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WALD/144: Absage an die Nachhaltigkeit - Regierung versagt bei Waldgesetznovelle (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2010
Wohlstand durch Wachstum? Wohlstand ohne Wachstum? Wohlstand statt Wachstum?

Absage an die Nachhaltigkeit

Regierung versagt bei Waldgesetznovelle

Von László Maráz


Ein schwarzer Tag für den Wald: Am 17. Juni 2010 hat die Bundesregierung zwar - nach mehreren Fehlversuchen - das Bundeswaldgesetz aus dem Jahre 1975 geändert. Doch bei den wichtigsten und dringlichsten Themen folgte die Koalition den Wünschen der Forst- und Agrarlobby.


NABU-Waldexperte Johannes Enssle: "Der Aufbau naturnaher Wälder, der Verzicht auf Kahlschläge, der Schutz des Bodens und die Förderung der biologischen Vielfalt sind für jeden vernünftigen Waldbesitzer und Förster selbstverständliche Ziele. Sie gelten in Bayern genauso wie in Schleswig-Holstein. Die Forstwirtschaft klopft sich immerzu selber auf die Schulter, wie hervorragend und nachhaltig sie angeblich ist, wenn es aber darum geht, Farbe zu bekennen, werden alle blass."

Auch der Bund Naturschutz Bayern (BN) und der BUND kritisieren die Änderungen zum Bundeswaldgesetz als unausgewogen und einseitig wirtschaftslastig. Besonders gravierend aus bayerischer Sicht sind deutliche Verschlechterungen beim Schutz des Bergwaldes. Mit einem Federstrich wurden in den Alpen ca. 7.000 Hektar an beweideten Bergwäldern die Waldeigenschaft gestrichen, was einigen Almbauern hohe Agrarsubventionen sichern soll. "Wir kritisieren den Kniefall der CDU/CSU/FDP-Regierungskoalition vor der Almwirtschaftslobby. Damit konterkariert die Bundesregierung die millionenschweren Sanierungsmaßnahmen und Schutzmaßnahmen in Bayern, mit denen intakte Schutzwälder in den Alpen geschaffen werden sollen", so Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und BN. Besonders pikant ist, dass diese Gesetzesänderung auf Initiative der Landesgruppe der CSU eingebracht wurde und von deren Vertretern verteidigt wurde. Damit würden die jahrzehntelangen Bemühungen der CSU-Staatsregierung und des bayerischen Landtages um den Schutz der Bergwälder von der CSU-Landesgruppe in Berlin untergraben.


Wieder keine Standards

Während den Waldbesitzern einige Zugeständnisse bei Verkehrssicherung und Vermarktung gemacht wurden, gibt es auf Naturschutzseite keinerlei Verbesserungen, ganz im Gegenteil. Auf Druck der Forstlobby wurde die längst überfällige Definition einer guten fachlichen Praxis wiederum aufgeschoben. Naturschutzverbände fordern seit langem, endlich verbindlich und bundesweit Standards für die Waldbewirtschaftung festzuschreiben, wie z.B. zum Kahlschlagsverbot, Bodenschutz, Bestandsverjüngung und Biotopbaumschutz. Mit dem Schwarzbuch Wald konnte der BUND 2009 nachweisen, dass selbst schwerwiegende Eingriffe in Staatswälder wie Kahlschläge oder massive Bodenschäden oftmals keine Gesetzesverstöße darstellen bzw. als solche geahndet werden.

Das Bundeswaldgesetz wird weiter auf der Tagesordnung bleiben. Das sagt die Sprecherin für Waldpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Cornelia Behm. "Die schwarz-gelbe Koalition hat nur einen Teil der seit langem diskutierten Änderungen am Bundeswaldgesetz vorgenommen. Angesichts des steigenden Nutzungsdrucks auf die Wälder wird die Diskussion um die Festlegung von Mindeststandards für die nachhaltige Forstwirtschaft im das Bundeswaldgesetz jedoch weiter gehen. Daran wird das Nein der Koalition nichts ändern."


Der Autor ist Koordinator der Plattform nachhaltige Biomasse und Koordinator der AG Wald im Forum Umwelt und Entwicklung.


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.

Der Rundbrief des Forums Umwelt & Entwicklung, erscheint vierteljährlich, zu beziehen gegen eine Spende für das Forum.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 2/2010, S. 33
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2010