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PROJEKT/022: Südafrika - Abwasser zu Dünger, Entsorgungsproblem im Griff (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Juli 2012

Südafrika: Abwasser zu Dünger - Entsorgungsproblem im Griff

von Yuven Gounden


Wissenschaftler David Still hat eine Methode gefunden, Pathogene in Fäkalien zu neutralisieren - Bild: © Yuven Gounden

Wissenschaftler David Still hat eine Methode gefunden, Pathogene in Fäkalien zu neutralisieren
Bild: © Yuven Gounden/IPS

Pretoria, Südafrika, 6. Juli (IPS) - Südafrikanische Haushalte produzieren immer mehr Abwasser. Die Sorge vor überlaufenden Abwassergruben hat eine Gruppe von Ökonomen jetzt dazu gebracht, eine andere Lösung zu suchen: Sie haben Fäkalschlamm als Dünger eingesetzt und wollen damit gleichzeitig das Ernährungsproblem des Landes angehen.

Seit 1994 sind weitere elf Millionen der mittlerweile fast 50 Millionen Einwohner Südafrikas mit Sanitäranlagen versorgt worden. Doch bis 2008 standen dem staatlichen Rat für wissenschaftliche und industrielle Forschung zufolge noch immer 13,3 Millionen Südafrikanern keine Toiletten zur Verfügung. Darüber hinaus füllen sich die Latrinen schneller als erwartet.

"Nur ein Drittel der Gemeinden hat ein ausreichendes finanzielles Budget, um Sanitäranlagen vor Ort erhalten zu können. Wenn die Abwassergruben überlaufen, dann war alle Arbeit, die bisher in den Ausbau der Sanitärversorgung gesteckt wurde, umsonst", sagt David Still, Mitglied der Wasserforschungskommission (WRC). "Warum nutzen wir den Fäkalschlamm nicht, um das Ernährungsproblem zu bekämpfen - und düngen damit Obstbäume?" Diese Frage führte schließlich zu dem Projekt 'Was passiert, wenn Abwassergruben überlaufen'.

Menschliche Exkremente - oder auch Fäkalschlamm - beinhalten wertvolle Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphat und Kalium. Jeder Mensch produziert davon so viel, dass damit pro Jahr 300 bis 400 Quadratmeter Ackerfläche gedüngt werden könnten.


Vorsicht geboten

Allerdings kann der Schlamm auch gesundheitsgefährdend sein, da er Pathogene enthält. Problematisch ist vor allem, wenn er dort oberflächlich verteilt wird, wo Nahrungsmittel angepflanzt werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass der Schlamm letztlich das Grundwasser verunreinigt.

"Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, die Nährstoffe des Schlamms nutzen zu können, während wir gleichzeitig die gefährlichen Pathogene im Schlamm fest binden, bis sie schließlich ersticken", sagt Still.

Zwei Feldversuche haben die Wissenschaftler der Wasserforschungskommission daraufhin durchgeführt: einen in Umlazi und einen in Karkloof, beide in der südafrikanischen Provinz KwaZulu-Natal gelegen. Dabei fanden die Forscher heraus, dass wenn sie den Fäkalschlamm in Gruben versenkten und darauf Pflanzen setzten, das Pathogen schließlich abstarb.

Die Gruben waren 75 Zentimeter tief und wurden mit Fäkalschlamm unterschiedlicher Menge gefüllt. Daneben beobachteten die Forscher zwei Kontrollflächen ohne Fäkalschlamm. Ziel war, das Baumwachstum zu untersuchen. Dort, wo Fäkalschlamm eingesetzt worden war, wuchsen die Bäume 80 Prozent schneller.

Die Forscher untersuchten die Versuchsfelder auch nach Pathogen-Rückständen und anderen Schadstoffen. Sfundo Nkomo, Ingenieur bei der gemeinnützigen Organisation 'Partners in Development', untersuchte das Feld in Umlazi nach Mikroben.

"Dass die Versuche funktionieren, ist eindeutig: Die Pflanzen haben schöne dunkelgrüne Blätter, und von den neun Reihen Bäumen, die gepflanzt wurden, haben sich die mit Fäkalschlamm am besten entwickelt", sagte Nkomo. Aber: "Man muss die Versuche stark überwachen, weil sie mit großen Risiken verbunden sind."

Auch das Grundwasser nahe der Versuchsfelder wurde unter die Lupe genommen. In Umlazi wurde keine Veränderung der Wasserqualität festgestellt. Umlazi ist sandig und verfügt über viel Erde. Im abschüssigen und flachgründigen Karkloof hingegen wurden nach Niederschlägen erhöhte Nitratwerte im Grundwasser festgestellt. Das lässt vermuten, dass flache Gegenden mit tiefen Bodenschichten besser für diese Art des Anbaus geeignet sind.


Hohe Kosten als Hindernis

Ein Land voller schnell wachsender, riesiger Obstbäume und Bäume für die Papierproduktion muss allerdings noch auf sich warten lassen: Die Investitionskosten sind zu hoch. "Auch wenn die Bäume besser wachsen, können damit nicht die hohen Kosten aufgefangen werden, die anfallen würden, um die Felder für diese Art des Anbaus zu präparieren", sagte Giovanni Sale, Leiter des Bereichs 'Landnutzung' des Papierunternehmens 'Sappi', auf dessen Grund der Versuch in Umlazi stattgefunden hat.

"Die Kosten übersteigen die konventionelle Nutzung um das 30-Fache", sagte er. Er kündigte allerdings an, dass seine Firma unterstützend zur Seite stünde, falls die Gemeinde selbst für die Kosten aufkommen würde. Sappi könne bei der Vermarktung des Holzes helfen und fachliche Beratung anbieten. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.pidonline.org/
http://www.ipsnews.net/2012/07/waste-not-want-not-providing-for-south-africas-food-security/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2012