PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2018
Todeszonen im Meer
von Sandra Lemmerz
In vielen Bereichen des Ozeans wird der Sauerstoff knapp: In den letzten Jahren sind sauerstoffarme und -freie Gebiete im Meer, sogenannte Todeszonen, vor allem in Küstennähe um ein vielfaches gewachsen. Ihre Ursachen sind Umweltverschmutzung und Klimawandel. Der Sauerstoffgehalt in diesen Zonen sinkt auf unter zwei Milligramm pro Liter Wasser und macht so ein Leben für Meerestiere unmöglich. Fische, Krebse und andere Meeresbewohner fliehen oder sterben. Es gibt auch natürliche Vorkommen von sauerstoffarmen Meeresgebieten, aber besonders die Zonen in Flussmündungsgebieten sind meist menschengemacht.
Bild: CC-BY-SA PETRABOECKMANN.DE / MEERESATLAS 2017 /Quelle: EPA (Diagramm) / GRIDA / USDA (Karte)
Sauerstoffarme Gebiete in Küstennähe werden häufig durch die intensive Landwirtschaft verursacht. Eine der größten Todeszonen umfasst eine Fläche von 20.000 Quadratkilometer und befindet sich im Golf von Mexiko vor dem Mississippi-Delta. Die Gründe dafür liegen stromaufwärts des Mississippis, etwa 2.000 Meter den Fluss entlang. Dort befindet sich der sogenannte "Corn Belt", der "Maisgürtel" der USA. Er heißt so, weil hier etwa 50 Prozent des Maisanbaus der USA stattfinden. Inzwischen wird neben Mais aber auch verstärkt Soja angebaut und Schweinezucht im großen Stil betrieben. Man könnte also mittlerweile von einem "Mais-Soja-Schweinemastgürtel" sprechen.
Bild: CC-BY-SA PETRABOECKMANN.DE / MEERESATLAS 2017 / LUMCON
Um möglichst hohe Erträge zu erwirtschaften, werden riesige Mengen Kunstdünger eingesetzt. Dazu kommen Abfallprodukte aus der Schweinemast: Unmengen an Gülle werden auf den Feldern verteilt. Der Überschuss landet in Form von Nitraten und Phosphaten im Grundwasser und gelangt über das Mississippi-Missouri-Flusssystem ins Meer. Dort "düngt" er dann Algen und Phytoplankton.
Diesen Vorgang der Überdüngung beziehungsweise der Nährstoffanreicherung bezeichnet man in der Fachsprache als Eutrophierung. Der überschüssige Dünger, der von den Nutzpflanzen nicht aufgenommen werden kann, wird ins Meer gespült und kurbelt dort das Wachstum von Algen an. Danach sterben die Algen ab, sinken zu Boden und werden dort von Bakterien zersetzt. Diese verbrauchen dabei den letzten Sauerstoff im Wasser und es entstehen Sauerstoff-Minimum-Zonen, die Todeszonen.
Bild: CC-BY-SA PETRABOECKMANN.DE / MEERESATLAS 2017 / WRI / PAULMIER & RUIZ-PINO
Vor unserer Haustür befindet sich in der Ostsee eine riesige Todeszone, in der dauerhaft ein sehr geringer Sauerstoffgehalt herrscht. Die Fläche hat sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts mehr als verzehnfacht und ist mit mehr als 60.000 Quadratmetern die flächenmäßig größte Zone weltweit.
Bei der Ostsee handelt es sich um einen speziellen Fall, da der Sauerstoffmangel sehr stark durch die geologische Struktur vorgegeben ist. Die Ostsee ist ein flaches Binnenmeer und mit den angrenzenden Gewässern findet nur sehr selten (alle 10 bis 15 Jahre) ein Wasseraustausch statt. Durch die gestiegenen Temperaturen erwärmt sich das Wasser im Meer und es kann nicht mehr so viel Sauerstoff aufnehmen wie kaltes Wasser. Zusätzlich kommt es auch hier durch überdüngte Felder zu hohen Stickstoff- und Phosphateinträgen. Riesige Mengen Biomasse gingen so bereits verloren. Wertvolle Fischsorten wie der Kabeljau sind davon betroffen, denn auch in den Teilen der Ostsee, in denen der Kabeljau seine Eier ablegt, sind die Todeszonen gewachsen und haben den Fisch aus seinen Laichgründen vertrieben.
Um eine Verringerung der Nährstoffeinträge in die Ostsee zu gewährleisten, ist eine Reduktion des Einsatzes von Düngemitteln in der Landwirtschaft dringend nötig. Die Ausarbeitung eines wirksamen Klimaschutzes und die Einhaltung von vernünftigen Grenzwerten für Nitrat im Grundwasser sind ebenfalls unumgänglich. Wissenschaftler empfehlen zudem die Errichtung von Meeresschutzzonen am Rand der Sauerstoff-Minimum-Zonen. In diesen Gebieten sollte nicht gefischt werden, damit sich Fische hierhin zurückziehen können.
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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2018, Seite 25-27
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2019
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