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SOZIALES/071: Die Post-2015-Agenda mitgestalten - Indigene fordern Inklusion (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Februar 2015

Entwicklung:
Die Post-2015-Agenda mitgestalten - Indigene fordern Inklusion

von Valentina Gasbarri



Bild: © IFAD

IFAD-Präsident Kanayo F. Nwanzwe (Mitte) bei der Eröffnung des zweiten Welttreffens des Forums der Indigenen Völker
Bild: © IFAD

Rom, 18. Februar (IPS) - "Wir erben die Erde nicht von unseren Vorfahren, sondern borgen sie von unseren Kindern", besagt ein altes indianisches Sprichwort. Darin steckt die Essenz der Nachhaltigkeit, so wie sie von den Ureinwohnern aufgefasst wird.

Mit ihrem tiefen und örtlich verwurzelten Wissen um die Natur haben die Indigenen dem Rest der Welt einiges anzubieten. Sie können eine nachhaltige Lebens-, Arbeits- und Anbauweise vermitteln, die nicht den natürlichen Reichtum künftiger Generationen verspielt.

Das war die wesentliche Botschaft, die auf dem zweiten Globalen Treffen des Forums der Indigenen Völker vermittelt wurde, das der Agrarentwicklungsfonds IFAD vom 12. bis 13. Februar in Rom organisiert hatte. Das Forum der Indigenen Völker ist eine einzigartige Initiative innerhalb des UN-Systems.

Der IFAD ist ein erklärter Bewunderer der Leistungen, die indigene Völker mit ihren nachhaltigen Verfahrensweisen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung erbringen. Er verfügt über einen institutionellen Mechanismus, mit dem er die Effizienz seines Engagements für die Indigenen übersehen kann. Dazu gehört die Erreichung der Zielsetzungen, die in der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker (UNDRIP) enthalten sind.


Verbreitete Armut und soziale Ausgrenzung

Trotz größerer Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gehören Indigene und ethnische Minderheiten nach wie vor zu den ärmsten und am stärksten ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen. In etwa 70 Ländern leben insgesamt mehr als 370 Millionen Volksgruppen, die meisten von ihnen in Asien. Sie machen schätzungsweise fünf Prozent aller Erdenbürger aus. Etwa 15 Prozent von ihnen leben in Armut. Mehrere in jüngster Zeit veröffentlichte Studien zeigen auf, dass sich die Armutslücke zwischen Indigenen und den übrigen Einwohnern ländlicher Gebiete in einigen Teilen der Welt weiter vergrößert.

"Der IFAD unternimmt alle möglichen Anstrengungen, um zu erreichen, dass sich Indigene Gehör verschaffen, ihre Rechte respektiert werden und ihnen weltweit mehr Wohlstand zuteil wird", versicherte Antonella Cordone, IFAD-Expertin für indigene Fragen. "Wir haben gelernt, welche Relevanz die Diversität von Völkern und ruralen Gemeinschaften hat, und wie wir ihre kulturelle Identität als wirtschaftliches Potenzial nutzen können. Die Indigenen können für viele Krisen Lösungen anbieten."

Als Hüter der natürlichen Ressourcen der Welt und Bewahrer der Traditionen haben die Indigenen mit den Jahren ein ganzheitliches Modell der nachhaltigen Entwicklung vorangebracht. Wie die UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte indigener Völker, Victoria Tauli-Corpuz, während einer Sitzung der Arbeitsgruppe für Asien und den Pazifikraum erklärte, "sind die Existenzgrundlagen der indigen Völker eng verbunden mit deren kulturellem Erbe und kulturellen Identitäten."


Gefahr des Klimawandels

Schon immer vererben die Indigenen Land und Territorien an die kommenden Generationen. Die vorhandenen Ressourcen haben sie nie über Gebühr genutzt. Heute werden ihre Existenzgrundlagen unter anderem durch den Klimawandel und durch die Ausbeutung Dritter gefährdet. Die Klimaveränderungen, denen die Indigenen schutzlos ausgesetzt sind, zeigen viele bedrohliche Facetten: Gletscherschmelze, fortschreitende Wüstenbildung, Überschwemmungen und Hurrikane in Küstengebieten.

Anhaltender Druck durch Holzschlag, Bergbau und das Vorrücken landwirtschaftlicher Grenzen hat zu einer intensiven Nutzung neuer Energiequellen und dem Bau von Straßen und Staudämmen geführt. Der Erwerb großer Landflächen zur kommerziellen oder industriellen Nutzung - allgemein bekannt als 'Land Grabbing' - hat die Sorgen nur noch vergrößert.

In diesem Zusammenhang betont das Forum die Notwendigkeit der sogenannten 'Freien, frühzeitigen und informierten Konsultation' (FPIC) für indigene Völker, sofern Entwicklungsprojekte ihren Zugang zu Land und Rohstoffen einschränken. Diese Auflage müsse im Umgang mit den indigenen Völkern unbedingt respektiert werden, sagte IFAD-Präsident Kanayo F. Nwanzwe.


Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt

Die Armut der Indigenen und ihr Verlust von Land und Ressourcen gehen oftmals einher mit ihrer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Segmentierung, unzureichende Regelwerke sowie kulturelle und sprachliche Hürden erlauben es nur wenigen von ihnen, qualifizierte Beschäftigungen anzunehmen und soziale Dienstleistungen zu nutzen. Zudem sind Indigene häufig von der politischen Teilhabe ausgeschlossen und erleben Diskriminierung aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit. Die Teilnehmer des Forums drangen darauf, diese Punkte auf die Entwicklungsagenda für den Zeitraum ab 2015 zu setzen.

Die Empfehlungen, die das Forum ausgab, sollen den Teilnehmern zufolge in die Nachhaltigkeitsziele (SGD) einfließen, die ab Ende 2015 die Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen ersetzen. Empfohlen werden unter anderem ein ganzheitlicher Ansatz bei der Stärkung der Ernährungssysteme indigener Völker, die Anerkennung traditionellen Landbesitzes, der Erhalt der Artenvielfalt sowie der Respekt kultureller und spiritueller Werte. (Ende/IPS/ck/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/02/indigenous-peoples-architects-of-the-post-2015-development-agenda/

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IPS-Tagesdienst vom 18. Februar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2015

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