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PROJEKT/066: Hilfe für Waldmenschen (WWF magazin)


WWF magazin, Ausgabe 2/2015
WWF Deutschland - World Wide Fund For Nature

Hilfe für Waldmenschen

Von Susanne Gotthardt, WWF


Orang-Utan bedeutet auf Indonesisch Waldmensch, weil Orang-Utans meist auf Bäumen leben. Doch was tun, wenn ihr Wald geschädigt ist? Im Nationalpark Sebangau auf Borneo setzt der WWF auf nachhaltige Renaturierung.


Borneos Regenwälder gehören zu den artenreichsten unseres Planeten. Doch allein seit 1973 wurde rund ein Drittel davon zerstört. Vor allem Tieflandregenwälder gingen verloren. Deshalb kümmert sich der WWF auf Borneo darum, Waldflächen zu renaturieren und bedrohten Arten ihre Heimat zu sichern. Zum Beispiel im Torfmoor-Regenwald von Sebangau im Süden der Insel: Im Jahr 2004 erklärte die indonesische Regierung auf Initiative des WWF ein rund 524.000 Hektar großes, ehemals für den Holzeinschlag freigegebenes Gebiet zum Nationalpark. Seitdem setzte sich der WWF für den Erhalt des Schutzgebiets ein. Bei einem Regenwald von der doppelten Größe des Saarlands kein leichtes Unterfangen, denn der Wald ist durch den kommerziellen Holzeinschlag stark geschädigt. Zudem folgten Jahre der illegalen Entwaldung. Darüber hinaus wurden Hunderte von Kanälen in den Wald gegraben, um Holzstämme aus dem Gebiet abzutransportieren. Diese Kanäle existieren noch heute und sorgen dafür, dass der Torfboden des Regenwalds austrocknet. Das schwächt nicht nur den Wald. Es schädigt auch das Klima, weil durch die Entwässerung viele Treibhausgase freigesetzt werden.

Trotz Abholzung und Austrocknung beherbergt Sebangau aber noch immer viele seltene Tierarten wie den Nebelparder, Nasenaffen, Malaienbären und den Orang-Utan. Im Nationalpark lebt sogar eine der größten Orang-Utan-Populationen überhaupt. Aktuelle Schätzungen gehen von etwa 6000 Menschenaffen aus. Das sind mehr als zehn Prozent der gesamten wild lebenden Orang-Utans auf Borneo.

Der WWF setzt deswegen nicht nur darauf - mit Unterstützung der Krombacher Brauerei -, die Kanäle zu verschließen, abgeholzte Flächen neu aufzuforsten und das Nationalparkmanagement zu unterstützen. Er entwickelte auch ein eigenes Orang-Utan-Schutzprogramm. Herzstück ist die Punggualas-Feldstation. Sie liegt dort im Nationalpark, wo es noch ausreichend Regenwald gibt und entsprechend viele Arten leben. Von diesem Basislager aus unterstützt der WWF mehrere Studien, um herauszufinden, wie sich Orang-Utans an degradierte Wälder wie in Sebangau anpassen und wie wir ihnen dabei helfen können.

Orang-Utans auf der Spur

In den ersten Jahren ging es darum, die Orang-Utans zunächst an die Gegenwart von Menschen zu gewöhnen, um sie besser beobachten zu können. Drei Jahre lang folgten unsere WWF-Kollegen fünf Orang-Utans unterschiedlichen Alters auf Schritt und Tritt - ein mühseliges und gefährliches Unterfangen.

Einer dieser Kollegen war Okta Simon. Er taufte "seinen" Orang-Utan auf den Namen "Bruce", da es sich um ein stattliches Männchen handelte. Bruce war über die Begleitung überhaupt nicht erfreut. Er bewarf Okta mit allem, was er fand, und versuchte, ihn mit Drohgebärden und Gebrüll zu vertreiben. Doch Okta ließ sich nicht einschüchtern. Mit der Zeit gewöhnte sich Bruce an Okta. Doch es blieb anstrengend: Jeden Tag, bevor die Sonne aufging, musste Okta zu dem Schlafnest des Orang-Utans schleichen, um ihn nicht zu verpassen und ihn auf seiner Tour bis zum Sonnenuntergang zu begleiten. Während Bruce sich meist elegant von Baum zu Baum hangelte, stapfte Okta mühsam durch den Torfwald. Okta notierte, was Bruce wann fraß, in welchen Bäumen er seine Schlafnester baute und wann und weshalb Bruce von den Bäumen herunterkletterte. Okta und seine Kollegen beobachteten, dass sich die Menschenaffen von Sebangau statt auf Bäumen mehr und mehr auf dem Boden fortbewegten. Liegt es daran, dass sie in den Bäumen weniger Früchte finden, weil sich der Zustand des Waldes verschlechtert hat? Oder daran, dass die Bäume zur Fortbewegung nicht mehr dicht genug stehen?

Mehr Futterbäume pflanzen

Um das herauszubekommen, sind weitere Forschungen nötig. So sammelt der WWF Vogelkot, um anhand der darin enthaltenen Samen mehr über die Blüte- und Fruchtzeit von Pflanzen zu erfahren, die auch von den Orang-Utans genutzt werden.

Denn je mehr wir über die Nahrungs-Vorlieben der "Waldmenschen" wissen, desto gezielter können wir auch ihre Futterbäume wiederaufforsten. Eine Erkenntnis haben die bisherigen Studien bereits erbracht: Orang-Utans bauen ihre Schlafnester bevorzugt auf Berangan-Bäumen. Deshalb soll diese Baumart gezielt angepflanzt werden.

Mit der Anpflanzung dieser und weiterer Bäume helfen wir, den Lebensraum zu erhalten und den Wald allmählich in seinen früheren Zustand zurückzuversetzen. Dazu gehört auch, die Austrocknung des Torfbodens noch weiter zu stoppen. Seit vergangenem Jahr ist die Punggualas-Forschungsstation der Ausgangspunkt, um in den Kanälen im Umkreis noch mehr Dämme zu errichten. Damit halten wir den Boden ausreichend feucht und den Regenwald intakt. "So haben die neu gepflanzten Bäume eine Chance, so groß zu werden, dass Bruce und seine Gefährten sie eines Tages nutzen können", sagt Orang-Experte Okta.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Wiederaufbau: Im Regenwald von Sebangau wurde großflächig gerodet. Noch heute schädigen unzählige Kanäle zum Abtransport des Holzes den verbliebenen Wald - und das Klima weltweit.

Keine Höhenangst WWF-Mitarbeiter: Okta Simon an seinem Arbeitsplatz.

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Quelle:
WWF Magazin 2/2015, Seite 20 - 22
Herausgeber:
WWF Deutschland
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Die Zeitschrift für Fördermitglieder und Freunde der
Umweltstiftung WWF Deutschland erscheint vierteljährlich


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Mai 2015

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