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UNO/093: Dirk Niebel zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen, 3.12.09 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen vor dem Deutschen Bundestag am 3. Dezember 2009 in Berlin


Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Herr Kelber, vielen Dank für die nette Vorlage. Ich kann Ihnen versichern, dass das gesamte Kabinett die Hosen anlassen wird.

Wir alle wissen, dass der Klimaschutz eine globale Herausforderung ist, und wir wissen vor allen Dingen auch, dass insbesondere die Entwicklungsländer betroffen sind. Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit sind überhaupt nicht voneinander zu trennen. Beides sind integrale Bestandteile der Aufgaben, die diese Bundesregierung zu leisten hat.

Die Entwicklungsländer sind mehrfach betroffen, weil sie am meisten unter dem Klimawandel zu leiden haben, obwohl sie am wenigsten dazu beigetragen haben, und weil von heute bis zum Jahr 2050 90 Prozent der zusätzlichen Emissionen in Entwicklungs- und Schwellenländern ausgestoßen werden. Deswegen ist die Entwicklungszusammenarbeit eine Frage der Zukunft der Weltbevölkerung. Ich glaube, dass man zur Kenntnis nehmen muss, dass selbst die komplette Reduktion der Treibhausgasemissionen in den Industriestaaten nicht dazu führen würde, das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Aus diesem Grund ist ein eigener Anteil der Entwicklungs- und Schwellenländer zur Reduktion von Treibhausgasen zwingend notwendig und muss in Kopenhagen eingefordert werden.

Klimaschutz ist integraler Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit. Deswegen bin ich froh, dass der Koalitionsvertrag hierzu klar und eindeutig formuliert ist. Dort steht, dass Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz zu den Schlüsselsektoren der Entwicklungszusammenarbeit zählen. Darüber hinaus hat sich die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag freiwillig, ohne irgendeine Verpflichtung dazu zu haben, zu einem Reduktionsziel von 40 Prozent bis zum Jahr 2020 bekannt. Das ist ein wegweisender Beschluss. Es ist auch ein Signal für unsere europäischen Partner, uns das möglichst nachzutun.

Wenn man die Anpassung an den Klimawandel als integralen Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit versteht, führt das dazu, dass zukünftige Entwicklungsprojekte klimafest gestaltet werden müssen. Wenn aufgrund des Klimawandels zum Beispiel ein Staudamm an einem Wasserkraftwerk einen Meter höher gebaut werden muss, als das früher der Fall war, dann ist diese Klimaschutzmaßnahme ein Bestandteil des Entwicklungsprojektes. So müssen wir die Entwicklungszusammenarbeit in diesem Themenfeld in Zukunft betrachten.

Das eigentliche Klimaministerium in der Bundesrepublik Deutschland ist übrigens das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit über einer Milliarde Euro im laufenden Etat für Klimaschutzmaßnahmen. Man muss deutlich sagen, dass die Stärkung dieses Ministeriums durch die Übernahme durch die FDP dazu führt, dass der Klimawandel intensiver bekämpft wird, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.

Wir sind für einen fairen Interessenausgleich zwischen Nord und Süd. Das wird der Schlüssel zum Erfolg der Klimaverhandlungen in Kopenhagen sein. Die Entwicklungsländer werden nur dann bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und ihre CO2-Emissionen zu mindern, wenn sie verlässliche und planbare Unterstützung durch die Industrieländer bekommen. Gerade die Bundesrepublik Deutschland steht durch ihr bisheriges Regierungshandeln in der Pflicht, weiterhin Vorreiter zu sein. Aus diesem Grund ist der Antrag der Regierungsfraktionen, der heute zur Entscheidung ansteht, ein guter Antrag, der wegweisende Punkte beinhaltet.

Die Bundesregierung beteiligt sich mit einem fairen und angemessenen Anteil an der Emissionsminderung und an der Anpassung an den Klimawandel. Aber wir sagen auch: Das ist ein Bestandteil des 0,7-Prozent-Ziels im Rahmen der Entwicklungsfinanzierung. Es geht nicht, Klimaschutz und Armutsbekämpfung von der Opposition gegeneinander ausspielen zu lassen; denn ein richtig verstandener Klimaschutz ist ausdrücklich auch ein Beitrag zur Armutsbekämpfung. Entwicklungsländer und Schwellenländer nutzen oftmals die teuersten und umweltschädlichsten Energieträger. Deswegen wird mit moderner Technologie und mit erneuerbaren Energien ein Synergieeffekt im Sinne der Armutsbekämpfung erzielt.

Diese Bundesregierung wird auf ihrer Agenda den Schutz der Regenwälder mit einem hohen Stellenwert versehen. Der Waldschutz ist mit Sicherheit eines der kostengünstigsten und nachhaltigsten Klimaschutzinstrumente. Aus diesem Grund wird dies einer der Schwerpunkte der neuen Bundesregierung in der Entwicklungszusammenarbeit sein.

Klimaschutz kostet Geld, kein Klimaschutz kostet mehr Geld; das hat Michael Kauch vorhin völlig zu Recht gesagt. Deswegen setzen wir auf den Emissionszertifikatehandel als wesentliches, als marktwirtschaftlich organisiertes Finanzierungsinstrument beim Klimaschutz. Dass wir den Waldschutz hier noch nicht einbeziehen können, hat zwei ganz klar nachvollziehbare Gründe: Es würde zu einem Preisverfall bei den Emissionszertifikaten führen und dadurch die Finanzierungsgrundlage vieler Projekte vernichten. Außerdem müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die CO2-Absorptionsfähigkeit noch nicht vollständig messbar ist, wir also derzeit keine Grundlage haben, um Waldschutzprojekte in den Zertifikatehandel einzubeziehen.

Bei allem Engagement dieser Bundesregierung fordern wir natürlich konkrete und nachprüfbare Mindestbeiträge unserer Partner, auch der Entwicklungs- und Schwellenländer. Wir müssen gemeinsam handeln. Das heißt, wir müssen gemeinsame Vereinbarungen finden, zumindest die politischen Ziele definieren und einen Zeitpunkt festsetzen, bis zu dem ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag geschlossen sein muss. Unter diesen Voraussetzungen kann und wird die Konferenz in Kopenhagen zu einem Erfolg werden.


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Quelle:
Bulletin Nr. 121-2 vom 03.12.2009
Rede des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung,
Dirk Niebel, zur Weltklimakonferenz in Kopenhagen vor dem
Deutschen Bundestag am 3. Dezember 2009 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2009