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WALD/090: Waldzerstörung wie organisiertes Verbrechen bekämpfen, fordert Weltbank (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. März 2012

Umwelt: Waldzerstörung wie organisiertes Verbrechen bekämpfen, fordert Weltbank

von Jim Lobe

Holzeinschlag im malaysischen Bundesstaat Sarawak - Bild: © Raymond Abin/IPS

Holzeinschlag im malaysischen Bundesstaat Sarawak
Bild: © Raymond Abin/IPS

Washington, 22. März (IPS) - Alle zwei Sekunden vernichten illegale Holzfäller Urwald in der Größe eines Fußballfeldes. Damit dieser Zerstörungswut Einhalt geboten werden kann, müssen die lokalen und internationalen Strafverfolgungssysteme einem neuen Weltbankbericht zufolge gegen diejenigen vorgehen, die am meisten vom illegalen Holzhandel profitierten.

Die Strafverfolgungsbehörden sollten generell die gleichen Waffen auffahren, die ihnen bei der Bekämpfung von Drogenhandel und Geldwäsche zur Verfügung stünden, heißt es in dem 56-seitigen Report. Flankiert werden müssten diese Bemühungen durch Präventivmaßnahmen wie die Aufklärung der lokalen Bevölkerung, Reformen bei den Land- und Holzrechten sowie Maßnahmen, die eine Unterscheidung zwischen legal und illegal geschlagenem Holz erleichterten.

Dass den Präventivmaßnahmen im Kampf gegen den illegalen Holzeinschlag größere Bedeutung beigemessen worden sei, habe nicht die erhoffte Wirkung erzielt, schreibt die Weltbank in der Studie 'Justice for Forests: Improving Criminal Justice Efforts to Combat Illegal Logging' (Gerechtigkeit für Wälder: Die strafrechtlichen Bemühungen verbessern, um den illegalen Einschlag zu bekämpfen'). Vorbeugende Maßnahmen seien zwar wichtig aber unzureichend, so Weltbankmitarbeiterin Magda Lovei. Dem Report zufolge muss deshalb eine integrale und nachhaltige Lösung für das Problem gefunden werden.


Weltbank zu mehr Selbstkritik aufgefordert

Wenngleich Umweltorganisationen die Vorschläge der internationalen Finanzorganisation begrüßten, empfahlen sie der Weltbank allerdings auch vor der eigenen Tür zu kehren. Nur allzu oft habe die globale Institution mit ihren eigenen Projekten zur Zerstörung von Urwäldern beigetragen.

"Dass die Weltbank über Gegenmaßnahmen nachdenkt, ist an sich ein Schritt in die richtige Richtung", meinte Lindsey Allen, Leiterin des Waldprogramms der Umweltorganisation 'Rainforest Action Network. "Allerdings mussten wir oft genug feststellen, dass sie und (ihr Finanzierungsarm) die Internationale Finanzkorporation (IFC) die Infrastrukturen für zerstörerische Aktivitäten der Zellstoff- und Palmölproduktion geschaffen haben."

"Das Rainforest Action Network steht hinter vielen Empfehlungen, wie sie die neue Untersuchung unterbreitet. Gleichzeitig empfehlen wir der Weltbank, sich mit eigenen zweifelhaften Finanztransaktionen auseinanderzusetzen, die etwa in Papua-Neuguinea oder Indonesien die Zerstörung von Wäldern verursacht haben", sagte Allen.

Menschen setzten ihr Leben ein, um die Waldzerstörung durch kriminelle Banden zu verhindern. "Wir sollten endlich die Hintermänner der illegalen Aktivitäten strafrechtlich verfolgen und nicht die armen Menschen, die sich aus der Not heraus als Handlanger anheuern lassen", schrieb Faith Doherty, Leiterin der 'Environmental Investigation Agency' (EIA) mit Sitz in London, in einer E-Mail an IPS.

In einigen Staaten wie Indonesien, Bolivien, Gabun, Ecuador, Kambodscha, Papua-Neuguinea und Peru sind 70 bis 90 Prozent aller Holzeinschläge illegal. Dadurch gehen den Regierungen und lokalen Gemeinden wichtige Einnahmen verloren. Außerdem befeuern die illegalen Geschäfte die Korruption, gefährden das Recht der Waldbewohner, von ihren Wäldern zu leben und verursachen Bodenerosion, häufiger und heftiger auftretende Überschwemmungen und die Freisetzung der in Bäumen gespeicherten Klimagase.

Der Weltbankbericht schätzt die globalen Einnahmen aus dem kriminellen Geschäft auf jährlich zehn Milliarden bis 15 Milliarden US-Dollar. Er bemängelt, dass sich die Strafverfolgung viel zu oft auf die 'kleinen Fische' konzentriere. "Wir müssen die organisierte Abholzungskriminalität genauso bekämpfen, wie wir Gangster verfolgen, die Drogen verkaufen oder in andere dunkle Machenschaften verwickelt sind", meinte Jack Pesme von der Weltbankabteilung für Finanzmarktintegrität, die Staaten bei der Bekämpfung illegaler Finanztransaktionen berät.

Ausnahmslos arme Menschen festzunehmen, selbst wenn sie an den Verbrechen beteiligt seien, gefährde die Glaubwürdigkeit der Fahndungsbehörden, warnt der Bericht. Wichtiger sei es, "der Spur des Geldes zu folgen", das von Bank zu Bank verschoben werde, um die Identität der Hintermänner und involvierten Beamten zu verschleiern.


Korruptionsbekämpfung Experten zufolge ein Muss

Nach Ansicht von Rick Jacobson von der Anti-Korruptionsorganisation 'Global Witness' ist es nicht leicht, den in den illegalen Holzhandel verwickelten Funktionären das Handwerk zu legen. "Keiner Waldsektorenreform, wie sie von der Weltbank gefordert werde, ist Erfolg beschieden, solange nicht die im Waldsektor verbreitete Korruption in den höchsten Stellen erfolgreich bekämpft wird", warnte er.

Ein Einwand, dem Susanne Breitkopf von 'Greenpeace' zustimmt. "Die Weltbank hat es bisher versäumt, die strafrechtliche Dimension in ihren Projekten zu stärken, und sich stattdessen viel zu lange auf weiche Reformen, freiwillige Maßnahmen und den Privatsektor verlassen", meinte sie. "Wir hoffen nun, dass sie ihren eigenen Bericht ernst nimmt und mehr Nachdruck auf die strafrechtlichen Möglichkeiten in diesem Bereich legen wird." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://ran.org/
http://www.eia-international.org/
http://www.globalwitness.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=107154

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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2012