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EUROPA/036: Spanien droht Geldbuße wegen Verstoßes gegen Naturschutzrecht (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 22. Juli 2009

Umweltschutz: Spanien droht Geldbuße wegen Verstoßes gegen Naturschutzrecht


Die Kommission sendet Spanien eine letzte schriftliche Mahnung wegen des Bewässerungsprojekts Segarra-Garrigues in Katalonien, da der Mitgliedstaat einem Urteil des Gerichtshofs nicht nachgekommen ist. Der Gerichtshof war der Auffassung, dass die Arbeiten Gebiete beeinträchtigen, die für den Schutz von Steppenvögeln von Bedeutung sind. Falls Spanien nicht die nötigen Abhilfemaßnahmen trifft, kann die Kommission erneut den Europäischen Gerichtshof anrufen und die Verhängung eines Zwangsgelds gegen Spanien vorschlagen.

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas erklärte: "In der Europäischen Union steht es mit der biologischen Vielfalt leider nicht zum Besten. Deshalb müssen wir alles tun, um die Flora und Fauna auf unserem Kontinent zu schützen. Ich fordere die spanischen Behörden daher auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Unversehrtheit des wichtigsten katalanischen Gebiets für den Schutz von Steppenvögeln sicherzustellen."


Letzte schriftliche Mahnung wegen des Bewässerungsprojekts Segarra-Garrigues

Die Kommission sendet Spanien eine letzte schriftliche Mahnung, da der Mitgliedstaat einem Urteil des Gerichtshofs über das Bewässerungsprojekt Segarra-Garrigues in Katalonien nicht nachgekommen ist. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied im Dezember 2007, dass Spanien seiner Verpflichtung zum Schutz von Steppenvögeln in mehreren wahrscheinlich als Natura-2000-Gebiete einzustufenden Gebieten bei diesem Großprojekt nicht nachgekommen ist. Die zweite und letzte Mahnung der Kommission ergeht, da die notwendigen Schritte bislang nicht unternommen wurden. Sollte Spanien dem Urteil des Gerichtshofs auch weiterhin nicht nachkommen, kann die Kommission den Gerichtshof erneut anrufen und die Verhängung eines Zwangsgelds vorschlagen.

Die Bauarbeiten wurden trotz des Gerichtsurteils fortgesetzt, und die Einweihung des Projekts am 5. Juli 2009 kann bedeuten, dass die Umsetzung des Urteils ungewiss ist.

Bei diesem bereits lange andauernden Streit geht es um die Umweltauswirkungen eines 85 km langen Kanals, der Wasser aus dem Fluss Segre ableitet, um Agrarland in der Region Lleida in Katalonien zu bewässern. Die Arbeiten begannen im Jahr 2002 und sollen mindestens zehn Jahre dauern. Der Kanal ist eines der teuersten Bauvorhaben, die in Katalonien jemals ausgeschrieben wurden, und er durchschneidet mehrere Schutzgebiete.

Die Tatsache, dass einige der vom Segarra-Garrigues-Projekt betroffenen Gebiete nicht als Schutzgebiete ausgewiesen sind, war Gegenstand eines anderen Gerichtsurteils vom Juni 2007 (Rechtssache C-235/04) 1.


Besondere Schutzgebiete und Sonderschutzgebiete

Für das europäische Naturschutzrecht sind insbesondere zwei Rechtstexte von Bedeutung: die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie . Nach der Vogelschutzrichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Gebiete auszuweisen, die sich als besondere Schutzgebiete zur Erhaltung wild lebender Vogelarten besonders gut eignen. Hierfür müssen objektive, nachprüfbare wissenschaftliche Kriterien herangezogen werden.

Nach der Habitatrichtlinie erstellen die Mitgliedstaaten eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in ihrem Hoheitsgebiet, die wesentlich dazu beitragen, natürliche Lebensraumarten in Europa zu erhalten . Anschließend müssen die Mitgliedstaaten diese Gebiete innerhalb von sechs Jahren durch innerstaatliche Rechtsvorschriften in streng geschützte Sonderschutzgebiete umwandeln. Zusammen bilden die Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse, die besonderen Schutzgebiete und die Sonderschutzgebiete das Netz Natura 2000, das wichtigste Instrument der EU zur Erhaltung natürlicher Lebensräume und ihrer Fauna und Flora.


Rechtsverfahren

Nach Artikel 226 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, rechtliche Schritte gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, der seinen Pflichten nicht nachkommt.

Wenn nach Auffassung der Kommission möglicherweise ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, der die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens rechtfertigt, richtet sie ein "Aufforderungsschreiben" (erste schriftliche Mahnung) an den betreffenden Mitgliedstaat, in dem dieser aufgefordert wird, sich bis zu einem festgelegten Termin, in der Regel innerhalb von zwei Monaten, zu äußern.

Je nachdem, wie sich der betreffende Mitgliedstaat in seiner Antwort äußert und ob er überhaupt antwortet, kann die Kommission beschließen, ihm eine "mit Gründen versehene Stellungnahme" (letzte schriftliche Mahnung) zu übermitteln, in der sie klar und eindeutig darlegt, weshalb ihrer Ansicht nach ein Verstoß gegen das EU-Recht vorliegt, und den Mitgliedstaat auffordert, seinen Verpflichtungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (in der Regel zwei Monate) nachzukommen.

Kommt der Mitgliedstaat dieser mit Gründen versehenen Stellungnahme nicht nach, so kann die Kommission beschließen, den Europäischen Gerichtshof mit dem Fall zu befassen. Gelangt der Gerichtshof zu der Auffassung, dass eine Vertragsverletzung vorliegt, wird der säumige Mitgliedstaat aufgefordert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Nach Artikel 228 EG-Vertrag ist die Kommission befugt, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht nachgekommen ist. Außerdem kann die Kommission auch die Höhe des von dem betreffenden Mitgliedstaat zu zahlenden Zwangsgelds benennen.

Aktuelle Statistiken zu Vertragsverletzungsverfahren sind zu finden unter:
http://ec.europa.eu/environment/legal/implementation_en.htm

1: Urteil (ABl. C 199) vom 28.6.2007, Kommission gegen Spanien (Slg. 2007,S. I-5415).


© Europäische Gemeinschaften, 1995-2008


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Quelle:
Pressemitteilung IP/09/1173, 24.07.2009
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2009