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INITIATIVE/420: Hambacher Wald - Weiter im Widerstand (BUND MAGAZIN)


BUND MAGAZIN - 2/2022
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

Hambacher Wald
Weiter im Widerstand

Vor dreieinhalb Jahren gelang es dem BUND, einen wertvollen alten Laubwald vor den Baggern im Rheinischen Kohlerevier zu retten. Doch Ruhe ist dort bis heute nicht eingekehrt.

von Dirk Jansen


Rückblick: Am 6. Oktober 2018 feierten 50.000 Menschen am Hambacher Wald den Stopp der Rodungen, juristisch erkämpft vom BUND. Seitdem wurde der »Hambi« nicht nur zu einem Symbol des erfolgreichen bürgerschaftlichen Widerstands gegen die Kohleverstromung. Der Erfolg leitete auch eine Zeitenwende ein. Der Bundestag beschloss nämlich den Ausstieg aus der Kohle. Das Land NRW bestätigte das Ende des Braunkohlentagebaus Hambach bis 2030. Und erste Kraftwerke gingen bereits vom Netz.

Natur noch bedroht

Alles bestens also? Mitnichten. Zwar konnte der BUND etwa 650 Hektar wertvollen Wald vor den Baggern retten. 1,1 Milliarden Tonnen des Klimakillers Braunkohle bleiben so in der Erde. Doch die Bedrohung des Waldes ist noch nicht vorbei. Denn RWE will mit Billigung der schwarz-gelben Landesregierung auf 600 Hektar Fläche östlich um den Wald herum baggern - um in etwa 70 Meter Tiefe Sand und Kies zu gewinnen. Damit plant RWE die Böschungen und stillgelegten Flächen des gigantischen Tagebaukraters zu modellieren oder »rekultivieren«.

Absurder geht's nicht. Eine uralte Kulturlandschaft mit zum Teil höchstwertigen Agrarflächen soll vernichtet werden, um an anderer Stelle Neuland zu schaffen.

Seltene Brutvögel

Die »Manheimer Bucht« genannte Kiesgrube soll gegen Ende des Jahrhunderts Teil eines gigantischen Restsees werden. Ihr würde nicht nur wertvolles Agrarland geopfert, auch für die Natur wäre dieser Eingriff fatal. Der BUND konnte auf der Fläche zahlreiche teils vom Aussterben bedrohte Vögel des Offenlandes nachweisen. Im Vorfeld des Tagebaus brüten hier Feldlerche, Baumpieper, Steinschmätzer, Grauammer und 50 weitere Arten. Damit erfüllt das Gelände die Kriterien eines EU-Vogelschutzgebietes.

Kommt die Manheimer Bucht, würden auch wichtige grüne Verbindungen für den ökologischen Austausch zwischen den verinselten Wäldern zerstört, genutzt zum Beispiel von der Bechsteinfledermaus. Auch schwindet dann die Chance, die verbliebenen Wälder wiederzuvernetzen und die geschundene Region ökologisch zu revitalisieren, wofür der BUND einen großen Biotopverbund vorgeschlagen hat.

BUND wehrt sich

Trotz der bisherigen Erfolge muss der Widerstand also weitergehen. Der BUND wehrt sich vor Gericht gegen die Zwangsenteignung seines Schutzgrundstücks an der Tagebaukante. Zudem haben wir eine neue Klage dagegen eingereicht, dass der Tagebau noch bis 2024 fortgeführt wird. Auch bemühen wir uns weiter darum, den Hambacher Wald als Wildnisentwicklungsgebiet und als Baustein des europaweiten Natura 2000-Netzes auszuweisen. Denn eins haben die vielen Bewohner des Walds nun endlich verdient: Ruhe.

Dirk Jansen
ist Geschäftsleiter des BUND in NRW.


Bildunterschrift einer im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Der Autor auf dem BUND-Grundstück direkt am Wald. Der Hambacher Wald Ende März. Direkt dahinter klafft das riesige Loch des Tagebaus.

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Quelle:
BUND MAGAZIN 2/2022, Seite 29
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin
Tel. 030/27586-457, Fax. 030/27586-440
E-Mail: redaktion@bund.net
Internet: www.bund.net/bundmagazin
 
Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 12. Juli 2022

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