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GENTECHNIK/756: EU-Länder sollen künftig autonom über den Anbau von Genpflanzen entscheiden (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände

EU-Koordination - 13.07.2010

EU-Länder sollen künftig autonom über den Anbau von Genpflanzen entscheiden


Die EU-Kommission will es künftig den Mitgliedstaaten überlassen, den Anbau von Genpflanzen zu erlauben oder nicht, auch wenn diese in der EU genehmigt sind.

Das hat der EU-Verbraucherschutzkommissar John Dalli am 13. Juli in Brüssel vorgeschlagen. Die Neuregelung des Entscheidungsverfahrens war erforderlich, weil alle Beteiligten mit dem Prozedere unzufrieden waren. Wenn sich der Ministerrat nicht mit einer qualifizierten Mehrheit auf die Genehmigung oder das Verbot von gentechnisch veränderten Organismen einigen konnte, hatte in der Vergangenheit die EU-Kommission entschieden. Diese folgte stets den Empfehlungen der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, die meist den Anbau erlaubte.

Vertreter von gentechnikfreien Regionen freuen sich über eine mögliche rechtliche Absicherung der Gentechnikfreiheit in ihren Regionen. Dafür plant die Kommission die Koexistenz-Leitlinien zu ändern. Die Mitgliedstaaten sollen mehr Flexibiltät erhalten, um die Koexistenz zwischen Genpflanzen und Pflanzen aus herkömmlichem oder ökologischem Anbau zu regeln. Kommissar Dalli betonte, dass das bisherige Zulassungssystem, das auf der wissenschaftlichen Bewertung von Gesundheits- und Umweltrisiken beruht, beibehalten werde. Er kündigte bis Ende des Jahres weitere Maßnahmen an.

Kritik kommt von Umweltverbänden, die befürchten, dass mit der Neuregelung mehr Genpflanzen zugelassen und die Rechtssicherheit geschwächt werden. Friends of the Earth Europe forderte die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auf, den Vorschlag der Kommission nicht anzunehmen. Auch die Grünen/EFA im Europaparlament sehen die Pläne der Kommission mit Skepsis. Sie hielten eine Reihe von Fallstricken bereit, sagte der Koordinator im Landwirtschaftsausschuss Martin Häusling. Da die EU-weite Zulassung von Genpflanzen beibehalten werde, liefen Länder, die den Anbau verbieten wollen, Gefahr von Gentechnikfirmen verklagt zu werden. Zudem gebe es keinen ausreichenden Schutz für biologisch oder konventionell wirtschaftende Bauern in Ländern, die den Anbau von Genpflanzen zulassen. Die Grünen verweisen auf einen Bericht, der den von der EFSA erarbeiteten Richtlinienentwurf zur Risikoabschätzung für genmodifizierte Pflanzen analysiert. Demnach weist die Risikoanalyse der EFSA ernsthafte Mängel auf.

Dem Verordnungsentwurf müssen noch das EU-Parlament und der Ministerrat zustimmen. [mbu]


Vorschlag der Kommission [31]

Weitere Informationen
Friends of the Earth Europe [32]
Analyse des Richtlinienentwurfs zur Risikoabschätzung von Genpflanzen [33]

[31] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/921&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en
[32] http://www.foeeurope.org
[33] http://www.kurzlink.de/genpflanzenrisiko-st


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Quelle:
Newsletter zur EU-Umweltpolitik
Nr. 28/10, 16.07.2010
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination, 13.07.2010
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2010