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GEFAHR/078: "PricewaterhouseCoopers" warnt vor katastrophaler Überhitzung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. November 2012

KLIMA: Planet am Abgrund - 'PricewaterhouseCoopers' warnt vor katastrophaler Überhitzung

von Stephen Leahy



Uxbridge, Kanada, 7. November (IPS) - Nutzt die Welt weiterhin fossile Brennstoffe, steuert die Menschheit auf eine Katastrophe zu. Wird die Energieversorgung nicht schnellstens von Kohle und Öl auf andere Quellen umgestellt, steigt die globale Erdtemperatur um mindestens vier, möglicherweise aber sechs Grad. Mit dieser eindringlichen Warnung wartet eine der vier weltweit größten Prüfungsgesellschaften und Unternehmensberatungsfirmen auf.

Erwartete Temperatursteigerungen von wenigstens vier Grad sind nichts Neues. Bemerkenswert an der Studie ist, dass sie nicht von bekannten Klimaforschungsinstituten oder Universitäten, sondern von 'PricewaterhouseCoopers' (PwC) verfasst worden ist.

Weder die Industrie- noch die Entwicklungsländer verhalten sich nur im Entferntesten so wie sie müssten, um die Katastrophe abzuwenden und dafür zu sorgen, dass der Planet nicht in naher Zukunft unbewohnbar wird, heißt es in dem Report.

"Es geht hier nicht darum, Panik zu verbreiten, das ist einfache Mathematik", sagt Leo Johnson, einer der Partner von PwC. "Wir bewegen uns auf unbekanntes Territorium zu." Nicht nur neue Technologien seien notwendig, von denen man allerdings noch nicht wisse, wie sie ausgestaltet sein müssten. Es bedürfe einer gesellschaftlichen Transformation großen Ausmaßes.

Die Studie erschien am 5. November und damit nur drei Wochen vor dem Start der nächsten Runde der Klimaverhandlungen. In diesem Jahr treffen sich die internationalen Verhandlungsführer vom 26. November bis 7. Dezember in Doha in Katar.

Im Jahr 2011 sind der PwC-Studie zufolge die globalen Kohlendioxidemissionen pro BIP-Einheit um 0,7 Prozent gesunken. Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was notwendig ist, damit die globale Erdtemperatur gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung um nicht mehr als zwei Grad Celsius steigt. Darauf hatten sich die UN-Staaten auf der Klimakonferenz 2009 im dänischen Kopenhagen - allerdings unverbindlich - geeinigt.


Tatsächliche Emissionsreduktionen hinken hinter Zusagen hinterher

Seit dem allgemein als gescheitert angesehenen Gipfel in Kopenhagen fordern Wissenschaftler und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen fast unisono höhere Emissionsreduktionsziele der Mitgliedstaaten. Die Studie von PricewaterhouseCoopers zeigt allerdings, dass diese Forderungen bisher weitgehend unerfüllt geblieben sind.

Wenn die Staaten der Welt bereits im Jahr 2000 angefangen hätten, ihre Emissionen zu senken, dann hätten sie dies pro Jahr nur um 3,7 Prozent machen müssen. "Nun müssen wir die Treibhausgasemissionen bis 2050 jedes Jahr um 5,1 Prozent reduzieren", sagt Jonathan Grant, Leiter der Abteilung für Nachhaltigkeit und Klimawandel der Prüfungsgesellschaft. "Es sieht allerdings nicht danach aus, als könnten wir das schaffen."

Würde man die aktuelle Reduktionsrate von 0,7 Prozent auf 1,5 Prozent verdoppeln, dann stiegen die Durchschnittstemperaturen immer noch um mindestens vier Prozent, heißt es in der Studie. Das bedeutet letztlich, dass die Welt heißer sein wird als jemals zuvor in den vergangenen 30 Millionen Jahren. Die Temperaturen würden in einigen Regionen lediglich um zwei Grad steigen. In einigen Gegenden in Kanada und Europa würden die Temperaturen um acht bis zehn Grad steigen, in der Arktis beispielsweise sogar um 15 Grad. Die bewohnbare Fläche Afrikas würde stark schrumpfen, da vor allem Dürren die Böden austrockneten.

Bei vier Grad Erderwärmung steigt außerdem der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um ein bis zwei Meter. Dadurch würden mehrere hundert Millionen Menschen heimatlos werden. Bereits jetzt hat sich das Meer weiter ausgebreitet und beispielsweise in Bangladesch Land für sich eingenommen.


Kohlekraftwerke schließen

Damit die USA ihre - wenn auch unzureichenden - Zusagen, die Treibhausgasemissionen um 17 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 zu reduzieren, erreichen können, müssten sie alle ihre Kohlekraftwerke schließen. Die Autoren des PwC-Berichtes empfehlen, diese beispielsweise durch Gaskraftwerke zu ersetzen.

Die Reduktionsziele Großbritanniens sind wesentlich ambitionierter: Das Land will seine Emissionen im Vergleich zu 1990 um 34 Prozent reduzieren. Bisher haben sie eine 18-prozentige Reduktion erreicht. Auch Großbritannien empfehlen die Autoren, alle Kohlekraftwerke bis 2020 zu schließen.

Doch die Zusagen der Industrieländer sind noch zu gering: Das Zwei-Grad-Ziel kann damit nicht eingehalten werden. Stattdessen steuert die Welt auf eine Erderwärmung um 3,5 Prozent zu, wie der 'Climate Action Tracker' warnt, ein Instrument, das auf wissenschaftlichen Daten beruht und die Zusagen sowie tatsächlichen Emissionsreduktionen der Staaten verfolgt. "Zwei Grad sind noch immer einzuhalten", sagt Marion Vieweg vom Climate Action Tracker. (Ende/IPS/jt/2012)


Links:

http://www.pwc.com/gx/en/sustainability/publications/low-carbon-economy-index/index.jhtml
http://www.ipsnews.net/2012/11/mankind-approaching-carbon-cliff-report-warns/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2012