Flecken der Welt gehört, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Barbuda sei extrem flach, die höchste Stelle erreiche gerade einmal 30,5 Meter. Es bestehe zu einem Drittel aus Lagunen und Feuchtgebieten und einem weiteren Drittel aus Tiefland.

"Wir können davon ausgehen, dass das eine Drittel Feuchtgebiet und das eine Drittel Tiefland zwei Drittel Feuchtgebiet ergeben werden", warnt Mussington. "Damit bleibt uns gerade einmal eine Fläche von 54,4 Quadratkilometern für Landnutzungs- und Ernährungszwecke."


Alternative Nahrungsmittel aus Aquaponik-Kreisläufen

Die Tradition, von den Erträgen der Erde zu leben, wird sich in Zeiten des Klimawandels in Barbuda nicht halten lassen, befürchtet Mussington. "Wenn wir überleben wollen, müssen wir uns den Herausforderungen stellen." Die Aquaponik-Technologie soll dazu beitragen, dass die Menschen auch weiterhin mit Fisch und Gemüse versorgt werden können.

"Wir brauchen Lösungen, um weiterhin auf Barbuda leben zu können", betont der Wissenschaftler. "Der Klimawandel wird unseren Korallen und unseren Küstengebieten schaden. Auch deshalb wollen wir die Aquaponik voranbringen." (Ende/IPS/kb/ 2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/06/tiny-barbuda-grapples-with-rising-seas/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2014