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SCHUTZGEBIET/803: Nationalpark Eifel soll Lebensraum für den Steinkrebs werden (Nationalpark Eifel)


Nationalparkverwaltung Eifel im Landesbetrieb Wald und Holz NRW - 23. Oktober 2014

Nationalpark Eifel soll Lebensraum für den Steinkrebs werden

Als erster Schritt einer Ansiedlung dieser in NRW akut vom Aussterben bedrohten Tierart wurde ein Bach im Nationalpark Eifel mit rund 200 Steinkrebsen besetzt



Schleiden-Gemünd, 23. Oktober 2014. Ein Krebs nach dem anderen wird in den Bach gesetzt und verschwindet schnell unter Steinen und Wurzeln. Die etwa ein halbes Jahr alten Steinkrebse - Sömmerlinge genannt - sind in Zuchtanlagen geschlüpft. Die Zwischenvermehrung wurde von dem Flusskrebsexperten Dr. Harald Groß zusammen mit dem Fachbereich Fischereiökologie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) übernommen. Nun sollen die wenige Zentimeter langen Jungkrebse in Gewässern im Nationalpark Eifel heranwachsen.

3 Personen mit einem Einer am Bach im Wald - Foto: ©Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Bild 1: Krebsexperte Dr. Harald Groß setzt im Beisein von Dr. Michael Röös und Anika Poetschke die Tiere an geeigneten Stellen in den Bach.
Foto: © Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Am dicht bewachsenen Bachufer gießt eine Person Wasser in einen Styropor-Behälter - Foto: © Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Bevor die Steinkrebse von der Transportbox in das Gewässer wandern, werden sie mit Wasser aus dem Bach akklimatisiert.
Foto: © Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Die Ansiedlung von Steinkrebsen im Nationalpark Eifel ist Teil von LIFE+ "Wald - Wasser - Wildnis", ein Gemeinschaftsprojekt der Nationalparkverwaltung Eifel und der Biologischen Station StädteRegion Aachen e.V. "Der Steinkrebs Austropotamobius torrentium ist in NRW akut vom Aussterben bedroht. Aber auch europaweit wird er laut einer EU-Naturschutz-Richtlinie als besonders schützenswert eingestuft", erklärt Anika Poetschke von der Biologischen Station Aachen, die die Ansiedlung betreut. Die Nationalparkverwaltung Eifel möchte die Ansiedlung über die Projektlaufzeit hinaus weiterführen: "Hier im Nationalpark Eifel sind nach Einschätzung von Krebsexperten wichtige Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Ansiedlung erfüllt. Mit diesem Ansiedlungsvorhaben wollen wir einen Beitrag dazu leisten, die Art in NRW vor dem Aussterben zu bewahren", erklärt Dr. Michael Röös von der Nationalparkverwaltung.

Kleiner Bach mit schneller Strömung im Wald - Foto: © Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Dieser Mittelgebirgsbach im Nationalpark Eifel ist reich an Totholz und bietet mit seinem steinigen Grund und dem durchwurzelten Ufer den Jungkrebsen gute Versteckmöglichkeiten.
Foto: © Nationalparkverwaltung Eifel/M. Höller

Fachliche Unterstützung bekommt das Projekt von Dr. Harald Groß. Er hat die Bäche im Nationalpark Eifel in den letzten Jahren gründlich untersucht. Um die auszusuchen, die für einen Aussatz in Frage kommen, wurden viele Kriterien herangezogen. Einer der wichtigsten Faktoren: Die Ansiedlungsgewässer müssen gut abgeschottet sein von Beständen nicht heimischer Krebse in Gewässern der Umgebung. Denn es sind vor allem nordamerikanische Flusskrebse, die Bestände heimischer Krebsarten in den letzten Jahrzehnten massiv geschädigt haben. Sie können eine Krankheit übertragen, die für sie selbst ungefährlich, für heimische Arten aber tödlich ist: die Krebspest. Meist aus Unwissenheit sind "die Amerikaner" von Aquarianern ausgesetzt worden und verdrängen nun die heimischen Flusskrebse. Alle Beteiligten hoffen nun, dass die Steinkrebse sich gut entwickeln und vermehren. In den nächsten Jahren sollen weitere Sömmerlinge auch in anderen Nationalparkbächen ausgesetzt werden.

Kleine Krebse unter Wasser, von oben fotografiert - Foto: © Biologische Station StädteRegion Aachen/A. Poetschke

Die nachtaktiven Steinkrebse suchen sich schnell ein Versteck unter Steinen, Wurzeln und Totholz. Nahrung wie z. B. Insektenlarven, Schnecken und andere Kleintiere werden die Jungtiere hier ausreichend finden.
Foto: © Biologische Station StädteRegion Aachen/A. Poetschke

Näheres zum Thema bietet der Tagungsband der im Rahmen des LIFE+ Projekts 2013 stattgefundenen Fachtagung.
Weitere Informationen unter www.wald-wasser-wildnis.de.


Steckbrief: Der Steinkrebs
  • ist in Zentral- und Südosteuropa verbreitet
  • ist europaweit geschützt
  • besiedelt Bäche mit kühlem sauerstoffreichen Wasser und kiesigem Grund
  • kommt in den Bachoberläufen und Quellregionen der Mittelgebirge vor
  • ist der kleinste heimische Flusskrebs in Europa und kann ausgewachsen 6 bis 10 Zentimeter lang werden
  • ist nachtaktiv und tagsüber in Verstecken unter Steinen, Totholz, Wurzeln oder in Höhlen im Ufer kann 12 Jahre alt werden
  • frisst Kleintiere wie Insektenlarven und Muscheln sowie Aas und Wasserpflanzen

Hintergrundinformationen

Das Projektgebiet von LIFE+ "Wald - Wasser - Wildnis" ist Teil von Natura 2000, einem europaweiten Netz von Schutzgebieten, und liegt fast vollständig im Nationalpark Eifel. Mit Natura 2000 sollen bedeutende Lebensräume sowie wildlebende Pflanzen- und Tierarten langfristig erhalten werden. Zu ihnen gehört auch der in Zentral- und Südosteuropa heimische Steinkrebs. Während er im 19. Jahrhundert auch noch im Sauerland vorkam, stellen heute Eifel und Siebengebirge in Nordrhein-Westfalen seine nördliche Verbreitungsgrenze dar. Hier konnte in den letzten Jahren von drei bekannten Vorkommen allerdings nur noch eines bestätigt werden. Die Mittelgebirgsbäche im Nationalpark liegen im Verbreitungsgebiet des Steinkrebses und weisen die Merkmale auf, die auch jene zeigen, die vom Steinkrebs als Lebensraum besiedelt werden. Auch für weitere schützenswerte Tier- und Pflanzenarten werden im Rahmen des Projekts Wald- und Wasserlebensräume optimiert.

Insgesamt werden Naturschutzmaßnahmen auf etwa 500 Hektar Wald und an etwa 50 Kilometer Bachläufen durchgeführt. Den Weg in die Wildnis bahnt sich die Natur dann selbst. Die Maßnahmen an Bächen führen diese in einen naturnahen Zustand zurück, indem Begradigungen und Befestigungen, sowie Verrohrungen und Wehre entfernt werden. Nadelbäume wie Fichte und Douglasie - sie gehören nicht zum natürlichen Inventar der Wälder der Eifel - werden gefällt, damit sich wieder ein natürlicher Laubwald einstellen kann. Große, zusammenhängende, ungestörte und naturnahe Lebensräume sollen entstehen und der heimischen und wildlebenden Tier- und Pflanzenwelt langfristig das Überleben sichern. Mit dem Finanzierungsinstrument LIFE+ fördert die Europäische Union Naturschutzmaßnahmen in Natura 2000-Gebieten. Das mit rund 4,2 Millionen Euro ausgestattete LIFE+ Projekt im Nationalpark Eifel wird zur Hälfte von der Europäischen Union (LIFE+) und dem Land Nordrhein-Westfalen finanziert.

LIFE+ Projekt "Wald-Wasser-Wildnis"
Biologische Station StädteRegion Aachen e.V.
www.wald-wasser-wildnis.de

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Quelle:
Pressemitteilung, 23.10.2014
Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Nationalparkverwaltung Eifel
Urftseestraße 34, 53937 Schleiden-Gmünd
Tel.: 02444/9510-0, Fax: 02444/9510-85
E-Mail: info@nationalpark-eifel.de
Internet: www.nationalpark-eifel.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2014