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PROJEKT/057: Chile - Mit Phytotechnologie die Schäden der Bergbauindustrie neutralisieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. November 2014

Chile:
Mit Phytotechnologie die Schäden der Bergbauindustrie neutralisieren - Forscherteam zielt auf Dekontaminierung von Böden und Gewässern

von Marianela Jarroud


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

Mit biologischen Organismen die Rückstände der Bergbauindustrie dekontaminieren
Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

Santiago, 4. November (IPS) - Die Bergbauindustrie ist ein Eckpfeiler der chilenischen Wirtschaft. Die Beseitigung der dabei anfallenden Rückstände gehört zu den größten Herausforderungen des Sektors. Ein Phytotechnologieprojekt könnte dazu beitragen, zumindest einen Teil der Schäden zu neutralisieren.

Das Forschungsunternehmen unter Leitung von Claudia Ortiz, einer Biochemikerin an der Universität von Santiago, setzt auf die sogenannte Phytosanierung: den Einsatz bestimmter lokaler Pflanzen wie Schilfrohr, Baccharis oder Atriplex intracontinentalis für die Wiederherstellung von Böden und Gewässern.

"Wir wollen zu einer globalen Bezugsgröße für diese Art innovativer Umweltlösungen werden", betonte Ortiz. Diese innovativen Technologien könnten einen wichtigen Beitrag für die nachhaltige industrielle Entwicklung und den sozialen Frieden leisten, indem von Bergbauprojekten betroffene Gemeinschaften an Phytosanierungsmaßnahmen beteiligt würden.

Ortiz begann ihre Forschungsarbeit vor gut zehn Jahren. "Wir befassten uns zunächst mit der Frage, warum gewisse Pflanzen in der Lage sind, in von Metallen kontaminierten Böden zu gedeihen. Dann erkannten wir, dass diese Pflanzen und bestimmte Mikroorganismen die physikalischen und chemischen Eigenschaften ihrer Substrate verbessern konnten", sagte sie.

Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

Die Biochemikerin Claudia Ortiz in ihrem Labor
Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

"Bei unseren Feldversuchen konnten wir beobachten, wie die Menge organischen Materials in einigen Böden, die chemisch träge waren und keine Nährstoffe aufnehmen beziehungsweise halten konnten, zunahm", erläuterte die Expertin. Es habe sich ferner herausgestellt, dass bestimmte Mikroorganismen und Pflanzen die Fähigkeiten besäßen, Verbindungen zu schaffen, die sich positiv auf die Umwelt auswirkten.


Sulfatgehalt in Abwässern stark reduziert

Mit der von Ortiz entwickelten Technologie lassen sich auch Gewässer dekontaminieren, indem die dabei zum Einsatz kommenden Pflanzen Metalle wie Kupfer in ihren Wurzeln speichern. "Bakterien können den Sulfatgehalt in Flüssigabfällen um 30 Prozent verringern", fügte die Biochemikerin hinzu.

Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

Ein Feldversuch: In nur sechs Monaten konnten der Sulfatgehalt in Abwässern der Bergbauindustrie um 30 Prozent verringert werden
Bild: Mit freundlicher Genehmigung der Universität von Santiago

Die Technologie kommt bereits in einigen Verfahrensprozessen des staatlich betriebenen Kupferunternehmens 'Codelco' und des Nationalen Bergbaukonzerns zum Einsatz. Darüber hinaus wird sie in Bolivien, Kolumbien und Kanada getestet. Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend, wie Sergio Molina, Mitarbeiter der Codelco-Niederlassung in Chuquicamata, betonte. Codelco interessiere sich sehr für Technologien zur Minimierung von Umweltschäden, sagte er am Standort der weltgrößten Kupfermine. "Aus diesem Grund haben wir Allianzen mit Forschungsinstitutionen wie der Universität von Santiago geschmiedet, um Pilotprojekte zu entwickeln, mit denen sich exzellente Ergebnisse erzielen lassen."

Lucio Cuenca, Leiter der Lateinamerikanischen Beobachtungsstelle für Umweltkonflikte, wies jedoch darauf hin, dass die von Ortiz entwickelte Technologie nur ein Segment des Produktionsprozesses abdeckt, nicht aber alle bergbaubedingten Probleme lösen kann. "So ist das Verfahren zwar in der Lage, einige chemische Substanzen wie Schwefelsäure zu neutralisieren, doch das Problem des massiven Wasserverbrauchs ist damit nicht gelöst", sagte er. Die Kupferindustrie verschlingt 12.000 Liter Wasser pro Sekunde. Internationale Institutionen haben bereits einen Rückgang des Oberflächenwassers in dem südamerikanischen Land festgestellt.

Chile ist der weltführende Hersteller und Exporteur von Kupfer. Das Land baut zudem in einem geringeren Umfang Molybdän, Gold, Silber und Eisen ab. Der Bergbau trug 2013 mit mehr als elf Prozent zum nationalen Bruttoinlandsprodukt bei und schuf fast eine Million direkte oder indirekte Arbeitsplätze. Die Exporte des 17,5 Millionen Einwohner zählenden Landes beliefen sich auf 45 Milliarden Dollar.

Ortiz und ihr Team befassen sich auch mit einem Verfahren, um Meerwasser mit Hilfe von Biofiltern zu entsalzen. Auch dieses Forschungsgebiet ist für die Bergbauindustrie extrem interessant. "Wir arbeiten mit Halophyten (Salzpflanzen), die hohe Konzentrationen an Salz ertragen und diese Salze gut aufnehmen und absorbieren können", sagte Ortiz. Bei der Entsalzung von Sickergruben habe man bereits gute Ergebnisse erzielt.


Bergbau-Wasserbedarf durch Meerwasser decken

Darüber hinaus sind die Wissenschaftler mit zwei Projekten beschäftigt, die von Chiles Wirtschaftsentwicklungsagentur Corfo gefördert werden und ebenso auf die Entsalzung von Meerwasser - mit Hilfe von Algen und der Nanotechnologie - abzielen.

"Wir wollen erreichen, dass der Bergbausektor irgendwann einmal auf Meerwasser zurückgreifen kann", sagt Ortiz. "Wir haben festgestellt, dass unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn Meerwasser verdünnt wird, wir Techniken verwenden können, die weitaus preiswerter als diejenigen sind, die derzeit bei der Entsalzung eingesetzt werden."

Wie die Biochemikerin weiter erklärte, befinden sich sämtliche Projekte nach wie vor in der Entwicklungsphase, die erst im nächsten Jahr abgeschlossen sein wird. "Dann werden wir in der Lage sein, neue Technologien anzubieten." (Ende/IPS/kb/2014)


Links:
http://www.ipsnoticias.net/2014/11/la-fitotecnologia-busca-remediar-danos-de-la-mineria/
http://www.ipsnews.net/2014/11/using-phytotechnology-to-remedy-damage-caused-by-mining/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 4. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2014