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FORSCHUNG/510: Vorbereitung für den "Stresstest" im Meer (idw)


Technische Universität Braunschweig - 01.12.2014

Vorbereitung für den »Stresstest« im Meer

Studie zur Gruppierung von Multistressoren in »Nature Climate Change« veröffentlicht



Steigende Temperaturen, saureres Wasser und weniger Nährstoffe - der Klimawandel stellt das ökologische Gleichgewicht der Ozeane vor neue Herausforderungen. Viele dieser Stressfaktoren, die so genannten Stressoren, wirken gleichzeitig auf die Meereslebewesen und können sich sogar gegenseitig verstärken oder abmildern. Bisher wurden die Stressfaktoren zumeist individuell und getrennt voneinander betrachtet. Ein internationales Forscherteam hat nun mit Beteiligung der Geoökologin Sinikka Lennartz einen Ansatz entwickelt, der eine systematische und gemeinsame Untersuchung wichtiger Stressoren ermöglicht.

Ihre Studie wird in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlicht.

Stressfaktoren: unendliche Kombinationsmöglichkeiten

"Das Leben im Meer wird durch das komplexe Gleichgewicht einer Vielzahl von Faktoren wie Nährstoffen, Temperatur und pH-Wert bestimmt. Verändern sie sich, dann verändert sich auch das gesamte ökologische Gleichgewicht." erklärt Sinikka Lennartz, Absolventin der Technischen Universität Braunschweig. Während ihres Masterstudiums der Geoökologie konnte sie im Rahmen eines Auslandsaufenthalts an einer Studie mitarbeiten, die nun in der Zeitschrift "Nature Climate Change" veröffentlicht wird.

Grundlage der Studie waren Untersuchungen des Phytoplanktons, das die Basis der Nahrungskette im Meer bildet und daher für das ökologische Gleichgewicht besonders wichtig ist. "Phytoplankton wird von vielen verschiedenen Stressoren beeinflusst, die bereits einzeln im Labor und in Feldstudien untersucht werden. Wie wissen aber auch, dass diese sich gegenseitig verstärken oder abschwächen können", erklärt die junge Geoökologin, und ergänzt: "Zusammen ergeben sie fast unendliche Kombinationsmöglichkeiten, was bisher eine gemeinsame, systematische Betrachtung aller wichtigen Stressoren erschwert hat".

Klimasimulation und statistische Verfahren

Mit Hilfe von Klimasimulationen und einem statistischen Verfahren gelang es dem Forscherteam mehrere dieser Stressfaktoren zu erfassen und zu gruppieren, um ihre Wirkung als so genannte Multistressoren auf das Phytoplankton besser verstehen und abbilden zu können. "Wir haben nun eine bessere Vorstellung davon, welche Faktoren sich in Zukunft regional gleichzeitig ändern und tatsächlich in Zukunft eine Rolle spielen könnten", fasst Geoökologin Lennartz zusammen.

Neben dem allgemeinen Temperaturanstieg gäbe es beispielweise auch Multistressoren, die an verschiedenen Orten unterschiedlich stark wirken. So zeigten die wichtigen Nährstoffe Phosphat und Eisen dabei einen gegenläufigen Effekt. Wiederum ändern sich Lichtverhältnisse und Nährstoffe simultan, was eine Änderung der Artenzusammensetzung zur Folge haben könnte, erklärt Sinikka Lennartz.

Wie die Studie außerdem zeigt, sind die untersuchten Multistressoren im gesamten Ozean vorhanden. Es sei anzunehmen, so Lennartz, dass sie nicht nur das Phytoplankton, sondern auch weitere Meereslebewesen beeinflussen. "Um die Folgen des Klimawandels besser abschätzen zu können, sollten sie, zusammen mit der tatsächlichen Artenzusammensetzung in einer bestimmten Region, berücksichtigt werden", erklärt Lennartz. Die Auswirkungen der Multistressoren könnten nun in Labor- und Feldstudien gezielt weiter untersucht und auf weitere Planktonarten angewendet werden. Damit liefert die Studie Grundlagen für einen "Stresstest" im Meer unter realen Bedingungen.

Zur Publikation
Philip W. Boyd, Sinikka T. Lennartz, David M. Glover and Scott C. Doney (2014) Biological ramifications of climate-change mediated oceanic multi-stressors. Nature Climate Change (AOP 2014-12-01). DOI: 10.1038/nclimate2441

Sinikka Lennartz studierte bis Ende 2013 im Masterstudiengang Geoökologie und konnte in diesem Rahmen einen Forschungsaufenthalt am Woods Hole Institut of Oceanography nahe Boston absolvieren. Dort arbeitete sie zwei Monate unter der Betreuung von Dr. Scott Doney in der Abteilung Marine Chemie und Geochemie. Gegenwärtig ist sie Doktorandin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://blogs.tu-braunschweig.de/presseinformationen/?p=7706

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Braunschweig, Stephan Nachtigall, 01.12.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2014