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WALD/115: Können sich Artengemeinschaften regenerieren? Frösche geben Anlaß zur Hoffnung (idw)


Museum für Naturkunde / Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung - 29.01.2013

Frösche geben Anlass zur Hoffnung



Der Druck auf die Ressourcen der Tropenwälder wächst stetig und ein strikter Schutz aller verbliebenen Regenwälder scheint wenig realistisch. Neben der Rodung von Wäldern ist die selektive Holznutzung der häufigste Eingriff in diese Ökosysteme. In zwei aktuellen Studien haben Wissenschaftler des Museums für Naturkunde und des Forstwissenschaftlichen Instituts in Kumasi/Ghana von Fröschen untersucht, ob und unter welchen Bedingungen sich Artengemeinschaften regenerieren können. "Eine nachhaltige Nutzung der Wälder scheint möglich, wenn der forstliche Eingriff gering bleibt, selten und sorgfältig erfolgt", so Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde in Berlin.

Der Rückgang von tropischen Regenwäldern ist in Westafrika besonders dramatisch. Schätzungen zufolge sind in dieser Region nur noch knapp 2% der ursprünglich vorhandenen, primären Regenwälder vorhanden. Die Forscher wählten Wälder in Ghana für ihre Untersuchungen aus, da hier die Holznutzung über Jahrzehnte sehr detailliert dokumentiert worden ist und ungestörte und genutzte Wälder unmittelbarer benachbart sind. Als Indikator für die Auswirkungen der Holzentnahme wählten sie Frösche, eine Tiergruppen die in Tropenwäldern artenreich vertreten ist und besonders sensibel auf Umweltveränderungen reagiert.

In der ersten Studie verglichen die Forscher die Auswirkungen der Holzentnahme in drei unterschiedlich feuchten Waldtypen. Dabei erfassten sie die Froscharten in primären und selektiv geholzten Waldflächen. Das wichtigste Ergebnis der Studie war, dass die Auswirkungen der Waldnutzung unmittelbar mit klimatischen Faktoren zusammenhängen. Am stärksten veränderten sich die Froschgemeinschaften nicht in den feuchtesten, sondern in den trockensten Wäldern. Hier leben Waldfrösche offensichtlich bereits an der Grenze der für sie tolerierbaren Umweltbedingungen: Nur geringfügige Änderungen des Mikroklimas führen dann zum Verschwinden von spezialisierten Waldarten. Neben der Holzentnahme dürfte sich in diesen Wäldern auch der Klimawandel besonders schnell und drastisch auswirken.

In der zweiten Studie untersuchten die Forscher ob und wie schnell sich die veränderten Froschgemeinschaften nach der forstlichen Nutzung wieder erholen können. Dazu wählten sie Wälder die noch nie genutzt wurden, sowie solche bei denen die Nutzung aktuell erfolgte bzw. 10 oder 20 Jahre zurück lag. Sie stellten fest, dass kurz nach dem Holzeinschlag die Artenzahl sogar anstieg. Dies lag daran, dass störungstolerante Froscharten in die Wälder eindrangen, Regenwaldspezialisten wurden dagegen seltener oder verschwanden gänzlich. Diese Bild veränderte sich mit der Zeit. Nach 10 Jahren wurden die lebensraumfremden Arten wieder seltener, die Regenwaldarten kamen langsam zurück. Nach 20 Jahren waren die Froschgemeinschaften von den ursprünglichen, in ungestörten Wäldern lebenden, nicht mehr zu unterscheiden.

"Dieses Ergebnis gibt Anlass zur Hoffnung", so Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde in Berlin. "Offensichtlich können sich Amphibiengemeinschaften von Regenwäldern unter bestimmten Bedingungen wieder regenerieren, d.h. eine nachhaltige Nutzung der Wälder scheint möglich." Voraussetzung ist allerdings, dass wie in den ghanaischen Wäldern, der forstliche Eingriff gering bleibt, selten erfolgt, sorgfältig durchgeführt wird, sowie ein eng benachbartes Mosaik von gestörten und ungestörten Wäldern bestehen bleibt. Bei Rotationszyklen von mindestens 20 Jahren können die Regenwaldspezialisten dann in den ungenutzten Flächen überdauern und die genutzten Wälder später neu besiedeln. Ob sich die an Fröschen gewonnen Ergebnisse allerdings uneingeschränkt auch auf andere Tier- und Pflanzengruppen übertragen lassen, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

Pfützenfrosch in Großaufnahme - Foto: © Museum für Naturkunde - Berlin/Mark-Oliver Rödel

Der Masken-Pfützenfrosch, Phrynobatrachus plicatus, lebt in der Laubstreu westafrikanischer Regenwälder
Foto: © Museum für Naturkunde Berlin/Mark-Oliver Rödel


Veröffentlichung:
Ofori-Boateng, C., W. Oduro, A. Hillers, K. Norris, S.K. Oppong, G.B. Adum, and M.-O. Rödel (2013) Differences in the Effects of Selective Logging on Amphibian Assemblages in Three West African Forest Types.
Biotropica 45(1): 94-101, doi: 10.1111/j.1744-7429.2012.00887.x
Adum, G.A., M.P. Eichhorn, W. Oduro, C. Ofori-Boateng, and M.-O. Rödel (2013, online early) Two-Stage Recovery of Amphibian Assemblages Following Selective Logging of Tropical Forests.
Conservation Biology, DOI: 10.1111/cobi.12006.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung, Dr. Gesine Steiner, 29.01.2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Februar 2013