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PROJEKT/029: Plastikmüll zu Treibstoff - Palästinenser entwickeln innovative Produkte (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Dezember 2012

Nahost:
Plastikmüll zu Treibstoff - Palästinenser entwickeln innovative Produkte

von Jillian Kestler-D'Amours



Ramallah, Westjordanland, 18. Dezember (IPS) - Drei Plastikflaschen mit einer farblosen Flüssigkeit stehen vor Afnan Hamad auf einem Ausstellungstisch. Die junge Frau ist stolz auf ihre Erfindung, die sie gemeinsam mit ihren Kollegen Marah Jamous, Mohammad Manasrah und Rahal Rashed auf der Messe 'Made in Palestine 2012' in Ramallah vorstellt.

"Wir haben ein Gerät entwickelt, mit dem man Plastikmüll in Benzin, Kerosin oder Dieselöl umwandeln kann", erklärt Hamad, die ihren Abschluss als Chemieingenieurin an der An-Najah-Universität in Nablus gemacht hat. "Wir würden uns freuen, wenn letztlich die Fabrik gebaut würde, die alternative Treibstoffe in Palästina produziert."

Afnan Hamad (rechts) und ihre Kollegen demonstrieren ihre Erfindung - Bild: © Jillian Kestler-D'Amours/IPS

Afnan Hamad (rechts) und ihre Kollegen demonstrieren ihre Erfindung
Bild: © Jillian Kestler-D'Amours/IPS

Zuerst war die Maschine nur ein Experiment. Jetzt kann sie zehn Kilogramm Plastikmüll fassen und neun Liter Treibstoff produzieren. Damit können zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: "Wir können einen Großteil unseres Mülls loswerden - hier in Palästina ein großes Problem. Außerdem haben wir hier keinen Sprit. Den können wir mit unserer Maschine zum kleinen Preis herstellen", sagt Hamad. Ein Liter soll umgerechnet 1,30 US-Dollar kosten.

Die Messe 'Made in Palestine', die in der zweiten Dezemberwoche stattfand, wurde bereits im siebten Jahr abgehalten. Geldgeber sind die palästinensische Organisation 'Al Nayzak' und die schwedische NGO 'Diakonia'. In diesem Jahr gab es eine Messe in Ramallah und eine im Gazastreifen. Mehr als 20 Innovationen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen wurden vorgestellt.


Wissenschaftskultur fördern

"Wir wollen wissenschaftliche Unternehmer fördern, die nicht nur forschen und entwickeln, sondern ihre Erfindungen auch produzieren und marktreif machen", sagt Maha Thaher, Sprecherin von Al Nayzak. Die Organisation will die Wissenschaftskultur fördern und junge Menschen zu kritischen Denkern erziehen. "Palästinensische Studierende haben alle möglichen Talente - die müssen wir herauskitzeln und ihnen helfen, sie weiterzuentwickeln."

Die übrigen auf der Messe in Ramallah gezeigten Objekte entsprangen ganz unterschiedlichen Bereichen. Vorgestellt wurde beispielsweise ein Multi-Tasking-Roboter, der sich in alle Richtungen bewegen kann, ohne sich drehen zu müssen. Auch eine Zwiebelpflanzmaschine wurde gezeigt. "Meine Maschine pflanzt die Knollen von alleine korrekt in die Erde", erzählt Ibrahim Da'abes. Er ist der Erfinder der Maschine und außerdem Bauer. Am Ufer des Jordans bestellt er neun Quadratkilometer Ackerfläche im Westjordanland. Er glaubt, dass man mit der Maschine die Kosten einer Farm um die Hälfte senken kann, weil man weniger Arbeitskräfte braucht.

Daneben wurden mehrere Handy-Anwendungen präsentiert. Mit einer App kann man Bücher aus der Bibliothek reservieren. Eine andere hilft das Wunschgewicht zu halten oder zu erlangen. 'Healthy Gate' fordert den Nutzer auf, Gewicht, Wunschgewicht, Alter und Ernährungsgewohnheiten einzugeben. Dann benachrichtigt die App den Nutzer im Laufe des Tages, wann er was essen soll.

"Weil es schwierig ist, ins Fitnessstudio zu gehen, machen wir es mit unserer App Menschen leicht, ihr Wunschgewicht zu halten", sagt Rasha Saffarini. Sie studiert Informatik an der Technischen Universität in Tulkarm, einer Stadt im Westen des Westjordanlandes.


Viele Erfinderinnen auf der Messe

Viele der Messeteilnehmer waren Frauen. Für Thaher zeigt das die wachsende Akzeptanz für eine wissenschaftliche Ausbildung in der palästinensischen Bevölkerung. Bisher seien die Familien meist skeptisch gegenüber dem Erfindungsgeist ihrer Töchter gewesen. "Zeitweise sind wir von Tür zu Tür gegangen, um die Eltern davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, dass sie ihre Töchter an solchen Programmen wie unseren teilnehmen und sie ihre Ideen verwirklichen lassen." Wenn die Eltern dann schließlich sehen, wie ihre Kinder in diesen Programmen aufgehen, dann fangen sie selbst an, ihre traditionellen Denkmuster zu hinterfragen. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:
http://www.alnayzak.org/en/node/418
http://www.ipsnews.net/2012/12/occupation-cant-stifle-innovation/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Dezember 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2012