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WASSER/238: Neue Weltkarte zeigt Karstgrundwasserleiter (idw)


Karlsruher Institut für Technologie - 04.12.2017

Neue Weltkarte zeigt Karstgrundwasserleiter


Bis zu einem Viertel der Weltbevölkerung ist ganz oder teilweise von Frischwasser aus Karstgesteinsschichten abhängig. Über die verzweigten Karstgrundwasserleiter verbreiten sich aber auch Schadstoffe leicht über große Gebiete. Bislang fehlte ein genauer Überblick der globalen Verteilung dieser sogenannten Karstaquifere. Nun hat ein internationales Wissenschaftlerteam unter Schirmherrschaft der UNESCO und unter fachlicher Leitung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) eine "World Karst Aquifer Map" (WOKAM) vorgelegt, um Schutz und Management der Karstaquifere international zu verbessern.


Quelle: BGR, IAH, KIT und UNESCO

Ausschnitt der "World Karst Aquifer Map" im Maßstab 1:40 000 000.
Quelle: BGR, IAH, KIT und UNESCO

Karstgrundwasserleiter oder Karstaquifere sind Gesteinsformationen aus Karbonatgesteinen wie Kalkstein, Dolomit oder Kreide, in denen durch chemische Lösungsprozesse ein zusammenhängendes Netzwerk aus Spalten, Röhren und Höhlen entstanden ist. Karstaquifere können Grundwasser speichern und über große Distanzen weiterleiten, oft auch über Ländergrenzen hinweg. Sie haben hohe Bedeutung für die öffentliche Wasserversorgung: Bis zu einem Viertel der Weltbevölkerung sind ganz oder teilweise von Frischwasser aus Karstschichten abhängig. Da auch Schadstoffe sich über die verzweigten Grundwasserleiter leicht über große Gebiete verbreiten können, sind diese dabei in besonderem Maße schutzbedürftig. Das Wissen über das Vorkommen der Karstaquifere war bisher aber nur regional und in sehr unterschiedlich beschaffenen Datensätzen verfügbar.


Foto: © Nico Goldscheider, KIT

Der "Blautopf" in Blaubeuren, eine der größten Karstquellen Deutschlands
Foto: © Nico Goldscheider, KIT

Ein internationales Projekt der Abteilung Hydrogeologie am Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) als geowissenschaftlicher Beratungseinrichtung der Bundesregierung hat nun zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 44 Ländern die "World Karst Aquifer Map" (WOKAM) vorgelegt, eine Weltkarte der wasserführenden Karstgesteinsschichten. "Mit dieser Karte können wir nun die globale Verteilung von Karstaquiferen erstmals nach einheitlichen Kriterien abschätzen", sagt Professor Nico Goldscheider vom KIT, der das Projekt initiiert und geleitet hat. Demnach bestehen 14,7 Prozent der Erdoberfläche ganz oder teilweise aus verkarsteten Karbonatgesteinen; am höchsten ist der Anteil in Europa mit 21,6 Prozent. Da zum Teil ganze Großstädte wie Wien, Rom, San Antonio, Damaskus und Taiyuan mit Trinkwasser aus Karstquellen versorgt werden, zeigt WOKAM aber nicht nur die Verteilung der Karstaquifere, sondern auch eine Auswahl der wichtigsten Karstquellen sowie ausgewählte Höhlen.

Die Karte ist Teil des "World-wide Hydrogeological Mapping and Assessment Programme" (WHYMAP), mit dem die UNESCO gemeinsam mit der BGR und weiteren internationalen wissenschaftlichen Organisationen Wissen über Situation und Verteilung der weltweiten Grundwasserressourcen sammelt. WOKAM ist in diesem internationalen Verbund mit der finanziellen Unterstützung der "International Association of Hydrogeologists" (IAH) und der UNESCO entstanden. "Letztendlich konnten wir die Karte aber nur in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen regionalen Experten verwirklichen", sagt Goldscheider: "Es war faszinierend, zu erleben, wie über 90 Kollegen aus allen Kontinenten unentgeltlich mitgearbeitet haben." Vereint habe alle Beteiligten neben der Begeisterung für die Karsthydrologie auch das Bedürfnis, etwas zum Schutz der Karstgebiete beizutragen. Die neue Karte zeige nun Karstaquifere wesentlich detaillierter und umfassender als frühere Kartenwerke und mache damit ein nachhaltiges grenzüberschreitendes Management von Grundwasserressourcen möglich.

Zurzeit werden 2000 gedruckte Exemplare der WOKAM verbreitet, um das gesammelte Wissen über Karstaquifere international zugänglich zu machen. Künftig solle die Karte dazu beitragen, die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Entscheidungsträgern auf größere geologische Zusammenhänge zu lenken, die mit Karstprozessen verknüpft sind, so Goldscheider. Denn Karstlandschaften seien beispielsweise nicht nur für die Wasserversorgung wichtig, sie spielten auch eine wichtige Rolle für die Aufnahme von atmosphärischem CO2 und damit für das globale Klimageschehen. Schließlich seien sie auch oft Hotspots der Biodiversität: Auch aufgrund ihrer Artenvielfalt seien viele Karstlandschaften bereits Teil des UNESCO Welterbes.


Als "Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft" schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 26 000 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen.
Das KIT ist seit 2010 als familiengerechte Hochschule zertifiziert.

Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter:
http://www.sek.kit.edu/presse.php

Weitere Informationen finden Sie unter
http://bit.ly/WOKAM
http://www.klima-umwelt.kit.edu
http://martin.heidelberger@kit.edu
http://www.sek.kit.edu/presse.php

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news685813
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1173

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Karlsruher Institut für Technologie, Monika Landgraf, 04.12.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2017

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