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MELDUNG/441: Bartgeier-Besuche in den bayerischen Alpen (LBV)


Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) - Verband für Arten- und Biotopschutz

Presseinformation vom 12. Mai 2020

Bartgeier-Besuche in den bayerischen Alpen
Beeindruckende Greifvögel lassen sich immer wieder vor allem im Allgäu sehen - Zum ersten Mal zwei Vögel gleichzeitig


Hilpoltstein, 12.05.2020 - In den Bayerischen Alpen konnten in den vergangenen Wochen immer wieder äußerst seltene Bartgeier am Himmel beobachtet werden. Zuletzt wurde Ende April im Allgäu bei Bad Hindelang einer der Greifvögel gesichtet. Mit fast drei Metern Spannweite gehört der Bartgeier zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt und ist gerade im Flug eine wahrlich beeindruckende Erscheinung. "Da in den bayerischen Alpen derzeit die Schneeschmelze voll im Gange ist, suchen Bartgeier jetzt gezielt Lawinenfelder ab, um als Kadaverfresser mögliche Beute zu finden", erklärt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Erstmals überhaupt wurden in diesem Frühjahr zwei Vögel zusammen im Freistaat gesichtet. "Es könnte sich dabei sogar um ein Pärchen gehandelt haben, das gemeinsam in der Nähe von Oberstdorf unterwegs war", vermutet Wegscheider. Die Allgäuer Alpen sind in Deutschland als Gebiet für eine natürliche Wiederbesiedelung des ehemaligen bayerischen Ureinwohners am besten geeignet. Der LBV strebt in Kooperation mit dem Nationalpark Berchtesgaden eine Auswilderung von jungen Bartgeiern 2021 an.


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Foto: © Dieter Hopf

Ein Bartgeier auf Felsen - Foto: © Dieter Hopf

Im Allgäu kommt es von Jahr zu Jahr immer häufiger zu Sichtungen von Bartgeiern. Durch die Ansiedelung eines Brutpaares nur wenige Kilometer hinter der Staatsgrenze im angrenzenden österreichischen Tiroler Lechtal übt die Region offenbar verstärkt einen anziehenden Effekt auf revierlose Artgenossen aus. Diese nutzen für ihre weiten Suchflüge nach Nahrung bis zu 10.000 Quadratkilometer als Streifgebiet. Zuletzt wurde dort im April ein Bartgeier mehrmals beobachtet und konnte durch Gefiedermerkmale auf ein Alter von ca. drei Jahren geschätzt werden. "Dass Bartgeier auch mal in nur wenigen Metern Höhe mit geringer Scheu über Menschen hinwegfliegen ist keine Seltenheit. Dies wurde ihnen aber einst als Aggressivität ausgelegt und hat zu ihrer falschen Einordnung als Lämmer- und Kinderräuber beigetragen", so Toni Wegscheider.


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Foto: © Richard Straub

Ein Bartgeier im Flug - Foto: © Richard Straub

Da der Bartgeier in Bayern noch kein Brutvogel ist und alpenweit derzeit nur knapp 220 Exemplare leben, haben Beobachtungen Seltenheitswert. Deshalb freuen sich die bayerischen Artenschützer über jedes einzelne nachgewiesene Tier. "Es ist davon auszugehen, dass Bartgeier öfter in den bayerischen Alpen unterwegs sind als es aufgrund der relativ seltenen Meldungen zu erwarten wäre. Kürzlich haben etwa auch zwei besenderte österreichische Jungvögel die Staatsgrenze in den Allgäuer und den Berchtesgadener Alpen nur um jeweils wenige Kilometer verfehlt", so der LBV-Experte. Im Gegensatz zu Gänsegeiern, die auch gelegentlich in Bayern auftauchen, dann aber oft in Gruppen, streifen Bartgeier in freier Wildbahn meist alleine durch große Gebiete. Sollten Wanderer weitere Geier in den deutschen Alpen beobachten, bittet der LBV darum, die Greifvögel wenn möglich zu fotografieren und umgehend den Naturschützern unter bartgeier@lbv.de zu melden.

Auswilderung durch LBV im Nationalpark 2021 geplant

Da der Bartgeierbestand in den gesamten Ostalpen seit langem auf niedrigem Niveau stagniert, plant der LBV voraussichtlich ab dem Jahr 2021 zur Stützung der Vogelart den Beginn von Auswilderungen im Nationalpark Berchtesgaden. "Dabei sollen mehrere Jahre in Folge jeweils zwei bis drei Jungvögel aus Nachzuchten freigelassen werden, um die Population dieser beeindruckenden Aasfresser zu fördern", erklärt Toni Wegscheider. "Da die Vögel aber erst nach sechs Jahren geschlechtsreif sind und in freier Wildbahn pro Brut nur ein Küken großziehen, breiten sich die Bestände äußerst langsam aus", so der LBV-Geierexperte weiter. Umso wichtiger sind für den LBV genaue Kenntnisse über die Entwicklung der Vorkommen, wodurch jede einzelne Beobachtungsmeldung von großem Wert für die Schutzbemühungen ist.

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Quelle:
Presseinformation, 12.05.2020
Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Eisvogelweg 1, 91161 Hilpoltstein
Tel.: 09174/4775-30, Fax: 09174/4775-75
E-Mail: info@lbv.de
Internet: www.lbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2020

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