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WIRTSCHAFT/010: Mexiko - Maquila-Betriebe von ökologisch nachhaltiger Produktion noch weit entfernt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2011

Mexiko: Maquila-Betriebe von ökologisch nachhaltiger Produktion noch weit entfernt

Von Emilio Godoy


Mexiko-Stadt, 22. August (IPS) - Mexiko fördert seit den 1960er Jahren die Ansiedlung von Fertigungsbetrieben in Freihandelszonen. Doch die 'Maquilas' oder 'Maquiladoras', wie die exportorientierten Montagefabriken genannt werden, haben einen hohen ökologischen Preis. Sie setzen Unmengen an Giftstoffen frei, verbrauchen viel Wasser und Strom und fördern den Klimawandel.

"Die staatlichen Inspektionen sind schlecht. Sie sind freiwillig und werden vorab angekündigt. Darüber hinaus fehlt es an Personal", fasst Magdalena Cerda von der in Tijuana angesiedelten Koalition für Umweltgesundheit, einige der bestehenden Probleme zusammen. "Wir beobachten, wie die Umwelt in den Gemeinden immer weiter verseucht wird."

Dem Nationalrat für die Maquila- und Exportindustrie zufolge operieren in Mexiko derzeit rund 2.000 Maquila-Fabriken, die insgesamt 1,5 Millionen Menschen beschäftigen. Die meisten Unternehmen sind in den nordmexikanischen Städten Tijuana und Ciudad Juárez an der Grenze zu den USA angesiedelt und fertigen vor allem Kleidungsstücke, Autos und Elektrogeräte.

Dutzende dieser Niedriglohnbetriebe sind nach Inkrafttreten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) zwischen den USA, Kanada und Mexiko 1994 entstanden. Zwar enthält NAFTA arbeits- und umweltrechtliche Schutzbestimmungen, doch reichen sie nach Ansicht von Experten bei weitem nicht aus, um die Ausbeutung der Beschäftigten und die Zerstörung der Umwelt zu unterbinden.

1983 hatten Mexiko und die USA ein Grenzkooperationsabkommen für den Umweltschutz abgeschlossen, das den Umgang mit toxischen Substanzen regelt und Kontroll- und Präventivmaßnahmen festschreibt. Doch wurde eine wichtige Regelung, die ausländische Unternehmen zur Entsorgung ihres Giftmülls in ihren Herkunftsländern verpflichtet, aus NAFTA gestrichen.


Giftiges Geschäft

Für Mexiko ist dies eine schlechte Nachricht, denn die Maquila-Betriebe setzen zahlreiche Giftstoffe frei. So werden in den Textilbetrieben Kleidungsstoffe mit Formaldehyd, Natronlauge, Schwefelsäure, Brom und Sulfonamid behandelt, um sie weich und haltbar zu machen. "Alle diese Substanzen schaden der menschlichen Gesundheit", warnt die US-amerikanische 'Organic Consumers Association'.

Berechnungen der Universität der Vereinten Nationen ergaben, dass bei der Herstellung eines einzigen Computer-Chips 45 Gramm toxische Substanzen entstehen. Darüber hinaus werden 20 Liter Wasser und 1,8 Kilowattstunden Strom verbraucht. Computer enthalten Giftstoffe wie Barium, Blei, Quecksilber, Beryllium und Kadmium. "Mexiko verfügt nicht über die Kapazitäten, um den Sektor zu regulieren", kritisiert Magdalena Cerda.

Die Maquilas stoßen zudem hohe Mengen klimaschädlicher Treibhausgase aus. So werden bei der Produktion eines einzigen Kleidungsstücks inklusive Reinigung und Herstellung des Fadens und des Stoffes 1,4 Kilogramm CO2 emittiert, wie das Projekt 'Die Geschichte der Dinge' der US-Amerikanerin Annie Leonard berechnet hat.

Die Vereinigung der Maquiladora-Industrie in Tijuana hat mit der Bundesstaatsanwaltschaft für Klimaschutz in Mexiko ein Abkommen zur Förderung der Zertifizierung sauberer Unternehmen geschlossen. Im laufenden Jahr konnten allerdings erst acht Betriebe mit dem Siegel ausgezeichnet werden.

"Wir weisen die Firmen immer wieder darauf hin, dass es sich lohnt, mit Ressourcen wie Wasser und Strom sparsam umzugehen. Mit den dadurch zur Verfügung stehenden Geldern lassen sich nachhaltige Maßnahmen finanzieren", meint Francisco López von 'Valle Verde Ecoempresas', einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern, Unternehmern und Regierungsvertretern zur Förderung einer Ressourcen schonenden Wirtschaftsproduktion. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2011