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PROJEKT/040: Senegal - Wälder auf Stelzen (WWF magazin)


WWF magazin, Ausgabe 3/2013
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Wälder auf Stelzen
Im westafrikanischen Senegal hilft der WWF in einem Pilotprojekt, den Mangrovengürtel entlang der Küste zu renaturieren.

von Uwe Johannsen, WWF



Wie undurchdringliche grüne Wälle säumen Mangroven viele Küsten tropischer Meere. An flachen Küsten und in Flussmündungen schaffen sie einzigartig vielfältige und produktive Lebensräume. Mit ihren typischen Stelzwurzeln stehen sie im salzigen oder brackigen Wasser und halten den Schlick fest. So bieten sie zahlreichen Meerestieren wie Krebsen, Muscheln, Garnelen und Fischen reichlich Nahrung und sicheren Unterschlupf. Mangroven sind daher bevorzugte Laichplätze und Kinderstuben vieler Fischarten in den Küstengewässern. In ihrem Geäst leben zudem viele Vögel und Insekten. Je nach Standort wachsen Mangroven zu zwei bis fünf Meter hohen Büschen oder mehr als 30 Meter hohen Bäumen heran.


Vorratskammer und Schutzgürtel
Auch für die Menschen an tropischen Küsten sind Mangroven vielfältig nutzbar. Im Senegal etwa gewinnen sie daraus Bau- und Brennmaterial. Viele leben vom Fischfang oder sammeln in den Mangroven Muscheln und Krabben, die sie auf den lokalen Märkten anbieten. Auch Salz wird dort gewonnen. Für die umliegenden Küstenfischer sind Mangroven ebenfalls sehr wichtig. In Gebieten mit starken Mangrovenverlusten sanken ihre Erträge spürbar.

Mangroven haben zudem große Bedeutung für den Klima- und Küstenschutz. Zum einen speichern sie große Mengen CO2 in ihrer Biomasse und vor allem im Schlick. Zum anderen verringern sie die Wucht einer Welle um bis zu zwei Drittel und schützen so die Küsten vor Erosion - besonders bei schweren Sturmfluten, die mit der Erwärmung des Klimas häufiger werden.


Warum Mangroven schwinden
Allerdings ist der weltweite Mangrovenbestand in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgegangen. Allein im Senegal schrumpfte die Mangrovenfläche seit 1980 von 169.000 Hektar um fast ein Drittel auf 115.000 Hektar, weil zu viel abgeholzt wurde und es zugleich schwere Dürren gab. Das Süßwasser aus dem Hinterland blieb aus. daher versalzten viele Böden in den Flussdeltas, was vielen Mangrovenwäldern schlecht bekommt.

Hinzu kommen Fehlplanungen bei der Erschließung. So wurden Straßen und Pisten durch die Mangrovengebiete häufig aus Unkenntnis oder Geldmangel auf einfachen Dämmen ohne Wasserdurchlässe oder Brücken gebaut. Dadurch wurden große Flächen von den Flüssen abgeschnitten, versalzten und trockneten aus.

Anfang 2012 startete der WWF im Senegal mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Projekt zum Schutz der Mangroven. In vier Jahren will der WWF zusammen mit der lokalen Bevölkerung in drei Projektgebieten nachhaltige Regeln für die Nutzung von zirka 3000 Hektar Mangroven erarbeiten und zugleich rund 1000 Hektar Mangroven wiederaufforsten.

Die Projektgebiete Joal Fadiouth und Foundiougne liegen im Delta des Sine-Saloum-Flusses. Joal Fadiouth ist eine Fischerstadt mit rund 40.000 Einwohnern am Rande des Deltas. Foundiougne liegt etwas weiter im Binnenland. Etwa 15.000 Menschen leben in diesem Projektgebiet, das 25 kleine Dörfer umfasst. Einige davon sind nur mit dem Boot zu erreichen. Im dritten Projektstandort Abéné in der südlichen Provinz Casamance direkt am Meer leben etwa 13.000 Menschen. Dort arbeitet der WWF mit fünf Dörfern zusammen.


700 Helfer für die Pflanzaktion
Vor Beginn der ersten Pflanzaktion mussten zunächst die am besten geeigneten Gebiete gefunden werden. Dazu werteten die WWF-Mitarbeiter vor Ort Satellitenbilder aus, um zu sehen, wo früher Mangroven wuchsen. Dann fuhren sie in die Dörfer, analysierten den Boden und besprachen mit den Menschen, welche Gebiete zuerst aufgeforstet werden sollen. Im Juli 2012 zu Beginn der Regenzeit organisierte dann der WWF gemeinsam mit über 700 freiwilligen Helfern aus den Dörfern die erste große Mangrovenpflanzung. Es wurde ein Fest für alle Beteiligten: Im Fischerdorf Djirnda sangen und trommelten 80 Frauen, Männer und Jugendliche schon auf der Bootsfahrt zu den Aufforstungsflächen. Die Setzlinge waren ein paar Tage zuvor gesammelt worden. In langen Reihen gingen die Helfer über die Schlickfläche und setzten die Pflanzen in regelmäßigen Abständen. Dabei wurde trotz der sengenden Hitze viel diskutiert und gelacht. Anschließend wurde gemeinsam gegessen. Insgesamt wurden 2012 mehr als 100 Hektar Mangroven gepflanzt. Die Pflänzchen haben sich größtenteils sehr gut entwickelt.


Menschen und Mangroven
In den kommenden Jahren sollen noch mehr Küstenflächen wiederbegrünt werden. Im Frühjahr 2013 hat der WWF dazu in den Projektgebieten gemeinsam mit Freiwilligen vier Mangroven-Anzuchtstationen gebaut. Der WWF will mit dem Projekt auch die Menschen unterstützen, die mit und von den Mangroven leben. Deshalb zeigen wir den Frauen, wie sie Austern, die an den Stelzwurzeln der Mangroven wachsen, sammeln können, ohne die Pflanzen zu schädigen. Wir unterstützen sie dabei, sich zusammenzuschließen, um ihre Produkte auf lokalen Märkten oder in Hotels besser zu vermarkten. Mit Mikrokrediten wollen wir auch naturverträgliche Einkommensmöglichkeiten im Gartenbau, Handwerk und Ökotourismus fördern.

Um die Nutzung der Mangroven langfristig nachhaltig zu gestalten, sollen gemeinsam mit der Bevölkerung Managementregeln erarbeitet werden. Dazu markieren die Dorfbewohner die Gebiete in Karten der Region, wo sie regelmäßig fischen, Muscheln sammeln oder Bau- und Feuerholz fällen. Gemeinsam wird dann bestimmt, welche Zonen genutzt und welche teilweise oder vollständig geschont werden sollen, damit dort zum Beispiel Garnelen ungestört aufwachsen können.

Es kann auch bestimmt werden, dass die Fischer nur einmal pro Tag zum Fischen fahren dürfen. Wichtig ist, dass die Regeln einfach zu verstehen und zu überwachen sind. Alle Regeln und Nutzgebiete werden, so das Ziel, demnächst in einem Managementplan der staatlichen Forstverwaltung vorgelegt. Dann erhält die Gemeinde exklusive Nutzungsrechte. Dies ist ein starker Anreiz, denn so kann sich die Gemeinde vor auswärtigen Nutzern schützen, die sich nicht an die Regeln halten. Damit die Einhaltung der Regeln auch überwacht werden kann, finanziert der WWF für jedes Projektgebiet ein Boot samt Ausrüstung. Freiwillige aus den Dörfern werden künftig gemeinsam mit den Behörden regelmäßig auf Patrouille gehen.

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ZWEIMAL MANGROVE

Rhizophora - Die häufigste Mangrove im Projektgebiet verbreitet sich durch Ableger, die mit der Strömung verdriften und, wenn sie liegenbleiben, sehr schnell Wurzeln bilden können. Rhizophora spp. kann relativ leicht neue Standorte besiedeln und ist daher sehr gut für Aufforstungen geeignet. Die Ableger werden in den Mangrovenbeständen gesammelt und auf den Aufforstungsflächen in den Boden gesteckt. Danach werden die Flächen regelmäßig gepflegt.

Avicennia - Weil Rhizophora-Pflanzen nicht sehr salztolerant sind, wird auf stark versalzten Flächen Avicennia spp. zur Aufforstung verwendet die häufig den äußeren Mangrovengürtel an der Küste bildet. Avicennia-Setzlinge müssen vier Monate in Anzuchtstationen vorgezogen werden. bevor sie gepflanzt werden können.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Schutzwall und Nutzwald - Mangroven sind Lebensraum für viele Arten und Lebensgrundlage für die Bevölkerung

Küstenwald für den Senegal - Der WWF ist im Norden und Süden des Landes, in drei Projektgebieten mit insgesamt 11.000 Hektar aktiv.

Reihe für Reihe - Die Bewohner des Saloum-Deltas pflanzen neue Mangroven.

Wurzelbehandlung - Unser Autor lässt sich erklären, wie die Setzlinge am besten gewonnen und ausgebracht werden.

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Quelle:
WWF Magazin 3/2013, S. 26 - 27
Herausgeber:
WWF Deutschland
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Die Zeitschrift für Fördermitglieder und Freunde der
Umweltstiftung WWF Deutschland erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2013