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RESSOURCEN/018: Argentinien - Indigene fordern Mitsprache in Lithium-Bergbauprojekten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. März 2012

Argentinien: Indigene fordern Mitsprache in Lithium-Bergbauprojekten

Von Marcela Valente


Oben Salz, unten Lithium - Bild: © Juan Moseinco/IPS

Oben Salz, unten Lithium
Bild: © Juan Moseinco/IPS

Buenos Aires, 30. März (IPS) - Indigene Gemeinschaften im Nordwesten Argentiniens wollen sich mit Hilfe des Obersten Gerichtshofs ein Mitspracherecht bei Projekten zur Förderung von Lithium in den 17.000 Quadratkilometer großen Salzwüsten im Nordwesten des Landes erstreiten. Das unter einer dicken Salzschicht lagernde Hightech-Metall gilt als das 'weiße Gold der Zukunft'.

Seit zwei Jahren fordern 33 Ethnien der Provinzen Jujuy und Salta Auskunft über Pläne, das Leichtmetall in den indigenen Territorien abzubauen. Lithium ist ein wichtiger Bestandteil aufladbarer Batterien, die etwa in tragbaren Computern, Handys, digitalen Abspielgeräten oder auch Elektroautos zum Einsatz kommen.

Das Mineral lagert in riesigen Mengen in einem Gebiet, das sich vom Süden Boliviens bis in den Nordwesten Argentiniens und den Norden Chiles erstreckt. Dort werden 85 Prozent der weltweiten Lithiumvorräte vermutet.

Die Salzwüsten sind jedoch empfindliche Ökosysteme und Lebensraum zahlreicher indigener Gemeinschaften, die vom Salzabbau leben. Bereits 2010‍ ‍forderten die Indigenen den Obersten Gerichtshof auf, für die Einhaltung der Ureinwohnerkonvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu sorgen, die ihnen ein Mitspracherecht bei der Ausbeutung von Rohstoffen in ihren Gebieten zusichert.


Anhörung in Buenos Aires

Am 28. März fand in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires die erste Anhörung statt. Anwesend waren zahlreiche Ureinwohner, ihre Anwälte und der Staatsanwalt von Jujuy, Alberto Matuk.

Wie Matuk erklärte, wurden für Lithium noch keine Explorations- und Fördergenehmigungen vergeben, wohl aber für Borax für ein Territorium, dass von den Klägern nicht beansprucht werde. In diesem konkreten Fall habe man sich mit einer dort lebenden Ethnie beraten und die Ängste vor einer Kontamination durch die Vorlage einer Umweltverträglichkeitsstudie ausräumen können.

Allerdings bestätigte Matuk, dass es "Anfragen" von Unternehmern für den Lithiumabbau gebe, die von den Behörden in Jujuy geprüft werden müssten. Bevor es zu einer Entscheidung komme, werde man sich mit den betroffenen Gemeinden zusammensetzen, erklärte er.

Doch Alicia Chalabe, eine Anwältin der betroffenen Ethnien, informierte die Richter über die Existenz von Internetseiten, auf denen die Firmen bestätigen, im Besitz der erforderlichen Genehmigungen zu sein und mit der Arbeit begonnen zu haben. Darüber hinaus berichtete sie, dass das für Bergbauangelegenheiten zuständige Provinzgericht Antworten auf ihre Fragen in dieser Sache schuldig geblieben sei.

"Wir verlangen die Aufnahme von Konsultationen, nicht mit den Firmen, wie dies bisher der Fall war, sondern mit den Behörden. Und die Gemeinschaften müssen ihr Einverständnis zu den Projekten geben", so Chalabe nach der Anhörung im Gespräch mit IPS.

Im Namen der Kläger erläuterte Liborio Flores vor den vier Richtern die Bedeutung der Salzwüsten für das Überleben der Ethnien, die dort Lamas und Ziegen züchten und mit dem Wasser aus den Bergen und Schluchten ihre Felder bestellen. Die traditionell wichtigste Aktivität der Indigenen ist der Salzbergbau. "Schon unsere Großeltern schnitten große Blöcke und transportierten sie 30 Tage lang auf Eseln zu den Märkten."


Bericht bestätigt Umweltschäden

Die globale Nachfrage nach Lithium habe dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen in die Salzwüsten kämen, berichtete Flores. Sie bohrten Löcher, trügen die Salzschichten ab und verunreinigten die Salzstöcke und die darunter liegenden Frischwasser-Aquifer. "Bisher hat kein Behördensprecher mit uns über Lithiumförderpläne gesprochen. Wohl gab es einige Unternehmen, die einzelnen Familien ihre Pläne unterbreitet und Arbeit anboten haben. Das führte zu einer Spaltung innerhalb unserer Gemeinschaften."

Unklar war, warum der Oberste Gerichtshof nicht auch einen Vertreter der Provinz Salta geladen hatte, wo die Lithium-Explorationsarbeiten in indigenen Gebieten bereits angelaufen sind. Chalabe zufolge hat die Firma 'Orocobre' dort bereits auf der Suche nach Lithium und Borax 47 Bohrungen vorgenommen.

Die Gebiete sind einer Untersuchung zufolge bereits verseucht. Der UN-Sonderberichterstatter für die indigenen Völker, James Amaya, hatte sich im Dezember nach einem Besuch der Salzwüsten in einem Bericht für Argentiniens Obersten Gerichtshof zur Unterstützung der 33 Gemeinschaften auf diese Untersuchung berufen. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2012