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FORSCHUNG/441: Brückenschlag zwischen Forschung und Praxis (idw)


Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. - 27.05.2014

Vom Rat zur Tat: Ein beispielhafter Ansatz zeigt den Brückenschlag zwischen Forschung und Praxis



Wie können wissenschaftliche Erkenntnisse und Empfehlungen aus der Agrar- und Umweltforschung rascher umgesetzt werden, z. B. um natürliche Ressourcen effizienter zu nutzen und drängende Klimaschutzziele zu erreichen? In einem in der Fachzeitschrift GAIA erschienenen Artikel beschreiben Wissenschaftler einen beispielhaften Ansatz, wie die frühe Einbeziehung von Stakeholdern in die Planung und Durchführung von Forschungsvorhaben helfen kann, die Lücke zwischen Erkenntnis und Umsetzung zu schließen.

"Wir wissen, was getan werden sollte, um Treibhausgasemissionen und Stickstoffverluste aus der Landwirtschaft zu vermeiden", so die Überzeugung der Wissenschaftler, die seit vielen Jahren zum Thema forschen. Warum werden die begründeten Vorschläge der Forscher von der Praxis aber weniger angenommen als erhofft? Warum kommt es zu einer Umsetzungslücke zwischen theoretisch erarbeitetem Wissen und Maßnahmen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb? Dieser Frage widmet sich das Forschungsprojekt "FarmClim" unter Leitung von PD Dr. Barbara Amon.

Das klassische Vorgehen in Forschungsprojekten sieht vor, dass Forscher beispielsweise Maßnahmen zur Minderung von Emissionen wissenschaftlich untersuchen und Empfehlungen für die Praxis erarbeiten. Nach Ablauf der Bearbeitungszeit werden dann die Ergebnisse den Praktikern vorgestellt, die dabei eine passive, zuhörende Rolle einnehmen. Das Interesse an den Ergebnissen ist stets groß, die tatsächliche Umsetzung bleibt aber meist hinter den Erwartungen zurück.

"Deshalb sind wir in FarmClim einen neuen Weg gegangen", erläutert Projektleiterin Barbara Amon, die das Projekt an der Universität für Bodenkultur in Wien mit zahlreichen Partnern auf den Weg gebracht hat. "Uns war es wichtig, Wissenschaft, Umweltberichterstattung und landwirtschaftliche Praxis als gleichberechtigte Partner bereits in der Projektentwicklung und dann auch in der Durchführung dabei zu haben."

Ein Wagnis - kommt es doch mitunter gerade zwischen Landwirtschaft und Umweltberichterstattung zu Verständigungsproblemen. Der Mut, diese neue Herangehensweise zu wagen, hat sich aus Sicht von Barbara Amon gelohnt: "Bereits von Beginn des Projektes an trugen alle Partner sehr konstruktiv zum Gelingen bei. Das Verständnis für die gegenseitigen Anliegen und Bedürfnisse wuchs mit jeder Sitzung und ermöglichte das Finden innovativer Lösungen, die vom gesamten Konsortium mitgetragen werden können. Die verschiedenen Sichtweisen waren der Nährboden für neue Ideen."

Welche Vorteile sich aus einer projektinternen transdisziplinären Zusammenarbeit ergeben können, zeigt die Diskussion um emissionsmindernde Fütterungsstrategien bei Schweinen. Wird Futter in der Mastphase mit zwei unterschiedlich zusammengesetzten Rationen gegeben, verbessert das die Proteinverwertung beim Schwein. Gleichzeitig wird ein Zuviel an stickstoffreicher Kost vermieden und so mögliche Stickstoffverluste reduziert. Wissenschaftler unterschieden in ihren Bewertungsannahmen nur zwischen Betrieben, die diese Phasenfütterung praktizierten oder nicht. Praktiker konnten diese fest gefahrene Sichtweise aufweiten, indem sie zeigten, wie die Proteingaben im Futter dosiert werden können ohne eine aufwendige Phasenfütterung im Betrieb zu etablieren. Dies ist zwar hinsichtlich der Emmissionsreduzierung einzelbetrieblich nicht so wirksam wie eine Phasenfütterung, jedoch kostengünstiger und daher für eine größere Anzahl von Betrieben realisierbar - also in der Summe aller Betriebe wirksamer.

Das Klimafondsprojekt FarmClim ("Farming for a better climate by improving nitrogen use efficiency and reducing greenhouse gas emissions") erfasst Flüsse von Stickstoff und klima-relevanten Gasen der österreichischen Landwirtschaft und schlägt Möglichkeiten zur Optimierung vor. Die Optimierungsmaßnahmen werden einer ökonomischen Evaluierung unterzogen. FarmClim bearbeitet die Thematik in einem multi- und interdisziplinären Ansatz mit einem Team aus national und international anerkannten Experten aus der Wissenschaft, der Umweltberichterstattung und Vertretern der Landwirtschaft. Das Einbeziehen der Stakeholder-Sicht zu einem sehr frühen Projektzeitpunkt trägt dazu bei, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis im Bereich "Klimaschutz in der Landwirtschaft" zu schaffen. FarmClim hat eine Laufzeit von Mai 2012 bis Oktober 2014 und wird vom Österreichischen Klima- und Energiefond im Rahmen von Austrian Climate Research Programme (ACRP) gefördert.

Literatur:
Barbara Amon, Wilfried Winiwarter et. al.: Farming for a Better Climate (FarmClim). Design of an Inter- and Transdisciplinary Research Project Aiming to Address the "Science-Policy Gap". GAIA 23/2 (2014): 118-124 (doi:10.14512/gaia.23.2.9)
Online unter: http://www.gaia-online.net/

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.
Max-Eyth-Allee 100, 14469 Potsdam
www.atb-potsdam.de

Die Forschung des Leibniz-Instituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB) zielt auf die ressourceneffiziente Nutzung biologischer Systeme zur Erzeugung von Lebensmitteln, Rohstoffen und Energie in Anpassung an Anforderungen von Klimaschutz und Klimawandel. Zu diesem Zweck entwickelt das ATB verfahrenstechnische Grundlagen für eine nachhaltige Landbewirtschaftung und stellt innovative technische Lösungen für Landwirtschaft und Industrie bereit. Eine Querschnittsaufgabe ist die Analyse und Bewertung des Technikeinsatzes entlang der Wertschöpfungskette. Die im Rahmen von Bioraffinerie- und Kaskadennutzungskonzepten entwickelten Technologien sind ein Beitrag zur Schaffung einer biobasierten Stoff- und Energiewirtschaft.

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news589166
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution448

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.,
Dipl.-Ing. agr. Helene Foltan, 27.05.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2014