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PROJEKT/050: Indien - Solartrockner rettet Ernten indigener Waldbewohnerinnen vor Klimaanomalien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2014

Indien: Für indigene Waldbewohnerinnen scheint die Sonne - Solartrockner rettet Ernten vor Klimaanomalien

von Stella Paul


Bild: © Stella Paul/IPS

Waldfrauen im Anantagiri-Wald im Südosten Indiens vor ihrem Solartrockner
Bild: © Stella Paul/IPS

Ananatagiri, Indien, 21. März (IPS) - Chintapakka Jambulamma führt voller Stolz den Solartrockner vor, den die von ihr geführte Genossenschaft 'Advitalli Tribal Women's Co-operative Society' so gut wie abbezahlt hat. Liebevoll zieht sie eine Schublade mit den getrockneten Blättern der Medizinalpflanze Kalmegh heraus. "Seht nur, wie schnell das wieder ging", sagt sie.

Die Frauen um sie herum brechen in Gelächter aus. Sie sind Angehörige indigener Koya und Kond aus den Östlichen Ghat-Bergen im Süden Indiens. Der lokale Wald ist ihr Zuhause und ihr Nahrungslieferant. Sie haben sich die Kraft der Sonne zunutze gemacht, die durch die Bäume hindurchscheint.

Den mit vier Solarpanelen ausgestatteten Solartrockner in der Ortschaft Ananatagiri hatte vor zwei Jahren die Kovel-Stiftung aufgestellt, eine Non-Profit-Organisation, die für die Rechte von Waldbewohnern eintritt und versucht, deren Lebensverhältnisse zu verbessern.

Der Trockner kostete eine Million Rupien (17.000 Dollar), wie der Stiftungsleiter Krishna Rao berichtet. Eine Investition, die sich lohne, meint er. Schließlich hat sie dem Geschäft der Frauen eine gewisse Nachhaltigkeit verliehen.


Nachhaltige Erntemethoden

"Der Kooperative gehören 2.500 Frauen aus 20 Dörfern an", berichtet Rao im Gespräch mit IPS. "Keine von ihnen ist je auf einer weiterführenden Schule gewesen. Trotzdem verstehen sie ihr Geschäft. Sie sind bestens organisiert, arbeiten im Team und verstehen es, Wurzeln, Blätter und Früchte so zu ernten, dass die Mutterpflanze nicht leidet. Dadurch gewährleisten sie den Bestand ihrer Rohstoffe."

Die Wälder haben außer Holz 700 Produkte wie Blätter, essbare Kräuter, Medizinalpflanzen, Pilze, Samen und Wurzeln zu bieten. Besonders gefragt bei den Waldbewohnern sind Honig, Gummi, Amla (indische Stachelbeere) Tendu-Blätter, Mahua-Blumen und Waschnüsse. Die Koya und Kond bestreiten seit Jahrhunderten mit den Waldprodukten ihren Lebensunterhalt.

Penikala Ishwaramma ist eine erfahrene Kräutersammlerin. An guten Tagen bringt sie es auf 20 bis 25 Kilo. In diesem Jahr ist besonders Kalmegh reichlich vorhanden: 116 Kilo hat die 23-Jährige bereits abgeliefert.

Die staatliche Waldbehörde nimmt noch immer einen Großteil der Erzeugnisse ab. 25 Produkte gehen vollständig an das Amt. Doch die Indigenen klagen, dass das staatliche Einkaufsverfahren sehr langsam vonstatten geht und sich die Preise, die die Regierung zahlt, unterhalb der üblichen Marktpreise bewegen. Für ein Kilo Stachelbeeren werden 45 Rupien gezahlt. Der übliche Marktpreis beläuft sich auf 60 Rupien (etwa ein Dollar).

Die Unzufriedenheit mit den Regierungspreisen hatte die Frauen von Advitalli dazu veranlasst, ihr eigenes Kollektiv zu gründen, um die Waldprodukte zu reellen Preisen zu anbieten zu können. Nach zwei Jahren haben sie fast den Betrag von 200.000 Rupien (3.300 Dollar) zusammen, den ihnen die Kovel-Stiftung für den Solartrockner geliehen hat.

Jeden Tag bringen Ishwaramma und andere Frauen ihre Ausbeute zu ihrer Kooperative, um sie dort wiegen zu lassen und zu einem guten Preis zu verkaufen. "Wir arbeiten hart und sammeln qualitativ hochwertige Kräuter und Samen. Unser Leben hängt von diesem Geld ab", sagt die Sammlerin. "Warum sollten wir uns mit weniger zufrieden geben?"

Die Qualität entscheidet über die Höhe der Einnahmen. Für die Waldbewohnerinnen, denen entscheidende Infrastrukturen fehlen, um ihre Waren lagern oder sicher trocknen zu können, stellen Wetteranomalien und insbesondere Wirbelstürme eine latente Gefahr dar. Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde des südindischen Bundesstaates Andhra Pradesh hat das Gebiet in den letzten 40 Jahren 60 Zyklone erlebt. Und die Abstände, in denen sie auftreten, werden immer kleiner.

Dass die Frauen auf Solarenergie zurückgreifen können, um ihre Kräuter zu trocknen, hat ihnen geholfen, das Risiko zu minimieren, dass sie einen Teil ihrer Erzeugnisse verlieren. Im letzten Jahr wurde ihr Waldgebiet von den fünf großen Wirbelstürmen 'Mahasen', 'Phailin', 'Helen', 'Lehar' und 'Madi' heimgesucht. Doch hielten sich die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen. "Bevor ein Sturm aufzieht, sehen wir zu, dass wir möglichst viele Kräuter trocknen und verpacken", erläutert Jambulamma. "Es ist nicht mehr nötig, dass wir sie draußen auslegen."


Kunden gesucht

Derzeit ist die Kooperative dabei, einen alternativen Kundenstamm aufzubauen. Bhagya Lakshmi, die Programmmanagerin der Kovel-Stiftung, bringt die Frauen mit Industrieunternehmen zusammen. "Einen größeren Kunden haben sie bereits an Land gezogen: ein pharmazeutisches Unternehmen aus Bangalore, das Naturprodukte herstellt und sich 'Natural Remedies Private Limited' nennt", freut sich Jambulamma.

Krupa Shanti leitet fünf Walddörfer in der Region. Sie ist nach eigenen Angaben sehr stolz auf die Leistungen der Frauenkooperative und setzt alles daran, ihr zu Wachstum zu verhelfen. So will sie versuchen, dass alle ihre Dörfer von der Regierung mit jeweils einer Solaranlage ausgestattet werden. "Es gibt so viele staatliche Hilfsprogramme. Doch für uns Waldfrauen ist eine Solaranlage das Beste, um uns wirtschaftlich unabhängig zu machen. Wenn wir in allen Dörfern solche Solaranlagen hätten, könnten wir unser Geschäft weiter ausbauen und unsere Zukunftsaussichten verbessern." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/03/sun-shines-forest-women/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2014