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WALD/032: Primärwälder in Gefahr - Karpaten-Länder kämpfen gegen illegalen Holzschlag (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Juni 2011

Umwelt: Primärwälder in Gefahr - Karpaten-Länder kämpfen gegen illegalen Holzschlag

Von Zoltán Dujisin


Budapest, 01. Juni. (IPS) - Sieben osteuropäische Länder setzen sich gemeinsam für den Schutz der letzten unberührten Wälder in den Karpaten ein. Polen, Rumänien, Serbien, die Slowakei, Tschechien, Ungarn und die Ukraine unterzeichneten in Bratislava ein Protokoll zur nachhaltigen Forstwirtschaft, um den illegalen Holzschlag einzudämmen.

Die Region ist reich an Primärwäldern, deren große Artenvielfalt auch bedrohte Spezies einschließt. Diese Wälder leisten als CO2-Klimasenken einen wichtigen Beitrag, liefern außerdem sauberes Wasser, verhindern Bodenerosion und regenerieren Nährstoffe.

Unabhängigen Schätzungen zufolge sind in Osteuropa insgesamt noch etwa 300.000 Hektar unberührter Wald erhalten, der sich früher über ganz Europa erstreckte. Waldgebiete im Osten der Slowakei, im Westen der Ukraine und in Rumänien sind bereits als UNESCO-Weltnaturerbe gelistet. Das im Rahmen der 2003 geschlossenen Karpatenkonvention unterzeichnete Protokoll soll nun garantieren, dass der größte noch intakte Primärwald außerhalb von Russland fortan von staatlicher Seite geschützt wird.

Rumänien verfügt mit rund 250.000 Hektar über die größte zusammenhängende Waldfläche Europas. Die Umweltorganisation WWF kritisiert allerdings, dass bisher erst 18 Prozent davon geschützt sind. Die Naturschützer befürchten größere Verluste.


Artenschwund

In der Slowakei und anderen Ländern sei der Anteil des Primärwaldes hingegen durch unerlaubtes Holzfällen auf dürftige 0,5 Prozent geschrumpft - ein schwerer Rückschlag für die Biodiversität in der Region. Gefährdet seien vor allem lokale Arten, für die das Ökosystem des Waldes Voraussetzung für ihr Überleben sei.

"Die Karpatenkonvention ist ein gutes Zeichen und ein Schritt in die richtige Richtung", sagte der Direktor des WWF-Programms für die Donau- und Karpatenregion, Andreas Beckmann, im Gespräch mit IPS. Das Problem sei jedoch die Umsetzung. Vieles existiere bisher nur auf dem Papier.

Um den illegalen Holzschlag einzudämmen, wollen die Länder der Karpatenregion ihre Gesetze ändern und stärker auf deren Umsetzung hinwirken. Außerdem gibt es zu wenige Informationen über die dort tätigen kleinen Holzunternehmen. Somit wird bisher nicht verlässlich erfasst, wie viele Bäume in welchen Gegenden abgeholzt werden.


Mehr Druck seit Mauerfall

Die Lage der Wälder in der Region hat sich vor allem seit dem Mauerfall rapide verschlechtert, da seither eine Vielzahl von Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt wurde. Neben Autobahnen wurden auch Skiresorts und andere Ferienunterkünfte gebaut, oftmals ohne offizielle Genehmigungen in zuvor geschützten Gebieten.

Beobachter hoffen dennoch, dass das jüngst unterzeichnete Protokoll eine rechtliche Grundlage für den Erhalt der Wälder in Europa bieten kann. Die Europäische Union hat unlängst auch neue Gesetze gegen illegales Holzfällen sowie Richtlinien zum Schutz der Forstressourcen eingeführt.

"Die kürzlich von der EU verabschiedeten Gesetze stellen spezifische Anforderungen an die Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Implementierung und der Bestimmung der Herkunft der Hölzer auf dem europäischen Markt", erklärte Beckmann. Die Gesetze würden zwar nicht für Staaten wie Serbien und die Ukraine gelten. Diese seien jedoch insofern betroffen, als sie Holz in die EU exportierten.


Regionale Maßnahmen

Bereits vor der Unterzeichnung des Protokolls zeigten regionale Maßnahmen zum Schutz der Wälder erste Auswirkungen. So hat die rumänische Forstbehörde Romsilva ein Internet-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe illegaler Holzschlag unter Kontrolle gehalten werden kann.

Als weiterer positiver Impuls wird die Entscheidung der Vereinten Nationen gewertet, 2011 zum Internationalen Jahr des Waldes zu erklären. Laut Studien der Weltbank sind weltweit rund 1,6 Milliarden Menschen von den Ressourcen der Wälder abhängig. Der Waldschwund, der sich jährlich auf eine Fläche von insgesamt 130.000 Quadratkilometer beläuft, wird für 20 Prozent der global erzeugten Treibhausgase verantwortlich gemacht. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.carpathianconvention.org/index.htm
http://wwf.panda.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55850

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juni 2011