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PROJEKT/004: Pakistan - Bambus, Lehm und Ziegel, nach der großen Flut wird in Sindh ökologisch gebaut (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. August 2011

Pakistan: Bambus, Lehm und Ziegel - Nach der großen Flut wird in Sindh ökologisch gebaut

Von Zofeen Ebrahim


Karatschi, Pakistan, 8. August (IPS) - Nach den katastrophalen Überschwemmungen des letzten Sommers, die in Pakistan Millionen Menschen obdachlos machten, hat Subhan Khatoon aus dem Bezirk Khaipur in der Provinz Sindh wieder ein Dach über dem Kopf. Jetzt lebt sie mit ihrer Familie in einem nagelneuen Haus mit Küche und Toilette - ein Luxus, von dem die 45-Jährige zuvor nie zu träumen gewagt hätte.

Khatoons völlig zerstörtes Dorf Darya Khan Sheikh verdankt seinen Wiederaufbau dem ökologisch ausgerichteten Projekt 'Green Karavan Ghar' des zivilen Think-Tank 'Heritage Foundation' (HF). Die Initiative setzt beim Häuserbau auf einheimische Naturmaterialien wie Bambus, Lehm und Ziegel, die leicht und kostengünstig zu beschaffen ist.

"Junge Architekturstudenten müssen lernen, traditionelle Methoden des Häuserbaus zu respektieren und beim Bau ohne Holz, Stahl und Zement auszukommen", betonte die Initiatorin Yameen Lari gegenüber IPS. Als Pakistans erste Architektin hatte sie 1984 die Heritage Foundation ins Leben gerufen. Anfangs konzentrierte sich ihre Arbeit auf die Dokumentierung historischer Gebäude und auf deren Erhalt. Inzwischen gehört auch der Wiederaufbau in durch Katastrophen verwüsteten Regionen zum Programm.

"Vier einheimische Arbeiter und vier Fachstudenten können ein solches Haus in kaum mehr als einer Woche bauen", erläuterte der für den besonders schwer von den Fluten betroffenen Bezirk Khaipur zuständige Projektleiter Naeem Shah. Für Dorfbewohner wie Khatoon, die mit ihren Familien sechs Monate lang unter freiem Himmel kampierten und von Almosen leben mussten, spielt das Tempo des Wiederaufbaus eine wichtige Rolle.

Im Bezirk Swat in der pakistanischen Nordwestprovinz Khyber Pakhtunkhwa ist ein ähnliches Wiederaufbauprojekt angelaufen. Inzwischen sind in Sindh, am Unterlauf des Indus, in zwei Dörfern mehr als 100 Häuser in ökologischer, kaum CO2 emittierender Bauweise entstanden. Sie kosten umgerechnet 647 US-Dollar.


Erdbebenerprobt

"Schon nach dem schweren Erdbeben, das 2005 den Norden erschütterte, haben wir stabile Häuser aus natürlichem Material gebaut, denen heftige Regenfälle und ein Meter Schnee nichts anhaben können", berichtete Shah. Er bemühte sich, den Dörflern in Sindh die Sorge um die Standfestigkeit ihrer neuen Häuser zu nehmen, wenn wieder einmal besonders heftige Monsumregen ihre Region unter Wasser setzen. "Diese Häuser halten mindestens 20 Jahre", versicherte er. "Bei der nächsten Flut bleiben die Wände stehen, allenfalls der Verputz muss erneuert werden."

Vielen Menschen in und um Darya Shah Khan hat das Naturhaus-Projekt auch einen wirtschaftlichen Neubeginn beschert. So werden in einem Nachbardorf die für die Dächer benötigten Schilfrohrmatten geflochten. Auch die aus Dattelpalmen bestehenden Trennwände für die Baderäume kommen aus der Nachbarschaft.

Die Initiative der Heritage Foundation belässt es aber nicht beim Wiederaufbau der zerstörten Dörfer. "Abends klärten die hier arbeitenden Architekturstudenten die Dörfler über die Zweckmäßigkeit von Sauberkeit in den Straßen und allgemeiner Hygiene wie etwa das Händewaschen auf", berichtete der örtliche Projektleiter Shah. "Seitdem wir ihnen vorgeschlagen haben, das Vieh anstatt in Hausnähe auf einer gemeinsamen, umzäunten Weide unterzubringen, tritt man auf den Straßen nicht mehr ständig in Kuhfladen."

An den Neuerungen, die das Wiederaufbauprojekt nach der Flut gebracht hat, schätzen die Frauen im Dorf ganz besonders den achteckigen Stelzenbau, in dem sie endlich unter sich sein können. "Einen solchen Ort gab es hier bislang nicht", berichtete Shahun Bibi. "Hier treffen wir uns, sprechen über unsere Sorgen und Probleme und beraten über Möglichkeiten, mit ihnen klar zu kommen", begrüßte die 30-Jährige die Einrichtung des Frauenzentrums. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2011