Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

PROJEKT/021: Madagaskar - Neue Schule aus Öko-Ziegeln trotzt Regen, Hitze und Wirbelstürmen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juni 2012

Madagaskar: Neue Schule aus Öko-Ziegeln trotzt Regen, Hitze und Wirbelstürmen

von Alain Raktondravony


UNICEF hat in Madagaskar umweltverträgliche Schulen gebaut - Bild: © Alain Raktondravony/IPS

UNICEF hat in Madagaskar umweltverträgliche Schulen gebaut
Bild: © Alain Raktondravony/IPS

Antananarivo, 28. Juni (IPS) - Für Schulkinder in dem Dorf Marolondo in Madagaskar fällt in diesem Jahr nicht mehr der Unterricht aus, wenn in der Sturmsaison heftiger Regen fällt. Das Weltkinderhilfswerk UNICEF hat dabei geholfen, eine neue Schule zu bauen, in den die Kinder vor Windböen, Niederschlägen und Sonne sicher sind. Ähnliche Projekte sind in anderen Regionen der Insel geplant.

Die Überreste des Holzhauses, in dem früher unterrichtet wurde, sind inzwischen ein Spielplatz. Die elfjährige Angita, die in dem Ort im Distrikt Fénérive-Est, 450 Kilometer nordöstlich der Inselhauptstadt Antananarivo, die dritte Grundschulklasse besucht, freut sich über das neue Gebäude.

"Es ist sehr schön, in diesen Klassen zu lernen", sagt Angita. "Die Sonne sticht uns hier nicht, und wenn es regnet, sind wir geschützt." Daniel Timme von UNICEF Madagaskar, erklärt, dass das Dach so konstruiert wurde, dass in den Räumen keine große Hitze entstehen kann.

Die alte Schule wurde 2008 bei einem Wirbelsturm zerstört. Seitdem fand der Unterricht behelfsmäßig in Zelten statt. "Dort war es sehr heiß, und ich wollte immer schlafen", erinnert sich das Mädchen.


Unterricht fiel wegen Unwettern häufig aus

Später wurden die Zelte vom Wind zerfetzt. Wenn es regnete, drang Wasser ein, und der Boden verwandelte sich in Schlamm. Die Kinder wurden deshalb nach Hause geschickt und konnten erst wieder zum Unterricht kommen, wenn das schlechte Wetter vorbei war.

Auch die Eltern der Schüler sind mit der neuen Schule, die sogar einem Zyklon standhalten kann, zufrieden. In Fénérive-Est sind heftige Wirbelstürme keine Seltenheit. Die Familien haben in solchen Situationen Angst, ihre Töchter und Söhne zur Schule zu schicken. Seit das neue Gebäude eingeweiht wurde, besuchen mehr Kinder als früher den Unterricht.

"Die Zahl der Anmeldungen für die Grundschule sind gestiegen", bestätigt der Dorfälteste Bruno Tsimitoa.

UNICEF hat für den Bau von Schulen in Marolondo und in 57 anderen Orten in Madagaskar etwa 1,3 Millionen US-Dollar bereitgestellt. Ziel ist nicht nur, im Rahmen der Strategie 'Bildung für alle' eine sichere und angenehme Umgebung für den Schulunterricht zu schaffen. Darüber hinaus sollen die Bauten die Umwelt nicht belasten.

Bis 2015 benötigt der im Indischen Ozean vor der Ostküste von Mosambik gelegene Inselstaat noch ungefähr 3.000 Klassenzimmer. Das Bildungsministerium muss außerdem 1.000 von den alljährlich auftretenden Wirbelstürmen beschädigte oder zerstörte Räume wieder instandsetzen lassen, wie UNICEF berichtet.

"Stellen Sie sich vor, welche Folgen es für die Umwelt hätte, wenn die verwendeten Ziegel auf traditionelle Weise hergestellt würden", sagt Timme. "Für zwei Klassenräume müssen etwa 14.000 Lehmziegel gebrannt werden. Dabei würde Holz im Umfang eines Hektar Waldes verfeuert. Rund 200 Tonnen CO2 würden dadurch in die Atmosphäre eintreten."

UNICEF setzte sich deshalb für umweltfreundliche Baumethoden und -materialien ein. "Statt gebranntem Lehm verwenden wir Stampflehm. Die Materialien sind hier im Ort verfügbar" sagt Jacques Ramaroson, der Koordinator der Nichtregierungsorganisation (NGO), die das Schulbauprojekt in Marolondo überwachte. "Wir mischen ein bisschen Sand und Beton bei. Wie wir mit der Erde umgehen, hängt von der Beschaffenheit des Bodens ab. Zement zur Verstärkung der Wände brauchen wir nicht, weil sich die Ziegel miteinander verbinden."


Umweltverträgliches Bauen kostet weniger

Laut Ramaroson ist das Bauen mit Stampflehmziegeln zudem um etwa ein Viertel preisgünstiger als die traditionelle Konstruktionsweise. Auch die Bauzeit wird verkürzt. Wie der NGO-Vertreter berichtet, war die Schule in Marolondo bereits nach drei Monaten fertig.

Mit ähnlichen Pilotprojekten in allen sieben Regionen Madagaskars hofft UNICEF die Kenntnisse und Fähigkeiten der Inselbewohner im Umgang mit neuen Bauweisen weiterzuentwickeln. Die neuen Schulen sollen staatlichen Institutionen und Unternehmen möglichst als Vorbild dienen. Wie Ramaroson hervorhebt, haben mehrere private Baufirmen bereits damit begonnen, die umweltfreundlichen Technologien in verschiedenen Regionen anzuwenden. (Ende/IPS/ck/jt/2012)

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Juni 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2012