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MOOR/023: "Wir wollen Moor!" - Umweltminister muss Verantwortung für Moorgeest-Projekt tragen (BUND NI)


BUND Landesverband Niedersachsen e.V. - Hannover, 20. Oktober 2010

Umweltminister Röttgen muss Verantwortung für Hannoversche Moorgeest tragen

BUND setzt sich mit neuer Kampagne für Erhalt des wertvollen Lebensraumes ein


Der Schutz der Moore ist dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seit Jahrzehnten ein besonderes Anliegen. Denn viel zu viele Moore sind durch menschliche Nutzungen wie Landwirtschaft oder Torfabbau verloren gegangen. In Niedersachsen ist von ursprünglich rund 250.000 Hektar Moorfläche heute nur noch ein Zehntel übrig - und damit sind bedeutende Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten verschwunden.

Mit der neuen Kampagne "Wir wollen Moor!", die eine Briefaktion an Bundesumweltminister Röttgen beinhaltet, setzen sich der BUND Bundesverband sowie der Landesverband Niedersachsen für die Umsetzung des Großschutzgebiet-Projektes Hannoversche Moorgeest ein. Dabei geht es um den Schutz und die Entwicklung von vier wertvollen Hochmooren im Norden von Hannover. Der BUND fordert Bundesumweltminister Norbert Röttgen auf, Finanzierungszusagen seines Ministeriums für die "Hannoversche Moorgeest" in Höhe von 5 Millionen Euro einzulösen. Das Bundesministerium hatte die Planungen für das Naturschutzgroßprojekt seit 2006 finanziert. Die Umsetzung sollte anschließend zum Großteil über ein Bundesförderprogramm des Ministeriums abgedeckt werden. Die Planungsphase ist inzwischen abgeschlossen, und ein umfassender Pflege- und Entwicklungsplan wurde für die Umsetzung des Projektes erarbeitet. Träger des Projektes ist die Region Hannover. 70 Prozent der auf ca. 10 Jahre verteilten Kosten sollte der Bund tragen, 20 Prozent das Land und 10 Prozent die Region Hannover.

Aktuell steht die Finanzierung des Projekts auf der Kippe, weil das Bundesumweltministerium fachliche Bedenken angemeldet hat. Das hängt vor allem mit der Verkleinerung des Kerngebietes zusammen. In der Planungsphase war es nicht gelungen, landwirtschaftliche Nutzflächen als ökologische Puffer im Randbereich der Moore in die Kernzone mit einzubeziehen. Dadurch musste die Gesamt-Schutzfläche verkleinert werden. Für das Bundesumweltministerium steht deshalb jetzt das "Erreichen der naturschutzfachlichen Ziele und damit die Förderwürdigkeit des Großprojektes" in Frage.

Der BUND sieht das anders: Obwohl das Projektgebiet etwas kleiner ist, ist die Hannoversche Moorgeest weiterhin ein Gebiet von allererstem Rang für den Naturschutz und erfüllt die Kriterien der Bundesförderung. "Ein Scheitern des Projekts im Jahr der Biodiversität wäre nicht nur naturschutzfachlich verhängnisvoll, sondern würde auch die Bekenntnisse der Bundesregierung zur Arten- und Lebensraumvielfalt erheblich in Zweifel ziehen", sagt der Biologe Dr. Reinhard Löhmer, stellvertretender Vorsitzender des BUND Niedersachsen und Sprecher der Faunistischen Arbeitsgemeinschaft Moore (FAM), die sich seit Jahrzehnten in der Moorgeest engagiert. "Die Hannoversche Moorgeest ist ein Refugium für zahllose Tier- und Pflanzenarten. Mehr als 200 Arten, die auf der ,Roten Liste' stehen, sind in der Planungsphase nachgewiesen worden. In ihrer Größe und Lebensraumvielfalt beherbergt die Moorgeest die wertvollsten noch verbliebenen Moore Deutschlands", erklärt Dr. Löhmer.

Das Großschutzgebiet liegt nur 15 Kilometer von Hannover entfernt, es ist eines der letzten großen, atlantisch geprägten Moorgebiete in Norddeutschland. Zum Projektgebiet gehören vier Hochmoore: Bissendorfer-, Otternhagener-, Schwarzes- und Helstorfer-Moor. Sie bieten Lebensraum für zahlreiche bedrohte Vogelarten wie dem Kranich, dem Waldwasserläufer, dem Ziegenmelker oder dem Schwarz- und Braunkehlchen, aber auch für gefährdete Schmetterlings- und Libellenarten wie dem Moosbeerenbläuling oder die Hochmoor- Mosaikjungfer. Von großer Bedeutung ist auch die hochmoortypische Vegetation mit zahlreichen Torfmoosen, Wollgräsern und spezifischen Zwergsträuchern.

Eine weitere Besonderheit: Das Projektgebiet besteht aus vier Teilkomplexen. Deshalb gibt es eine besonders hohe Lebensraumvielfalt und gute Voraussetzungen zur Wiederherstellung eines artenreichen Biotopverbundes. Bereits seit den 1970er Jahren engagiert sich hier die BUND-Gruppe "Faunistische Arbeitsgemeinschaft Moore" mit Pflegeeinsätzen sowie mit Öffentlichkeitsarbeit. Um die Moore zu retten, muss der Wasserhaushalt stabilisiert und verbessert werden. Die Folgen früherer Entwässerung müssen aufgehoben werden, und an den Rändern brauchen die Moore wieder eine feuchte Übergangszone hin zum Kulturland. "Nur so kann der Verbund zwischen den vier Teilmooren wiederhergestellt und die Moorlandschaft langfristig gesichert werden", erklärt Dr. Löhmer. Die Vernässung der Torfe schränkt ihre Zersetzung ein. Wüchsige Torfmoose binden wieder große Mengen an CO2. Intakte Moore sind Kohlenstoffsenken. Dadurch haben sie eine hohe Bedeutung für den Klimaschutz. In Niedersachsen rühren etwa 7 Prozent aller CO2-Immissionen aus der Zersetzung von Hoch- und Niedermoortorfen her. Deshalb wäre die Umsetzung des Moorgeest-Projektes ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. "Der Bundesumweltminister sollte der Umsetzung zustimmen und die im Haushalt eingestellten Mittel bereitstellen. Die Bundesförderung jetzt zu stoppen würde das Ende des Schutzprojektes und damit das Ende der einzigartigen Moorgeest bedeuten", so Dr. Löhmer.

Die Briefaktion und weitere Informationen zur Moor-Kampagne finden Sie im Internet unter: www.bund.net/wirwollenmoor

Weitere Informationen zur Hannoverschen Moorgeest und zur BUND-Kampagne unter http://www.bund.net/moor


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Quelle:
Presseinformation vom 20.10.2010
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
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E-Mail: presse.nds@bund.net
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2010