Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

PROJEKT/008: Yacouba Sawadogo, der "Mann, der die Wüste aufhielt" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2011

Umwelt: Yacouba Sawadogo, der 'Mann, der die Wüste aufhielt'

von Mantoe Phakathi


Changwon, Südkorea, 20. Oktober (IPS) - Yacouba Sawadogo ist nur ein einfacher Bauer, doch hat er seinem Dorf im Nordwesten von Burkina Faso einen elementaren Dienst erwiesen. 'Der Mann, der die Wüste aufhielt', rettete die Böden von Gourga vor der Verödung. Als er vor 30 Jahren damit begann, auf seinem Land Bäume zu pflanzen, hielt man ihn für verrückt.

Doch inzwischen kehren die Menschen in den Ort zurück, aus dem sie die vorrückende Wüste vertrieben hatte. Auch Umweltexperten und Wissenschaftler kommen nach Gourga, um das Wunder zu bestaunen, das Sawadogo mit seiner Familie vollbracht hat.

Aus der Geschichte hat der Regisseur Mark Dodd einen preisgekrönten Film gedreht. 'Der Mann, der die Wüste aufhielt' ('The Man who Stopped the Desert'), lautet der Titel des Streifens, der auf der zehnten Vertragsstaatenkonferenz (COP10) der UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung (UNCCD) gezeigt wurde, die vom 10. bis 21. Oktober im südkoreanischen Changwon stattfindet.

Ursprünglich war es dem Bauern darum gegangen, das unfruchtbar gewordene Land durch eine nachhaltige Nutzung des Regenwassers zu regenerieren. Er erkannte, dass die von den Ureinwohnern traditionell angelegten Wasserlöcher viel zu klein waren, um ausreichend Regenwasser zu speichern. So hub er größere Löcher aus. Darüber hinaus begann er damit, das Land zu bewalden. "Als ich die ersten Bäume pflanzte, dachten alle, ich sei verrückt geworden", berichtete der in die Jahre gekommene, polygame Farmer auf der COP10 vor Delegierten.


Aus Bäumen wurde ein Wald

Die Bäume sind mittlerweile zu einem 15 Hektar großen und artenreichen Wald zusammengewachsen, und heute macht Sawadogos Experiment in der dürregeplagten Sahelzone Schule, die sich über eine Länge von 1.000 Kilometern vom Atlantischen Ozean bis zum Roten Meer erstreckt.

Wie Chris Reij vom 'Centre for International Cooperation' auf der Konferenz in Changwon betonte, können Agraringenieure eine Menge von Sawadogo lernen. "Hätte Yacouba die Möglichkeit gehabt, zur Schule zu gehen, wäre er sicher Professor geworden", meinte er schmunzelnd. "Wissenschaftler besuchen ihn, um von seinem Wissen zu profitieren."

Dazu zählt auch Dorcas Kaiser, eine Termitenforscherin, die von den Kleinbauern in Gourga viel über die Bedeutung der Insekten für die Wiederurbarmachung von Land erfahren hat. "Für mich wurde ein Traum wahr, als ich die Rolle von Termiten bei der Bodenrestauration studieren durfte", sagte sie.

Reij zufolge konnte eine Vielzahl kostspieliger Anstrengungen das Problem der Wüstenbildung nicht lösen. "So waren es die kleinen Bauern, denen das gelang, woran globale Agenturen gescheitert sind."

Auch der UNCCD Exekutivsekretär Luc Gnacadja unterstrich auf der COP10 die Rolle der Kleinbauern bei der Begrünung Afrikas. Ihre besonderen Methoden müssten endlich gewürdigt werden. Immerhin hätten sie in Afrika mit Wiederaufforstungsmaßnahmen und der Verwendung von natürlichen Düngemitteln mehr als sechs Millionen Hektar erodiertes Land wieder urbar gemacht. Die Regierungen forderte er auf, in die Farmer zu investieren.

Mohamed Bakarr von der Globalen Umweltfazilität (GEF) kann dem nur zustimmen. Indigene wie Sawadogo hätten bewiesen, dass sich auch mit wenig Geld Großes erreichen lasse. "Jede Politik, die Menschen das Recht auf Land und Bäume abspricht, ist kontraproduktiv", warnte er. GEF hilft afrikanischen Regierungen dabei, die nötigen Voraussetzungen für eine wirksame Bekämpfung der Desertifikation zu schaffen.


Entwicklungsprojekt bedroht Lebenswerk

Sawadogo ist es zwar gelungen, Gourga zu retten, doch nun droht ihm der Verlust von Land und Wald. Weil er keine regulären Landtitel besitzt, soll das Traditionsland nach dem Willen der burkinischen Regierung nun für ein Entwicklungsvorhaben verwendet werden. Die Bauarbeiten sind bereits angelaufen.

Der neue staatliche Landbebauungsplan sieht unter anderem den Bau eines Hauses auf dem Grab von Sawadogos Vater vor. Diese Aussicht empört den Wüstenbezwinger ebenso wie der bevorstehende Verlust seines mühsam geschaffenen Waldes. Verhindern lässt sich das Projekt nur, wenn er sein Land 'zurückkauft' - eine gleichermaßen ungerechte wie unbezahlbare Option. Allein für den Wald verlangt die Regierung 100.000 Euro. "Was Yacouba begonnen hat", meinte dazu Reij auf der COP10, "muss unbedingt bewahrt werden". (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.unccd.int/cop/cop10/menu.php
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=105529

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2011