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POLITIK/684: Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum 14. Petersberger Klimadialog (BMUV)


Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
Rede - 03.05.2023

Rede von Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum 14. Petersberger Klimadialog


Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat beim 14. Petersberger Klimadialog eine Rede gehalten. Darin warnt sie vor den Folgen der Klimakrise, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer stärker werden.
- Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Sehr geehrte Damen und Herren,

die Folgen der Klimakrise sind längst offensichtlich. Das hat uns der letzte IPCC-Bericht so unmissverständlich wie wissenschaftlich fundiert gezeigt. Und wir sehen es selbst, in den Nachrichten und vor unserer Haustür. Am Horn von Afrika zum Beispiel herrscht eine verheerende Dürre. Millionen Menschen hungern. Hier in Europa - in Italien, Frankreich, Spanien - erleben wir Dürren, wie wir sie zumindest zu dieser Jahreszeit bisher noch überhaupt nicht kannten.

Diese Folgen der Klimakrise werden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer stärker werden. Deswegen müssen wir Vorsorge treffen, um sie abzupuffern. Unsere stärkste Verbündete dabei ist die Natur. Sie ist zugleich eine mächtige Klimaschützerin. Deshalb setzen wir auf natur-basierte Lösungen. In Deutschland haben wir dazu das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz aufgelegt. Die Idee: Die Natur stärken, damit wir ihre Stärke für uns nutzen können.

Davon profitieren wir gleich dreifach:

Erstens, gesunde Ökosysteme - Wälder und Moore, Meere und Auen - binden CO2 aus der Luft und speichern es langfristig. So bekämpfen wir die Klimakrise. Deswegen wollen wir den Zustand der Ökosysteme verbessern und sie wo nötig wiederherstellen.

Zweitens helfen gesunde Ökosysteme bei der Vorsorge gegen die Folgen der Klimakrise: Hitze, Dürre, Starkregen. Naturnahe Wälder, Böden, Moore oder Flussauen nehmen Wasser auf und speichern es für Dürrezeiten, bei Hochwasser stehen sie als Überschwemmungsflächen zur Verfügung. Grüne Dächer, Fassaden und durch Bäume beschattete Plätze kühlen unsere Häuser und Städte, speichern Regenwasser, verbessern die Luft- und unsere Lebensqualität. Die Natur ist in der Vorsorge das A und O. Das ist genau das, was wir unter "ökosystembasierter Anpassung" verstehen.

Und es gibt noch einen dritten Nutzen: den Erhalt der biologischen Vielfalt. Gesunde Natur bietet Lebensräume für viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten, die wiederum für uns Menschen arbeiten: zum Beispiel indem Kleinstlebewesen unsere Böden fruchtbar halten oder Muscheln unser Wasser filtern.

Ich bin überzeugt, dass die Zukunft den Lösungen gehört, die uns gleich mehrfach nutzen. Darum setze ich mich auch international für die verstärkte Umsetzung von naturbasierten Lösungen ein. Es hat mich sehr gefreut, dass von COP27 ein starkes Signal ausging die Synergien von Klima- und Biodiversitätsschutz besser zu nutzen. Ich habe großes Vertrauen, dass uns ähnliches auch bei COP28 gelingen wird. Dazu wollen wir andere Staaten bei der Umsetzung von naturbasierten Lösungen und bei ihrer Vorsorge und Anpassung an die Klimakrise unterstützen. Dem dient zum Beispiel die ENACT-Partnership und viele Projekte der Internationalen Klimaschutzinitiative IKI.

Die Klimakrise ist - leider - nicht die einzige große ökologische Krise. Auch der Verlust der biologischen Vielfalt und die Umweltverschmutzung bedrohen unsere Lebensgrundlagen. All diese Krisen bedingen und verstärken sich gegenseitig. Es ist deshalb nur sinnvoll, sie gemeinsam zu bekämpfen.

Natürlich müssen wir dazu über die Energiewende sprechen, wie Sie das in den letzten beiden Tagen getan haben. Über Windparks, E-Autos und Wärmepumpen. Aber Klimaschutz ist weit mehr als das. Neben Schutz und Stärkung der Natur gibt es einen weiteren Baustein, der - noch - häufig vergessen wird: unser Rohstoffverbrauch. Vom Turnschuh bis zum Einfamilienhaus werden jeden Tag unzählige Dinge hergestellt, verkauft und verbraucht. Für all diese Dinge werden wertvolle Ressourcen benötigt. Und diese werden abgebaut mit hohem Energieeinsatz und CO2-Ausstoß und teils massiven Belastungen für Böden, Gewässer, Flora und Fauna. Wir müssen Rohstoffe viel stärker im Kreislauf führen und so den Verbrauch frischer Ressourcen reduzieren.
Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft gehören untrennbar zur Bekämpfung der Klimakrise. Ich würde mir wünschen, dass die mit der Kreislaufwirtschaft verbundenen Minderungspotentiale in den Klimadebatten und in nationalen Klimaschutzmaßnahmen eine viel stärkere Rolle spielen.

Bei der Weltnaturkonferenz in Montreal ist uns ein Durchbruch gelungen: Wir haben einen Schutzschirm für die Natur aufgespannt. Und das unter schwierigen geopolitischen Bedingungen. Vor einigen Wochen hat sich die Welt zum allerersten Mal auf Regeln zum Schutz der Natur auf Hoher See geeinigt. Ich finde es sehr ermutigend, dass das möglich war. Diesen Mut, dieses Momentum sollten wir mit zur COP28 nehmen. Erlauben Sie mir mit Blick auf COP28 drei mir wichtige Punkte zu nennen:

Erstens: Die globale Bestandsaufnahme ist ein wichtiger Meilenstein und zeigt der Welt, wo wir stehen, auch mit Blick auf die 1,5 Grad Obergrenze. Bei dieser Bestandsaufnahme gilt es, konsequent alle Bereiche und Sektoren in den Blick zu nehmen, auch diejenigen, die bisher noch weniger Berücksichtigung gefunden haben. Soll sollten wir zum einen die Natur viel stärker als Teil der Lösung nutzen. Anerkennung und explizites Nennen naturbasierter Lösungen war ein wichtiger erster Schritt. Jetzt gilt es darauf aufzubauen: mit der Stärkung der Wälder, einer neuen, naturverträglichen Form der Landnutzung, mit ökosystembasierter Anpassung. Auch die Kreislaufwirtschaft wollen wir als Lösungsansatz stärker sichtbar machen. Ein weiterer Aspekt sind die Emissionen des internationalen Luft- und Seeverkehrs. Ich erhoffe mir, dass es gelingt diese Emissionen im Rahmen der Globalen Bestandsaufnahme vollständig abzubilden und dass die UN-Sonderorganisationen IMO und ICAO entsprechend dazu beitragen.

Zweitens: Ich freue mich über die Bestrebungen, bei COP 28 den Rahmen für ein globales Anpassungsziel festzulegen. Ich hoffe, dass die Verhandlungen produktiv verlaufen und eine Einigung gelingt. In Deutschland arbeitet das Umweltministerium bereits an einer nationalen Anpassungsstrategie mit konkreten, messbaren Zielen. Wir brauchen klare Ziele als Kompass, an dem wir unsere verschiedenen Maßnahmen ausrichten können.

Drittens: Ich wünsche mir, dass wir die Aktivitäten der verschiedenen Umweltkonventionen und internationalen Foren noch viel stärker verzahnen. Die Klimaverhandlungen, die Agenda 2030 und ihre Ziele für nachhaltige Entwicklung [SDGs], die Umsetzung der Beschlüsse von Montreal - um nur ein paar Beispiele zu nennen. Denn alle tragen bei zur Bekämpfung der Dreifachkrise.

Zur Bekämpfung von Klimakrise, Biodiversitätsverlust und Umweltverschmutzung müssen wir alle Hebel nutzen. Die besten sind dabei die, die uns gegen mehrere Krisen gleichzeitig helfen: wie die naturbasierten Lösungen, wie die Kreislaufwirtschaft. Lassen Sie uns weiter gemeinsam an solchen tragfähigen Lösungen für die Zukunft arbeiten.

03.05.2023 | Rede Klimaanpassung

Meldungen zum Thema

25.04.2023 | Pressemitteilung
Förderung für Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen
https://www.bmuv.de/PM10572

20.04.2023 | Pressemitteilung
Zirkuläres Wirtschaften muss Treiber für Umwelt- und Klimaschutz werden
https://www.bmuv.de/PM10564

03.05.2023 | Medienbeitrag
Steffi Lemke: "Brauchen dringend Ziele für Klimakonferenz im Herbst"
https://www.bmuv.de/IV10585

Weitere Informationen

Klimaanpassung - Themenseite
https://www.bmuv.de/themen/klimaschutz-anpassung/klimaanpassung

Kreislaufwirtschaft - Themenseite
https://www.bmuv.de/themen/wasser-ressourcen-abfall/kreislaufwirtschaft

Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes Gesetz
https://www.bmuv.de/gesetz/referentenentwurf-eines-bundes-klimaanpassungsgesetzes

Natürlicher Klimaschutz
Klimaschutz mit Naturschutz verbinden
https://www.bmuv.de/natuerlicher-klimaschutz

Weltnaturkonferenz 2022
CBD COP 15
https://www.bmuv.de/cbd-cop15


https://www.bmuv.de/rede/rede-von-bundesumweltministerin-steffi-lemke-zum-14-petersberger-klimadialog

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Quelle:
Rede von Steffi Lemke zum 14. Petersberger Klimadialog - 03.05.2023
https://www.bmuv.de/RE10584
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
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Tel.: 030 18 305-0, Fax: 0228 99 305-3225
Redaktion:
Referat Öffentlichkeitsarbeit, Online-Kommunikation und Social Media

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 5. Mai 2023

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