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WALD/213: Gülle killt Wald (ROBIN WOOD magazin)


ROBIN WOOD magazin - Nr. 129/2.2016

Gülle killt Wald

von Rudolf Fenner, Hamburg


Christian Schmidt - wer es nicht wissen sollte: So heisst unser für die Wälder zuständige Landwirtschaftsminister - hat eine "gute Nachricht aus Deutschlands Wäldern". Die lautet: "Den Buchen geht es besser." Und warum geht's ihnen besser? Die Buchen hätten im Vorjahr eine starke Fruktifikation gehabt und davon hätten sie sich nun erholt. Alles richtig, wenn auch unwesentlich, was da der Minister in seiner Presseerklärung von sich geben lässt. Denn es fehlt dort die klare Aussage, dass es den Buchen extrem schlecht geht - und das schon seit vielen Jahren. Seit 1991 ist der Anteil der Buchen, der keine Kronenschäden zeigen, auf einen Wert unter 30 Prozent geschrumpft. In den letzten zehn Jahren lag dieser Anteil sogar unter 25 Prozent. Auch unter den angeblich so gut erholt daherkommenden Buchen des Herrn Schmidt sind lediglich 22 Prozent symptomfrei.

Wer genauer wissen will, wie's dem Wald geht, der muss die aktuellen "Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2015" aus dem Hause Schmidt im Detail anschauen. Die harten Fakten in Kürze: Die Buche ist der am stärksten geschädigte Baum in unseren Wäldern. Der Eiche geht es mit einem Anteil von gerade mal 24 Prozent an Bäumen ohne erkennbare Kronenschäden kaum besser. Insgesamt sind nur noch ein Drittel der Bäume in unseren Wäldern gesund, deutlich weniger als Anfang der 80er Jahre, als das Waldsterben die Gemüter der gesamten Republik erregte.

Tatsächlich dürfte die Bilanz für das vergangenen Jahr sogar noch deutlich schlechter ausfallen. Denn 2015 war ja ein Jahr mit einem extrem heißen und trockenen Sommer. Da die alljährlichen Datenerhebungen für den Zustand der Wälder aber bereits ab Juli beginnen, sind die Auswirkungen dieser sommerlichen Dürre kaum in die aktuelle Statistik eingeflossen.

Dass solche Auswirkungen der zunehmenden Klimaveränderung, aber auch immer noch viel zu hohe Luftschadstoffe die Wälder stark belasten - auch davon steht nichts in der Schmidt'schen Pressemitteilung. Kein Wunder: Sind doch die Stickstoffeinträge die bei weitem größte Luftschadstoffgruppe, die über unseren Wäldern niedergeht. Und für den allergrößten Anteil daran - die Ammonik-Emissionen - ist das Hauptressort unseres Ministers zuständig. Ammoniak, dieses gasförmige Stickstofftrihydrid, ist fast ausschließlich ein Abfallprodukt unserer Intensiv-Landwirtschaft. Es entweicht aus überdüngten Ackerböden und aus der Gülle einer viel zu hohen landwirtschaftlichen Tierproduktion. Im Verkehrsbereich - lange Zeit der Hauptemittent von Stickoxiden - gehen diese Emmissionen trotz aller Bescheißereien der Automobilhersteller seit Jahren langsam zurück. Bei den Ammoniakemissionen aus dem Landwirtschaftsbereich - seit dem Jahr 2000 bereits Hauptstickstoffemittent - tut sich sich seit Jahrzehnten absolut nichts.


Diagramm: Summierte Stickstoff-Emissionen in Deutschland nach Angaben des UBA für 2013


Es ist längst allerhöchste Zeit, dass das Forstressort endlich weg vom Landwirtschaftsministerium und hin zum Umweltministerium kommt.


Siehe auch www.robinwood.de/waldsterben


Bildunterschrift des im Schattenblick nicht veröffentlichten Diagramms aus der Originalpublikation:

Die Fieberkurve des Waldes -
"Der Wald lebt - noch! Aber es geht ihm immer schlechter!"

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Quelle:
ROBIN WOOD-Magazin Nr. 129/2.2016, Seite 20 - 21
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie
Verlag:
Bremer Straße 3, 21073 Hamburg (Harburg)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2016

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