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MASSNAHMEN/150: Wie geht sauberes Wasser? (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 409 - April 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Wie geht sauberes Wasser?
Verschiedenste Zuständigkeiten, Gesetze und Verordnungen - und trotzdem sind die Nitratwerte im Wasser zu hoch

von Marcus Nürnberger


Natürlich sind die hohen Nitratwerte im Grundwasser, aber auch in den Oberflächengewässern, nicht erst seit der Klage der EU gegen Deutschland aufgrund der Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie im Frühjahr vergangenen Jahres bekannt. Wasserwerke vor allem in den Intensivtierhaltungsregionen kämpfen schon lange mit dem Problem und müssen mit aufwendigen Filtermethoden die Nitratwerte unter die Grenzwerte bringen. Auch von einer Überdüngung der Ostsee, ganz maßgeblich befördert durch die Nitrat-, aber auch die Phosphateinträge aus der Landwirtschaft, die über Oberflächengewässer ins Meer gelangen, wurde immer wieder berichtet. Allein, in der Landwirtschaft hat sich bisher wenig geändert. Auf der einen Seite sind die organischen Dünger ganz klar die Grundlage einer gezielten Pflanzendüngung. Auf der anderen Seite werden sie, insbesondere die Gülle und der Geflügelmist, für Betriebe mit zu wenig eigenen Flächen zu einem ernsthaften Entsorgungsproblem. Aber auch bei einer rein rechnerisch ausreichenden Flächenausstattung ist eine fachgerechte Ausbringung mit davon abhängig, ob die Lagerkapazitäten es zulassen, auf die richtige Witterung zu warten. Dazu kommen über die Vegetationszeit verteilt noch die Gaben an mineralischen Düngern, die in der Regel auf einen selten erreichten Maximalertrag ausgerichtet sind. Nur 50 Prozent des ausgebrachten Stickstoffs erreiche die Pflanzen, so Markwart von Penz von Deere & Co, der Rest gehe in die Luft oder ins Grundwasser.

Die von der EU-Staaten 1991 beschlossene Nitratrichtlinie hat zur Aufgabe, die Wasserqualität in Europa zu verbessern. In Deutschland, so die Einschätzung der Kommission, wurde dem nicht genüge getan und es kam zur Klage wegen Vertragsverletzung. Auch vor dem Hintergrund des Klageverfahrens stehen inzwischen verschiedenste die Düngepraxis regelnde Gesetze und Verordnungen zur Diskussion bzw. sind gerade verabschiedet worden.

Düngegesetz und Düngeverordnung

Die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie machen eine umfangreiche Anpassung der Düngeverordnung notwendig, sodass diese neu erlassen werden muss. Diese Änderungen bedürfen jedoch teilweise einer Ergänzung der Zweckbestimmung und der Verordnungsermächtigungen des Düngegesetzes. Daher musste zuerst das Düngegesetz entsprechend novelliert werden und in Kraft getreten sein, bevor die novellierte Düngeverordnung in Kraft treten kann. Nachdem der Bundestag Mitte Februar dem Gesetz zustimmte, tat dies wenige Tage später auch der Bundesrat. Gleichzeitig mahnte er an, dass ein wesentlicher Teil der Stickstoffüberschüsse aus der Intensivlandwirtschaft und der nicht flächengebundenen Tierhaltung stamme. Bereits beschlossen ist auch die Anpassung der sogenannten Anlagenverordnung mit der gemeinsam von Bayern und Rheinland-Pfalz erarbeiteten Regelung zum Bestandsschutz von Güllelagerstätten.

Parallel zu den Verhandlungen des Düngegesetzes wurde an der Düngeverordnung gearbeitet. Mit einem vorliegenden Regierungsentwurf wird sich der Bundestag Ende März befassen. Schon im Dezember vergangenen Jahres wurde der Verordnungstext der EU-Kommission zur Notifizierung zugesandt. Beschlossen werden könnte das gesamte Düngepaket nach Einschätzung des Bundeslandwirtschaftsministeriums bis zur Sommerpause. Zu Irritationen bezüglich des zügigen Abschluss der Verhandlungen kam es weil Vertreter der grün geführten Agrarressorts aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in einem Bund-Länder-Gespräch überraschend einige inhaltliche Änderungsanträge zur Düngeverordnung angekündigt hatten.

Gräben, Grüppen, Niedersachsen

Während auf Bundesebene verhandelt wird, plant in Niedersachsen das Umweltministerium durch strengere Regelungen die Wasserqualität zu verbessern. Zu einem Aufschrei führte vor allem die geplante Einführung von bis zu fünf Meter breiten Schonstreifen entlang von Gewässern, auf denen weder Pflanzenschutz noch Düngung gestattet sein soll. Dies sei ein Beitrag zu der europarechtlichen Verpflichtung, spätestens bis 2027 an allen Gewässern einen guten ökologischen Zustand zu erreichen, sagte der niedersächsische Umweltminister Stefan Wenzel. Viele der in der Kritik stehenden Veränderungen ergäben sich ausschließlich durch Anpassungen an Bundesrecht. Vor allem in den Marschgebieten sind nicht ganzjährig Wasser führende Gräben und Grüppen teilweise alle zehn Meter in den Äckern und Wiesen angelegt. Nach Berechnungen des Landvolkes Niedersachsen würde ein Fünf-Meter-Streifen an Gewässern insgesamt den Verlust von 80.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche bedeuten. Inzwischen haben sich das Ministerium und die Verbände schon mehrfach zu Gesprächen getroffen. Dabei ließ unter anderem Werner Hilse vom Landvolk verlautbaren, dass seiner Einschätzung nach die Nitrateinträge in Oberflächengewässer durch eine großflächige Überdüngung entstehen würden, nicht durch Abschwemmungen. Für Ackerstandorte zeigte sich Hilse dafür offen, einen Gewässerrandstreifen als Grünland stehen zu lassen. Das Ministerium betont, dass für die Entwässerungsregionen Ausnahmeregelungen geplant seien. Für die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft war der niedersächsische Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann an den Gesprächen beteiligt. Er fordert, dass man auch den Einsatz präziser Ausbringungstechnik gesondert berücksichtigen müsse. In diesem Fall könne ein Randstreifen von einem Meter durchaus genügen.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 409 - April 2017, S. 12
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2017

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