Deutscher Naturschutzring (DNR)
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EU-News | 13.10.2022 - Landwirtschaft und Gentechnik
Carbon Farming: Bekenntnisse und Zweifel
In einer gemeinsamen Erklärung brachten am 7. Oktober acht EU-Mitgliedstaaten ihre Unterstützung für das Konzept des Carbon Farmings in der Landwirtschaft zum Ausdruck. Die EU plant noch in diesem Jahr einen Vorschlag für einen Rechtsrahmen für die Kohlenstoffbindung vorzulegen. Dabei weisen Umweltverbände verstärkt auf Risiken und Probleme von Carbon Farming als mögliches Geschäftsmodell hin.
Mit der Erklärung bekannten sich die Agrarminister der Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) sowie Bulgarien, Kroatien, Rumänien und Slowenien (GV4+4) zur Bedeutung des Carbon Farmings zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 und zu den EU-Plänen für nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe. Dabei betonten sie die Rolle der Landwirtschaft, sowohl für die Emissionsreduktion, als auch bei der Kohlenstoffbindung. Bei ihrem Treffen in Pezinok bestätigten die Minister des GV4+4 Formats ihr Interesse an der Entwicklung eines neuen Wirtschaftsmodells für den Agrarsektor. Ein solches Modell zur Anreicherung von Kohlenstoff in Böden, müsse jedoch freiwillig sowie einfach umsetzbar sein und dürfe nicht zu einer Benachteiligung von Landwirt*innen führen.
Im Dezember 2021 [1] hatte die EU-Kommission ihre Pläne zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen im Rahmen des "Fit for 55"-Klimapakets präsentiert. Darin wird Carbon Farming eine große Bedeutung zum Abbau von CO2 aus der Atmosphäre beigemessen. Trotz unterschiedlicher Definitionen werden unter Carbon Farming in der Regel landbasierte Praktiken verstanden, die zur verbesserten Bindung und Speicherung von Kohlenstoff in Böden und Vegetation beitragen. Dazu zählen etwa Agroforstsysteme, Methoden zur Humusanreicherung, Wiederbewaldung oder die Wiedervernässung von Mooren. Die Pläne der Kommission sehen noch für dieses Jahr die Veröffentlichung eines Vorschlags für ein Zertifizierungssystems zur Honorierung von Kohlenstoffbindung vor (Carbon Removal Certification framework, CRC).
Obwohl Umweltverbände dem Anliegen der Kohlenstoffbindung in der Landnutzung naturgemäß positiv gegenüberstehen, sehen sie die Honorierung im Rahmen des Carbon Farmings kritisch. In einem gemeinsamen Positionspapier wiesen viele Organisationen bereits im November 2021 auf Grenzen, Risiken und mögliche Schlupflöcher eines Zertifikatssystems für Humusaufbau hin. Zu den aufgeführten Problemen zählen etwa: komplizierte und aufwendige Messbarkeit, die kaum mögliche Gewährleistung einer dauerhaften Festlegung (Permanenz), mögliche Verlagerungseffekte, die Benachteiligung von Pionier*innen und die Gefahr, dass andere Sektoren ihre Emissionen kompensieren anstatt selbst zu reduzieren.
Im Vorfeld der Veröffentlichung des Kommissions-Vorschlags zum CRC hat
das Europäische Umweltbüro (EEB) im September seine Empfehlungen für
den Rechtsrahmen veröffentlicht. Darin wurde betont: Nicht alle
Landnutzungspraktiken sind für ein Zertifizierungssystem geeignet.
Ebenso dürfe im Landsektor der Fokus nicht allein auf den Kohlenstoff
reduziert werden. Ein Risiko auf das auch der NABU in seinem aktuellen
Positionspapier zu Carbon Farming hinweist. Immerhin handele es sich
um komplexe Ökosysteme die gleichsam Lebensraum sind und eine Vielzahl
von Ökosystemfunktionen erfüllen. [bp]
Erklärung der GV4+4 zu Carbon Farming
https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13405-2022-INIT/en/pdf
Mitteilung der Kommission zu nachhaltigen Kohlenstoffkreisläufen
https://climate.ec.europa.eu/eu-action/forests-and-agriculture/sustainable-carbon-cycles_en#sustainable-carbon-cycles
Bündnis-Position zur Festlegung von Kohlenstoff in Böden und ihrer
möglichen Honorierung mittels Zertifikaten
https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/position-kohlenstoff-in-boeden.pdf
EEB Politikempfehlungen zum Carbon Removal Certification framework
https://eeb.org/wp-content/uploads/2022/09/CRC-EEB-Policy-Recommendations-Final-1.pdf
NABU-Standpunkt zu Carbon Farming
https://www.nabu.de/imperia/md/content/220905-nabu-standpunkt_carbon_farming.pdf
Link:
[1] https://www.dnr.de/aktuelles-termine/aktuelles/eu-kommission-praesentiert-plaene-zu-nachhaltigen
*
Quelle:
EU-News, 13.10.2022
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
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E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. Oktober 2022
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