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PROJEKT/016: Guatemala - Entwicklungsprojekt in Maya-Biosphärenreservat ausgesetzt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. Mai 2012

Guatemala: Entwicklungsprojekt in Maya-Biosphärenreservat ausgesetzt

von Danilo Valladares



Guatemala-Stadt, 31. Mai (IPS) - In Guatemala liegt seit dem letzten Regierungswechsel ein Projekt auf Eis, das den Schutz und die Entwicklung des Maya-Biosphärenreservats im nördlichen Bezirk Petén vorsieht.

"Mir scheint, als ob das Vorhaben nicht fortgesetzt wird", sagte Javier Márquez von der Umweltgruppe 'Defensores de la Naturaleza' (Naturschützer). "Dabei ist 'Cuatro Balam' eine sehr gute Initiative."

'B'alam' heißt in mehreren Maya-Sprachen 'Jaguar', während 'cuatro' das spanische Wort für vier ist. Cuatro Balam ist außerdem eine Anspielung auf die vier Protagonisten in dem heiligen Buch 'Popol Vuh' der K'iché Maya, die mit den vier Himmelsrichtungen in Verbindung stehen.

Das Projekt wurde 2008 von dem damaligen Staatspräsidenten Alvaro Colom begonnen, der bis Januar 2012 im Amt war. Ziel war die Förderung des Ökotourismus in dem Maya-Biosphärenreservat, einem Schutzgebiet von mehr als 21.000 Quadratkilometern, das neben Naturparks auch archäologische Stätten wie El Mirador, Tikal, Uaxactún und Piedras Negras umfasst. Die Weltkulturorganisation UNESCO hatte das Gebiet 1990 zum Biosphären-Reservat erklärt.

Cuatro Balam sollte über einen Zeitraum von 15 Jahren (2008 bis 2023) durch öffentliche und private Investitionen Forschungsaktivitäten und Schutzmaßnahmen ermöglichen. Die lokalen Gemeinden sollten aktiv daran beteiligt werden.


1,5 Millionen Touristen angestrebt

Eines der Ziele war eine Erhöhung der Touristenzahlen auf jährlich 1,5 Millionen. Dazu war unter anderem der Einsatz eines geräuscharmen Elektrozugs mit Panoramascheiben geplant, der mit 16 Stundenkilometern durch den Regenwald fahren sollte. Vorgesehen war zudem die Gründung einer Universität für Artenvielfalt, die sich mit der Erforschung der Umwelt befassen und die einheimischen Spezies klassifizieren sollte. Ein neues Zentrum für Maya-Studien sollte außerdem die Geschichte der Ureinwohnervölker aufarbeiten.

"Das Projekt förderte die Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und den Dorfgemeinschaften zur Stärkung der nachhaltigen Entwicklung", sagte Márquez. Oberstes Ziel sei der Ausbau von Petén zum Touristenziel gewesen. Mehrere große Infrastrukturprojekte wie Straßen und Hotels, die die Artenvielfalt in der Biosphäre hätten beeinflussen können, seien geplant aber niemals umgesetzt worden.

Das Maya-Biosphärenreservat ist ein großer Streifen Regenwald im Grenzgebiet zu Mexiko und Belize. Tausende Tier- und Pflanzenarten sind dort heimisch. Zudem sind in dem Gebiet archäologische Stätten zu finden, die zum Teil Tausende von Jahren alt sind. Tikal und El Mirador beispielsweise sind antike Städte mit zahlreichen Gebäuden, Tempeln und Monumenten.

Diese Natur- und Kulturschätze werden heute durch illegale Aktivitäten wie den Handel mit Drogen, Menschen und wildlebenden Tieren gefährdet. Auch Landbesetzungen, Viehzucht, Waldfeuer und unerlaubter Holzschlag schädigen die Umwelt.

Dennoch sieht für die Naturschützer alles danach aus, als habe die im Januar vereidigte Regierung von Präsident Otto Pérez Molina, der bis 2016 amtieren wird, den ambitionierten Schutzplan bis auf weiteres ausgesetzt. Auf der Website des nationalen Rats für Schutzgebiete ist kein Hinweis darauf zu finden. Die Mitarbeiter der Behörde wollten sich zu dem Thema nicht äußern.

"Es hat in der Sache keine Bewegung mehr gegeben", beschwerte sich Carlos Kurzel von der Vereinigung der Waldgemeinden von Petén, in der sich 23 Bauern- und Indigenen-Organisationen zusammengeschlossen haben. Sie wollen gemeinsam den Wald bewirtschaften, um sich durch Ökotourismus und andere Aktivitäten eine Existenz aufzubauen.


Öffentliche Sicherheit verbessert

Vor dem Regierungswechsel seien die Behörden für einen Dialog mit den lokalen Gemeinden offen gewesen, sagte Kurzel. Das sei eines der größten Verdienste von Cuatro Balam gewesen. Durch den koordinierten Einsatz von Polizei, Armee, Umweltbehörden und nichtstaatlichen Organisationen sei auch die öffentliche Sicherheit in der Biosphäre entscheidend verbessert worden.

Wie die Guatemaltekische Nachrichtenagentur berichtete, konnte im September 2011 ein illegal besetztes Waldgebiet von 138.000 Hektar Größe geräumt werden. Laut Kurzel wurde zudem intensiv über Maßnahmen diskutiert, die den Tourismus in El Mirador ankurbeln sollten.

Außer Cuatro Balam gibt es noch weitere Initiativen, um Urlauber nach Petén zu bringen. So wirbt das El Mirador-Projekt um Besucher für die bisher weniger bekannte Ausgrabungsstätte aus der vor-klassischen Maya-Periode von 1000 vor bis 300 nach Christus. Eines der bemerkenswertesten architektonischen Leistungen ist der größtenteils überwucherte La Danta-Tempel, der als größte Maya-Pyramide gilt. Er ist 300 Meter breit, 600 Meter lang und 72 Meter hoch.

Projektkoordinatorin Hilda Morales erklärte, dass bisher 480 Menschen in Qualitätsmanagement, Maya-Kultur, Englisch, Kochen und anderen Fertigkeiten fortgebildet wurden. Das Projekt wird seit 2009 von der Stiftung für die Entwicklung Guatemalas (Fundesa) durchgeführt. 70 Prozent der Finanzmittel in Höhe von insgesamt 1,3 Millionen US-Dollar kommen von der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) und der Rest von der guatemaltekischen Regierung.

Ein Forscherteam unter Leitung des US-Archäologen Richard Hansen und des staatlichen Guatemaltekischen Instituts für Anthropologie arbeitet seit 1987 an der Ausgrabung von El Mirador.

Das 'Mirador-Becken-Projekt' befasst sich mit den Anfängen, der Entwicklung und dem Untergang der Maya-Zivilisation im Norden des zentralamerikanischen Landes. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:
http://www.defensores.org.gt/
http://www.acofop.org/
http://www.asociacionbalam.org/
http://www.famsi.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=100838
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107951

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 31. Mai 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012