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VERBAND/227: Düngerecht darf kein Instrument der Strukturpolitik werden (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 23. Februar 2015

"Düngerecht darf kein Instrument der Strukturpolitik werden"

Rukwied: Bedarfsgerechte Düngung und Gewässerschutz müssen im Vordergrund stehen


"Beim Düngerecht muss es um Gewässerschutz, die Umsetzung der Nitratrichtlinie und um eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung der Nutzpflanzen gehen. Die anstehende Novelle der Düngeverordnung darf nicht als strukturpolitisches Instrument zweckentfremdet werden. Die vorgesehene Länderöffnungsklausel und die Phosphatregelung lehnen die Landwirte daher ab." Diese Feststellung traf der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, auf der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark und ging damit auf die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Neuregelung der Düngeverordnung ein.

Dem vorliegenden Verordnungsentwurf sei zwar zu bescheinigen, dass dem Prinzip der bedarfsgerechten Düngung im Grundsatz Rechnung getragen werde, so der Bauernpräsident. Dennoch bestehe in einigen Punkten dringender Nachbesserungsbedarf, so zum Beispiel bei den Ausbringungsfristen für Wirtschaftsdünger, der drohenden Beschränkung der Herbstdüngung und bei den vorgeschlagenen Dokumentationspflichten. Insbesondere die vorgesehene Beschränkung der Phosphatdüngung sei nicht durch die Nitratrichtlinie legitimiert, bringe kaum Mehrwert für den Gewässerschutz und setze insbesondere kleine und mittlere viehhaltende Betriebe unter Druck.


664. Sitzung des erweiterten Präsidiums am 17. Januar 2015
Erklärung zur Novelle der Düngeverordnung Sach- und fachgerechtes sowie praxistaugliches Düngerecht sicherstellen!

Der Deutsche Bauernverband bekräftigt die außerordentliche Bedeutung der Düngeverordnung für die landwirtschaftliche Praxis. Bei der Novellierung der Verordnung müssen die Grundsätze der guten fachliche Praxis im Vordergrund stehen. Die gut ausgebildeten Landwirte müssen den Entscheidungsspielraum behalten, auf sich ändernde Klima- und Vegetationsbedingungen flexibel reagieren zu können. Die Düngeverordnung darf kein politisches Instrument zur Steuerung der Agrarstruktur werden. Eine bedarfs- und standortgerechte Nährstoffversorgung der Kulturen muss auch zukünftig Maßstab der Düngung bleiben. Die Möglichkeiten zur Schließung der Nährstoffkreisläufe mit Wirtschaftsdüngern in den Betrieben und zwischen Regionen muss unterstützt werden. Nationale Alleingänge bei der Novelle der Düngeverordnung drohen den Strukturwandel weiter voranzutreiben, weil gerade kleinere Tierhaltungsbetriebe durch neue kostenintensive und bürokratische Anforderungen unter Druck geraten werden.

Der Deutsche Bauernverband stellt zudem fest, dass nach dem offiziellen und repräsentativen Messnetz von Bund und Ländern die Situation der Gewässer wesentlich besser ist als es häufig dargestellt wird. Bei Betrachtung der statistisch abgesicherten Daten wird deutlich, dass an über 85% der 800 Messstellen im Grundwasser in Deutschland die strengen Trinkwasser-Grenzwerte eingehalten werden. In Anbetracht dessen ist es nicht sachgerecht, mit dem sog. Belastungsmessnetz nur an Problemstandorten zu messen und allen Landwirten unzureichende Fortschritte beim Gewässerschutz anzulasten. Der Deutsche Bauernverband appelliert daher an die Politik, eine sachliche Diskussion über die Düngeverordnung zu führen und die Regelungen nicht zu überziehen.

Der Deutsche Bauernverband fordert:

1. Ein einheitliches Düngerecht in Deutschland muss gewährleistet bleiben. Daher sind Länderöffnungsklauseln abzulehnen. Es ist der falsche Weg, die Düngeverordnung generell für alle Betriebe zu verschärfen und darüber hinaus den Ländern die Option einzuräumen, in bestimmten Gebieten noch strengere Auflagen draufzusatteln. Bund und Länder entziehen hierdurch den gleichermaßen von Umwelt- und Agrarpolitikern anerkannten Wasserkooperationen die Grundlage, weil weitere Verschärfungen des Fachrechts den finanziellen Ausgleichsanspruch nach dem Wasserrecht aushebeln. Die vorgeschlagene Abgrenzung der Gebiete für die Länderöffnungsklausel, nach der für Gebiete mit Grundwasserkörpern mit mehr als 50 mg Nitrat/l zusätzliche Auflagen erlassen werden dürfen, ist in dieser Form ungeeignet. Denn es ist völlig unangemessen, dass bereits wenige Messstellen mit Überschreitungen des Nitrat-Grenzwertes ausschlaggebend für die Einstufung des gesamten Grundwasserkörpers sind. So führen beispielsweise in Niedersachsen Überschreitungen des Nitrat-Grenzwertes an 18% von über 1.000 Messstellen zu der Einstufung als "schlechter Zustand" auf 60% der Fläche.

2. Der Deutsche Bauernverband fordert ferner, auf die Verschärfung der Regelungen zu Phosphat zu verzichten. Die Bundesregierung muss sich der Frage stellen, warum sie den nationalen Alleingang bei Phosphat weiter verschärft. Die Novelle der Düngeverordnung dient der Umsetzung der Nitratrichtlinie, die keine Regelungen zu Phosphat vorsieht. Nicht akzeptabel ist, dass die Betriebe bei höheren Versorgungsstufen auch dann nicht mehr in der Höhe des Phosphat-Bedarfs düngen dürfen, solange nicht geklärt ist, ob das im Boden vorhandene Phosphat hinreichend pflanzenverfügbar ist.

3. Erhebliche Konsequenzen für die Betriebe werden die vorgesehene Einschränkung der Herbstausbringung von Dünger und die Ausdehnung der Sperrfristen haben. Der DBV kritisiert, dass die Beschränkung der Herbstdüngung im Entwurf der Düngeverordnung teilweise sogar über bisher vorhandene strenge Landeserlasse hinausgeht. Der Klimawandel hat auch in Deutschland zu deutlich verlängerten Wachstums- und Vegetationsphasen geführt. Dies muss bei der Festlegung von Sperrfristen berücksichtigt werden. Zusätzlich muss mehr Flexibilität für die Betriebe und in den Regionen geschaffen werden, um Sperrfristen verschieben und auch den Nährstoffbedarf weiterer Kulturen decken zu können.

4. Auf erheblichen Widerstand stoßen die Pläne der Bundesregierung, die Kontrollwerte bei der Nährstoffbilanz weiter abzusenken. Eine vollständige Ausnutzung von Nährstoffen ist naturbedingt nicht möglich. Folge dieser EU-rechtlich nicht vorgegebenen Verschärfung der nationalen Vorgaben wird eine Gefährdung der Kreislaufwirtschaft mit Wirtschaftsdüngern sein. Hiermit wird das Ziel verfehlt, die überbetriebliche Verwertung von Wirtschaftsdüngern zwischen tierhaltenden Betrieben und Ackerbaubetrieben zu stärken. Paradox ist, dass tierhaltende Betriebe ihren Nährstoffbedarf der Kulturen künftig durch Zukauf von Mineraldünger decken müssten und ihre Wirtschaftsdünger überbetrieblich verbringen müssten. Dies führt zu unnötigen Kosten, zu weiterem Druck auf die Pachtmärkte und ist in der Sache nicht nachvollziehbar.

5. Nach dem Entwurf für eine neue Düngeverordnung soll an dem Grundsatz einer bedarfs- und standortgerechte Düngung als Maßstab für die Düngung festgehalten werden. In diesem Zusammenhang ist die EU-Kommission gefordert, anzuerkennen, dass das in Deutschland praktizierte System einer Düngeplanung und -bilanzierung in Verbindung mit der Beratung sinnvoll und fachlich gerechtfertigt ist. Starre Obergrenzen sind nicht geeignet, den Gewässerschutz voranzubringen, gefährden aber die hohe Ertragsleistung in Deutschland und die Erzeugung der vom Markt geforderten Qualitäten bei Gemüse und Brotweizen. Die Verordnung muss die Möglichkeit eröffnen, auch Spitzenerträge bedarfsgerecht düngen zu können. Die vorgesehene Düngebedarfsermittlung ist sehr kompliziert und bürokratisch. Betriebe, die die vorgegebenen Bilanzsalden unterschreiten, sollten von den Dokumentationspflichten für die Düngebedarfsermittlung freigestellt werden.

6. Auf Ablehnung stößt ferner die für die noch ausstehende Novelle des Düngegesetzes vorgesehene Einführung einer Hoftorbilanz zusätzlich zu der bisherigen Flächenbilanz. Die Hoftorbilanz wird im Wesentlichen zu mehr Bürokratie für die Betriebe führen, ist aber nicht geeignet, die Effizienz der Düngung zu verbessern.

7. Der DBV weist bezüglich der Obergrenze für Stickstoff aus Wirtschaftsdünger in Höhe von 170 kg N/ha darauf hin, dass die Einbeziehung der pflanzlichen Gärreste sowie von Klärschlämmen und Komposten über die EU-Vorgaben hinausgeht. Wenn Bund und Länder jedoch an der Einbeziehung aller organischen Düngemittel in die Obergrenze festhalten, muss dringend die von der EU-Kommission unterstützte Derogationsregelung verlängert und ausgeweitet werden. Sowohl auf Acker als auch auf Grünland muss es möglich sein, einen entsprechenden Nährstoffbedarf der Kulturen bis 250 kg N/ha mit Wirtschaftsdüngern oder Gärresten decken zu können. Bei den ferner in der Novelle der Düngeverordnung vorgesehenen Änderungen beispielsweise bei den Abständen zu Gewässern, bei der Ausbringung und Einarbeitung von Düngemitteln sowie hinsichtlich der Lagerkapazität von Wirtschaftsdüngern müssen die Umsetzbarkeit und die Leistungsfähigkeit der Betriebe stärker in den Vordergrund gerückt werden. Der DBV wird hierzu im Detail im Rahmen der Verbändeanhörung Stellung nehmen.

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Quelle:
Pressemitteilung, 23.02.2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2015

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