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PROJEKT/059: Kuba - Öko-Trockentoiletten halten Einzug in ländliche Gebiete (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Februar 2015

Kuba: Öko-Trockentoiletten halten Einzug in ländliche Gebiete

von Ivet González


Bild: © Luis Baños/IPS

Der Geistliche Demas Rodríguez zeigt eine Trockenlatrine, die im Dorf Babiney in der Provinz Granma im Osten Kubas installiert wurde
Bild: © Luis Baños/IPS

Babiney, Kuba, 4. Januar (IPS) - Die meisten Kubaner, die kein WC haben, können auf Latrinen zurückgreifen. Doch inzwischen setzt sich in den weniger dicht besiedelten, ländlichen Gebieten ein neuer und dort bislang unbekannter Typus eines stillen Örtchens durch: die wasserlose Trocken- oder Komposttoilette, die die menschlichen Rückstände in Humus umwandelt.

Bisher wurden im Osten des karibischen Inselstaates, dem ärmsten Teil des Landes, 85 solcher Trockentoiletten mit Hilfe der in Santiago de Cuba angesiedelten Kirchenorganisation 'CCSC-Lavastida' installiert. "Mehr als 70 Prozent wurden in San Agustín, einer Stadt in der östlichen Provinz Santiago de Cuba, angebracht. Der Rest verteilt sich auf die Stadt Santiago de Cuba sowie auf Caney, Babiney und Bayamo in der Provinz Granma", berichtet César Parra, der bei CCSC für soziale Projekte zuständig ist.

Die Humustoiletten sind so gebaut, dass Urin von Fäkalien getrennt werden kann. Die stickstoff-, kalium- und phosphorhaltigen Festrückstände werden dann in Düngemittel umgewandelt. Bei fachgerechter Kompostierung werden die enthaltenen Krankheitserreger abgetötet. Anders als die klassischen Grubenlatrinen verhindern die Humustoiletten, dass die Bakterien in die nahegelegenen Gewässer gelangen und diese kontaminieren.

"Im Osten haben wir einfach nachgeahmt, was die Antonio-Núñez-Jiménez-Stiftung für Natur und Menschen (FANJ) vorgemacht hat", erläutert Parra, ein Tierarzt, der sich kürzlich in Babiney zu einem Meinungsaustausch mit Bauern der Region einfand.


Gewässerqualität verbessert

Vor fünf Jahren hatte FANJ die Trockentoiletten im Rahmen eines Permakulturprojekts eingeführt. Die Stiftung hatte sich zudem am Bau weiterer 30 Humustoiletten beteiligt, die später in den Provinzen Sancti Spíritus, Camagüey, Matanzas, Cienfuegos und in den Außenbezirken der Hauptstadt Havanna eingebaut wurden. "Zuerst waren die Menschen skeptisch. Doch dann erkannten sie die besonderen Vorteile dieser Klos", berichtet so Parra. "Seither hat sich die Wasserqualität in deren Umfeld deutlich verbessert."

Die Latrinen sind inzwischen so gefragt, dass CCSC-Lavastida mit der Produktion nicht nachkommt. Aus diesem Grund ist die Organisation dazu übergegangen, zunächst die Nachfrage der ländlichen Familien zu bedienen, die in der Nähe von Flüssen und Brunnen leben. In den Städten werden die Familien vorgezogen, die über einen Hinterhofgarten verfügen.

Untersuchungen aus dem Jahr 2012 zeigen, dass 94 Prozent der 11,2 Millionen Kubaner Zugang zu einer gehobenen Sanitärausstattung haben. 35,8 Prozent waren an das Abwassersystem angeschlossen, 58,5 verfügten über septische Tanks und Latrinen, die jedoch eine Gefahr für die umliegenden Wasserquellen darstellen.

Den jüngsten Zahlen des Nationalen Instituts für Wasserressourcen zufolge haben 79,9 Prozent der 2,5 Millionen Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, Zugang zu septischen Tanks und Latrinen. 16,8 Prozent defäkieren im Freien.

Weltweit sind 2,5 Milliarden Menschen ohne Zugang zu einer gehobenen Sanitärausstattung. Mehr als eine Milliarde Menschen erledigen nach Erkenntnissen der Vereinten Nationen ihr Geschäft unter freiem Himmel.


Gerade in Dürregebieten sinnvoll

In der Sierra Maestra, der höchsten Gebirgskette des Landes, leben die meisten Bewohner in Abgeschiedenheit, und gerade die östlichen Provinzen Las Tunas, Granma, Holguín, Santiago de Cuba und Guantánamo leiden unter häufigen Dürren. "Da kommen die wasserlosen Trockentoiletten gerade recht", meint Demas Rodríguez, der Pastor der Baptistenkirche in Babiney. "Es liegt in der Verantwortung unserer Kirche, den Gemeindemitgliedern zu zeigen, wie sie funktionieren, und sie vom Nutzen zu überzeugen."

Nach Gebrauch der Toilette werden Asche, Sägemehl oder Kalk in die Fäkaliengrube gegeben. Der Urin wird an anderer Stelle aufgefangen, um ihn später ebenfalls zu Dünger aufzubereiten. "Indem Flüssig- und Festabfälle getrennt werden, bleibt die Geruchsbildung gering", meint Rodríguez. Wie er berichtet, befindet sich eine zusätzliche Trockentoilette kurz vor der Fertigstellung.

Außerdem seien vier weitere lokale Familien dabei, die Baumaterialien zusammenzutragen, um sich eine eigene Humustoilette zu bauen, fügt Leonardo R. Espinoza hinzu, der für die CCSC-Lavastida bereits eine Vielzahl von Trockenlatrinen und Biogasanlagen installiert hat.

Eine Humustoilette kostet mindestens 80 Dollar. Für die Herstellung sind jeweils ein Kubikmeter Sand, 160 Zementblöcke oder 800 Backsteine, sechs Sack Zement und witterungsbeständiger Stahl erforderlich.

Trockentoiletten verfügen über eine besondere und lange Zeit aus Mexiko importierte Kloschüssel, die den Urin von den Fäkalien trennt. Inzwischen verfügt die Nichtregierungsorganisation über die richtige Form, um die Toiletten nachbauen zu können. "In Häusern, deren Fundamente höher liegen, können die Humustoiletten sogar innen eingebaut werden. Dann können sie von Behinderten oder älteren Menschen benutzt werden", erläutert Expinoza. Doch in aller Regel werden sie außerhalb des Hauses installiert.

Die Bäuerin Marislennys Hernández hatte erst durch die Permakulturbewegung von der Existenz dieser Trockentoiletten gehört. Sie und ihr Mann Leonel Sánchez betreiben eine 32 Hektar große Biofarm in ländlichen El Castillito in der Provinz Santiago de Cuba. "Für uns hat sich diese Toilette als Segen herausgestellt", berichtet sie. "Sie stinkt nicht, braucht kein Wasser und versorgt unsere Farm mit Naturdünger. Sie sollte gerade in den ländlichen Gebieten stärker beworben werden." (Ende/IPS/kb/2015)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2015/01/letrinas-ecologicas-se-multiplican-por-el-campo-cubano/
http://www.ipsnews.net/2015/01/ecological-latrines-catch-on-in-rural-cuba/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 4. Februar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2015


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